Ingolstadt
Im Fokus der Justiz

13.07.2011 | Stand 03.12.2020, 2:37 Uhr

Wer kennt diese Leute? Mit Fotos aus Überwachungskameras oder Bildern, die an Bankautomaten entstanden sind, bittet die Polizei um Hinweise, die zur Identifizierung möglicher Straftäter führen. Die hier Abgebildeten werden in noch offenen Verfahren gesucht. Eine solche öffentliche Fahndung unterliegt allerdings strengen Regeln - Foto: Polizei

Ingolstadt (DK) Fahndungsfotos können helfen, Verdächtige, Vermisste oder Zeugen zu finden. Allerdings geht es auch um Persönlichkeitsrechte, die mit dem öffentlichen Interesse bei der Aufklärung einer Straftat abgewogen werden müssen. Ein schwieriges Feld.

Meist sind es pixelige Porträts, unscharfe Silhouetten oder grobkörnige Profile von angespannten Gesichtern unter Schals und Mützen. Darunter steht. „Wer Angaben zu dieser Person machen kann, wendet sich bitte an die Polizei.“

Zuletzt wurde in Ingolstadt auf diese Art und Weise nach einem Mann gefahndet, der im Westpark auf einer Damentoilette Fotos gemacht haben soll. Die Methode hatte Erfolg. Einige Zeugen erkannten den Mann auf dem Bild der Überwachungskamera und auch der Beschuldigte selbst sah das Foto in der Zeitung. Er stellte sich. Fotos sind ein effektives Mittel der Fahndung. Die Polizei versucht deswegen immer, an Bilder eines mutmaßlichen Täters zu kommen. Meist stammen sie aus Überwachungskameras. Manchmal sind aber auch Zeugen einer Straftat geistesgegenwärtig genug, ein Foto zu machen. „Das kann ein hilfreicher Akt der Zivilcourage sein, wenn man sich nicht traut, dazwischenzugehen“, sagt Ulrich Pöpsel, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord in Ingolstadt.

Allerdings unterliegt die Veröffentlichung von solchen Bildern strengen Regeln. Schließlich haben auch Tatverdächtige ein Persönlichkeitsrecht. Selbst die Polizei darf nicht einfach Bilder ins Internet stellen oder an die Presse weitergeben. Dazu bedarf es eines richterlichen Beschlusses. Die Bilder gehen deswegen zunächst an die Staatsanwaltschaft. Die prüft zunächst, ob eine öffentliche Fahndung überhaupt notwendig ist. In der Strafprozessordnung ist geregelt, dass die Veröffentlichung eines Bildes nur zulässig ist, wenn „die Feststellung der Identität eines unbekannten Täters auf andere Weise erheblich weniger Erfolg versprechend oder wesentlich erschwert wäre“. Deswegen kann es durchaus sein, dass die Staatsanwaltschaft der Polizei zunächst noch weitere Ermittlungsarbeit auferlegt, bevor sie der Öffentlichkeitsfahndung zustimmt, wie Wolfgang Herrle von der Ingolstädter Staatsanwaltschaft erklärt.

Außerdem darf nicht jeder, der mit dem Gesetz in Konflikt gerät, an den Pranger gestellt werden. Das Gesetz sieht diese Maßnahme nur bei „einer Straftat von erheblicher Bedeutung“ vor. Ob eine solche vorliegt, müssen der Staatsanwalt und anschließend ein Richter feststellen, bevor die Polizei die Erlaubnis zur Veröffentlichung bekommt. Das geschieht aber nur „wenn es anders nicht geht“, betont Jochen Bösl vom Ingolstädter Amtsgericht.

Dass die Vorschriften bei einer Öffentlichkeitsfahndung so streng sind, ist nicht zuletzt den Datenschützern zu verdanken. Die achten auf die Verhältnismäßigkeit zwischen dem öffentlichen Interesse der Aufklärung einer Tat und den Persönlichkeitsrechten der Verdächtigen. Ein öffentlicher Verdacht kann schließlich das Leben eines Menschen gehörig belasten. Tobias Kühn ist beim Landesbeauftragten für den Datenschutz als Referatsleiter verantwortlich für den Bereich Polizei und Justiz. Er und seine Kollegen durchforsten regelmäßig das Internet und die Tageszeitungen. „Wenn uns dann etwas nicht sofort einleuchtet, fragen wir durchaus einmal nach“, sagt Kühn. Im Großen und Ganzen hat er an der Arbeit der Ermittlungsbehörden nichts auszusetzen. „Im vergangenen Jahr hatten wir keinen Grund zur Beanstandung.“