Ingolstadt
Im Existenzwahlkampf

Neue politische Bündnisse ringen darum, zur Abstimmung zugelassen zu werden - An Themen fehlt es nicht

28.12.2019 | Stand 23.09.2023, 9:58 Uhr
Auf der Suche nach Unterstützern: Der Schüler Jonathan Okorafor (r.) warb am Samstag in der Fußgängerzone für die neue Gruppierung Grün-Links Ingolstadt. Er steht auf Listenplatz 2. Armin Volpert und Eduard Heinrich (v.l.) interessieren sich sehr für kommunalpolitische Themen in Ingolstadt, wissen aber noch nicht, wenn sie am 15. März wählen werden. "Man ist hin- und hergerissen." −Foto: Eberl

Ingolstadt - Vor die Wahl hat die Demokratie den Kampf gesetzt.

Im wirklichen Wortsinn. Neue Parteien und Bündnisse müssen hart ringen, um überhaupt bis zur Abstimmung zu gelangen. Sie benötigen eine bestimmte Zahl von Unterstützerunterschriften. Bei den Ingolstädter Kommunalwahldebütanten - Junge Liste (der Jungen Union), Unabhängige Demokraten Ingolstadts (UDI, gegründet 2017), Grün-Links Ingolstadt (GLI, gegründet 2018) und die altbekannte Realsatiretruppe Die Partei - sind es je 385, um zur Wahl am 15. März zugelassen zu werden. Unterstützer können sich im Neuen Rathaus (2. Stock) eintragen. Um sie zu gewinnen, bedarf es des energischen Einsatzes vieler Kräfte. Man kann sagen: Es ist wirklich ein Kampf.

Das Rathaus ist am vergangenen Samstag geschlossen (ab Januar wird es an drei Samstagen für Listenunterstützer geöffnet sein), aber Jonathan Okorafor aus Oberhaunstadt wirbt in der Fußgängerzone trotzdem kräftig für Grün-Links Ingolstadt. Der Schüler des Katharinen-Gymnasiums kandidiert auf Listenplatz 2. Nummer 1 ist sein Vater, Stadtrat Henry Okorafor. Der ist gerade in Geschäften unterwegs, um Flyer von GLI zu verteilen. Sein Sohn hält in der Ludwigstraße die Stellung, ebenfalls die kleinen Flugblätter mit allen Informationen für potenzielle Unterstützer ins Volk bringend. "Es ist schwer, Aufmerksamkeit zu finden", erzählt Jonathan Okorafor. "Viele gehen einfach weiter oder nehmen den Flyer ohne was zu sagen mit. " Aber der junge Mann lässt sich nicht desillusionieren. "Ich bin nicht das erste Mal im Wahlkampf unterwegs. " Okorafor ahnt: "Viele wählen halt die Partei, die sie immer wählen. "

Er stelle ebenfalls fest, "dass sich inzwischen mehr Jugendliche für Politik interessieren und sich engagieren, aber die meisten sind leider noch nicht wahlberechtigt", sagt Jonathan Okorafor. Wahlkampfrhetorik beherrscht er schon straßentauglich-pointiert: "Grün-Links ist werteorientiert, aber nicht pur christlich, sondern weltoffen - egal, welche Religion man hat. "

Jetzt ist sein Vater zurück. Er steigt gleich energisch in die Überzeugungsarbeit ein: "Die Abschiebelager müssen sofort geschlossen werden, damit die Stadt Ingolstadt ihren guten Ruf behält! Nur, wenn sie nicht mehr isoliert sind, können Asylbewerber die deutsche Kultur lernen und sich integrieren. "

Zwei Ingolstädter kommen mit Jonathan Okorafor ins Gespräch. Eduard Heinrich und Armin Volpert machen sich viele Gedanken über ihre Heimatstadt; sie liegt ihnen am Herzen. Beide wissen noch nicht, wen sie am 15. März wählen werden. "Man ist hin- und hergerissen", sagt Volpert. "Und es wird immer schwieriger, eine Entscheidung zu treffen", ergänzt Heinrich. Deutlich mehr Parteien als früher, die vieles ankündigen.

Für ihn liegen zentrale Wahlkampfthemen auf der Straße - im wahren Wortsinn: "Die Busse müssen aus der Altstadt raus, denn das nervt! Man fühlt sich als Radler bedroht, und wenn man hinter so einem stinkerten Bus herfahren muss, ist das unangenehm. " Zu viele Busse seien außerdem "meistens ziemlich leer - außer, wenn Schüler mitfahren". Das sei kein erfreulicher Zustand, finden Heinrich und Volpert. So wie der (diplomatisch ausgedrückt) "Flanierverkehr" rund um das Kreuztor - seit Jahren ein viel beachtetes Thema der Kommunalpolitik. "Diese Poser nerven dermaßen! Im Sommer will man da gar nicht mehr vor Cafés sitzen - so schön es dort sonst auch ist. "

Die beiden Schanzer bewegt noch mehr: "Ich habe nichts gegen Kultur", sagt Eduard Heinrich. "Kammerspiele - gerne. Aber ich wünsche mir mehr Projekte, von denen möglichst viele Bürger etwas hätten. Zum Beispiel in der Harderstraße. Die ist eine Katastrophe! Sehr gefährlich, überall Busse, man muss als Radfahrer ständig auf Autotüren achten, die plötzlich aufgehen, dann diese schmalen Gehsteige - die Harderstraße gehört dringend umgebaut! "

Diese Initiative gab vor Jahren schon mal. Sie kam von den Freien Wählern. Man hat dann aber nichts mehr davon gehört.

Der unentschlossene Wähler Armin Volpert hat auch ein Anliegen: "An der Donau gehört eine gescheite Welle her, damit man surfen kann! Damit würde man sehr viele junge Leute erreichen. " Auch diese Initiative gab es vor Jahren schon einmal. Doch sie ist verplätschert.

Noch 68 Tage bis zur Kommunalwahl. Bis 5. Februar müssen die nötigen Unterstützer-unterschriften vorliegen, sonst wird es nichts mit der Liste für den 15. März. Bürgermeister Sepp Mißlbeck, der am Samstag mal nicht dienstlich in der Stadt unterwegs ist, hat noch nicht im Rathaus nachgefragt, wo die von ihm mitbegründeten UDI gerade liegen, erzählt er. "385 Unterschriften - das klingt lächerlich wenig, aber es erfordert wirklich viel Zeit und Aufwand, die Unterstützung zu bekommen. " In offizieller Überzeugungsmission sei an diesem Wochenende niemand von den UDI unterwegs, sagt Mißlbeck. "Aber natürlich werde ich ständig auf die Wahl angesprochen. Doch wir haben uns gesagt: Lassen wir erst einmal die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel vorübergehen und diese Zeit genießen. "

Die Wahlkampfstrategie der UDI bis zum Beginn der heißen Phase laute demnach: "Besinnlichkeit, Fröhlichkeit - dann kommt wieder der Alltag. " Und der, das weiß Sepp Mißlbeck gerade in diesen alles andere als friedlichen Tagen, droht ziemlich hart zu werden.

Fristen und Formalitäten

Das Ingolstädter Wahlamt erläutert auf der Internetseite der Stadt Ingolstadt das Prozedere. Dort heißt es: „Falls Wahlvorschläge für die Wahl des Stadtrats und des Oberbürgermeisters am 15. März 2020 zusätzliche Unterstützungsunterschriften benötigen, können sich die Wahlberechtigten ab dem Tag nach der Einreichung des Wahlvorschlags, jedoch spätestens bis Montag, 3. Februar 2020, 12 Uhr, mit Familiennamen, Vornamen und Anschrift in die Unterstützungslisten eintragen. Jede wahlberechtigte Person hat die Möglichkeit, eine Unterstützungsunterschrift für einen Wahlvorschlag für die Oberbürgermeisterwahl und eine Unterstützungsunterschrift für einen Wahlvorschlag für die Stadtratswahl zu leisten. Wer sich aber nur in eine Unterstützungsliste eintragen möchte (für Oberbürgermeisterwahl oder Stadtratswahl), kann sich auch für diese Variante entscheiden.“

Es bestehen folgende Eintragungsmöglichkeiten im Neuen Rathaus, 2. Stock, Foyer im Sitzungstrakt; der Eintragungsraum ist barrierefrei erreichbar:     Montag und Dienstag 8 bis 16 Uhr,     Mittwoch 8 bis 12.30 Uhr,     Donnerstag 8 bis 17.30 Uhr und     Freitag 8 bis 12.30 Uhr. Zusätzliche Eintragungszeiten sind am     Samstag, 18. Januar, von 9 bis 12.30 Uhr,     Samstag, 25. Januar, von 9 bis 12.30 Uhr,     Donnerstag, 30. Januar, von 8 bis 20 Uhr und     Samstag, 1. Februar, von 9 bis 12.30 Uhr.
Die Unterschrift muss eigenhändig geleistet werden. 

 

Christian Silvester