Laibstadt
Im Einklang mit der Natur

Silja Luft-Steidl will in Liebenstadt denkmalgeschütztes Haus zu Gesundheitszentrum ausbauen – Buch über Brotaufstriche

26.06.2015 | Stand 02.12.2020, 21:08 Uhr

Gemüsepasten selbst gemacht: Wie das geht, beschreibt Silja Luft-Steidl in ihrem neuen Buch. - Foto: Meyer

Laibstadt (HK) Zurück zur Natur. Nach diesem Motto will Silja Luft-Steidl aus Allersberg ein Zentrum für Gesundheit und Ernährung in Liebenstadt schaffen. Dafür renoviert sie einen denkmalgeschützten Bauernhof und hat sogar schon ein Buch mit Rezepten für selbstgemachte Brotaufstriche geschrieben.

Anfangs galt sie als Exotin, die Frau, die am Rande von Liebenstadt mitten auf der Baustelle lebt. Umgeben von knorrigen Apfelbäumen und hüfthohem Gras hat Silja Luft-Steidl freien Blick nicht nur ins Tal des Heidecker Ortsteils Liebenstadt, sondern auch auf ihr künftiges Zuhause, ein altes Wohnstallhaus mit viel Fachwerk und einer uralten, gemütlichen Scheune.

In dem bäuerlichen Anwesen will sie nicht nur Wohnräume, sondern auch ein Zentrum für Ernährung und Gesundheit einrichten. Den Namen gibt es bereits: Harmonia, mit Betonung auf dem i. Bis die langwierige Sanierung des Hauses aus dem Jahr 1850 abgeschlossen ist, die Scheune stammt im ältesten Teil sogar von 1750, werden noch einige Jahre ins Land ziehen. Aber schon jetzt berät Silja Luft-Steidl dort Menschen, wie sie sich gesünder ernähren können und führt durch die hüfthohe Wiese auf der Suche nach Wildkräutern, die gemeinsam gesammelt und dann im Freien oder im ehemaligen Stall zu Pasten und Suppen verarbeitet werden.

Als sie von ihren Projekten erzählt, sitzt die schmale Frau mit den kinnlangen, feinen Locken auf ihrer Holzbank in der Wiese, vor sich ein Glas mit grünlich schimmernder Limonade. Die Zutaten hat sie selbst gepflückt: Gundermann, Giersch, Dost, Feldthymian und Katzenminze bilden mit einem halben Liter Wasser, dem Saft einer Zitrone und einem Esslöffel Vollrohrzucker die Ingredienzien für ein erfrischendes Sommergetränk.

Silja Luft-Steidl bedauert, dass viele verlernt hätten, für ihren Körper und ihre Gesundheit zu sorgen. „Es gibt auch immer weniger Menschen, die kochen und ihr Essen selbst zubereiten können“, stellt sie fest. Sie würden stattdessen Fertignahrung essen, mit all ihrem negativen Beigeschmack: von zu viel Salz über die Zugabe von Konservierungsstoffen bis hin zum Raubbau an der Natur aufgrund intensiver Landwirtschaft. Auf der Strecke bleibe nicht nur die Natur, sondern der Mensch selbst.

Dabei sei es ganz einfach, sich beispielsweise Brotaufstriche selbst zuzubereiten, und das auch noch kostengünstig: aus einfachem Gemüse und Kräutern, die überall in der Region, im heimischen Garten und auf Wiesen zu finden seien. Sie hat sogar eine grüne Leberwurst kreiert, für alle, die zwar auf Fleisch, aber nicht auf dessen Geschmack verzichten wollen. Die Pasten kann man roh verzehren oder kurz aufkochen, um sie beispielsweise bei Problemen wie Reizdarm, bekömmlicher zu machen.

Eine ganze Reihe ihrer Rezepte hat sie nun in einem Buch unter dem Titel „Vegetarische Brotaufstriche“ aufgeschrieben – eine Art Hilfe zur Selbsthilfe.

Wie abwechslungsreich Naturküche sein kann, beweist ihr eigener Garten, in dem fast 40 für Menschen essbare Ackerwildkräuter wachsen. „Hier, das ist die Süßdolde“, ruft Silja Luft-Steidl und deutet auf eine Staude mit farnartigen Blättern und weißen Blüten, die an der Wand des alten Bauernhauses in die Höhe strebt. Zerreibt man die Blätter zwischen den Fingern, steigt ein Duft nach Anis und Lakritze auf.

Silja Luft-Steidl will einen Kontrapunkt zu teuerer und ihrer Meinung nach der Gesundheit abträglichen Fertignahrung setzen. Und dank toller Küchengeräte sei es doch gar nicht so schwer, regionales Gemüse bis hin zu Wildpflanzen selbst zu verarbeiten. Und manche bräuchten eben Hilfe dabei: „Menschliche Begleitung ist immer besser, bei allem, was man neu lernt“, glaubt sie.

Geboren ist Silja Luft-Steidl nahe Passau, mit einer Nürnbergerin als Mutter und einem Lübecker als Vater. Ihre Kindheit verbrachte sie in Schleswig-Holstein und entdeckte dort auf üppigen Wiesen und Feldwegen ihre Liebe zu den Pflanzen. Zum Studium der Theologie kehrte sie nach Erlangen, die Heimat ihrer Mutter, zurück, weil sie damals Pfarrerin werden wollte.

Aber eine schwere Krankheit machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Das Studium lag auf Eis, und als es ihr besser ging, gründete sie mit ihrem Mann eine Firma für Gesundheitskosmetik. In Beratungsgesprächen mit ihren damaligen Firmenkunden kristallisierte sich oft schnell heraus, dass man für seine (Haut-)Gesundheit noch viel mehr tun, als nur eine Salbe auf wunde Stellen zu schmieren.

„Ernährung und Gesundheit sind nicht zu trennen. Das gehört immer zusammen“, betont Silja Luft-Steidl, die auch noch eine Ausbildung zur Ernährungs- und Umweltberaterin absolvierte. Als ihre Firma ein Selbstläufer war, holte Silja Luft-Steidl ihr Studium der Theologie und Philosophie nach. Und die Leitung ihrer Firma hat sie mittlerweile in andere Hände gelegt und widmet sich ganz den Themen Natur, Ernährung und Heilung, ob akademisch oder in ihren privaten Kursen. Und zu den Besuchern bei den Kräuterführungen zählen auch die Liebenstädter, die sie nicht mehr als Exotin, sondern als eine der Ihren sehen, erzählt Silja Luft-Steidl.

Ihren Mut, mit dem sie ihre vielen Projekte und die Haussanierung vorantreibt, kann man aber durchaus als exotisch oder zumindest außergewöhnlich bezeichnen. Mit ihrem Mann lebt sie eigentlich in Allersberg, hatte aber lange nach einem geeigneten Objekt gesucht, um ihre Träume zu verwirklichen. Um die Bauarbeiten besser überwachen und vorantreiben zu können, wohnt sie nun meistens vor Ort.

Schon jetzt kann man sich gut vorstellen, wie das alte Haus später einmal aussehen wird: mit der Küche und dem alten Felsenkeller, der einen Kühlschrank ersetzen soll, der Scheune mit den alten Deckenbalken und den knubbeligen Steinen in den Wänden, die Silja Luft-Steidl eigenhändig freigeschrubbt hat. Und damit ein schönes Umfeld für ihre Kurse und ihr geplantes Gesundheitszentrum geschaffen hat.