Riedenburg
Im Fachkraft-Streit ist ein Kompromiss greifbar

01.12.2009 | Stand 03.12.2020, 4:27 Uhr

Riedenburg (DK) Nach Jahren des Streits zeichnet sich in der Debatte um die Einstellung einer Fachkraft für Stadtmarketing und Tourismus in Riedenburg erstmals ein echter Kompromiss ab: Die Lösung scheint eine Halbtagskraft zu sein – vorbehaltlich der finanziellen Beteiligung von Gewerbe- und Touristikverein.

Das ist das Ergebnis einer nicht-öffentlichen Sitzung des Planungsausschusses am Montagabend, an der auch Vertreter von Gewerbevereinigung (GV) und Touristikverein (TV) teilgenommen haben. Damit scheint ein Kompromiss greifbar. Alle Seiten gaben sich gestern optimistisch, dass tatsächlich eine Einigung erzielt wird.

Bürgermeister Michael Schneider (CSU) bestätigte gestern dem DONAUKURIER, dass nun "eine Halbtagskraft ins Visier genommen" wurde. Die Stadtverwaltung werde ermitteln, wie hoch die Personalkosten dafür sind. Außerdem sollten GV und TV intern klären, in welcher Form sie sich finanziell einbringen können.

Den Löwenanteil der Kosten wird wohl die Stadt bestreiten müssen. "Aber wir werden nicht daran vorbeikommen, dass die, die den Nutzen aus der Fachkraft ziehen, einen zusätzlichen Beitrag leisten", sagt Schneider mit Blick auf Gewerbetreibende und Touristiker. GV und TV als Interessenverbände müssten sich folglich an den Kosten für Gehalt und Budget beteiligen. Offen ist noch, in welcher Höhe; denn die Geschäftsleute und Touristiker entrichten seit 1994 bereits die Fremdenverkehrs-Abgabe, die der Stadt pro Jahr 70 000 Euro einbringt.

Die angedachte Finanzierung über eine Erhöhung der Tourismus-Abgabe ist laut Schneider vom Tisch, wenn es zu einer Beteiligung von GV und TV kommt. Der Rathauschef erwartet nun "eine verbindliche Erklärung der beiden Vereine". Dem Vernehmen nach ist ein Kompromiss wahrscheinlich, bei dem die Stadt zwei Drittel der Kosten übernimmt, während GV und TV zusammen ein Drittel bestreiten.

Bernhard Scheck, der Chef des Touristikvereins, ist zuversichtlich: "Wir versuchen alles, um eine Lösung zu schaffen." Er kann sich vorstellen, dass sich der Touristikverein jährlich mit 7000 bis 8000 Euro beteiligt. Jedoch müsste dafür der Mitgliedsbeitrag, der im Moment jährlich gut 4000 Euro in die Kasse bringe, wohl in etwa verdoppelt werden. Bei der Hauptversammlung im Januar will Scheck mit den Mitgliedern darüber diskutieren.

Ein positives Signal gibt es auch bereits aus der Gewerbevereinigung. Lothar Welzel, einer der Geschäftsführer, versichert: "Grundsätzlich ist von uns der Wille da, sich finanziell einzubringen." Er sei überzeugt davon, dass sich GV und TV an den Kosten beteiligen und dass so eine Mehrheit für die Halbtages-Lösung zustande kommt.

Optimismus herrscht auch bei den Fraktionen im Stadtrat. CSU-Chef Wolfgang Langer spricht zwar – wie einige Ratskollegen – vom "kleinsten gemeinsamen Nenner", der machbar erscheine. Doch angesichts des jahrelangen Zoffs wird das allgemein als Erfolg gewertet. "Ich will, dass eine Einigung erzielt werden kann", betont Langer. Rathaus-Vize Siegi Lösch (CSU) sagt sogar: "So nah beieinander wie jetzt waren wir noch nie."

Auch die Freien Wähler, die seit Jahren für eine hauptamtliche Fachkraft kämpfen, signalisieren Zustimmung. Freilich sei die Halbtagskraft ein Kompromiss, sagt Fraktionschef Robert Pesl. "Aber das scheint die einzige Möglichkeit, eine Fachkraft zu bekommen." Mehr sei derzeit nicht durchsetzbar.

"Man muss in der Kommunalpolitik lernen, mit Kompromissen zu leben", findet SPD-Chefin Maria Kaffl-Höng. Sie sei "ungebremst optimistisch", dass es eine Mehrheit für diesen Kompromiss gebe, dem alle Seiten ohne Gesichtsverlust zustimmen könnten.

Auch für Axel Uttlinger, Fraktionschef der Bürgerliste, ist die Halbtagskraft "der kleinste gemeinsame Nenner", zugleich aber "die Lösung, die politisch eine Mehrheit finden kann" – vorbehaltlich der Beteiligung von Gewerbe- und Touristikverein. "Ich glaube, wir sind auf keinem schlechten Weg."

Etwas gedämpfter fällt der Optimismus bei der CWG aus. Fraktionschef Michael Weber hält einen Kompromiss für möglich, erwartet aber, "dass sich die Gegenseite bewegt", wie er mit Blick auf die finanzielle Beteiligung von GV und TV sagt. Die CWG habe sich "bereits sehr stark" bewegt, wie er ausdrücklich betont.

Weber lässt zugleich durchblicken, dass sich die Marschroute der CWG von der der übrigen Fraktionen unterscheidet. "Ob der Kompromiss, den wir uns vorstellen, eine Mehrheit bekommt, kann ich nicht sagen." Er stellt auch klar: "Wir stimmen nicht jedem Kompromiss zu – aber es kann ja trotzdem eine Mehrheit zustande kommen."

Für Schneider ist die aktuelle Entwicklung nach all den Jahren der ergebnislosen Auseinandersetzungen "ein letzter ernsthafter Versuch, das Problem zu lösen", sagt er. "Wer das scheitern lässt, der trage bitte auch die Verantwortung."