Pobenhausen
Im Donaumoos für den Weitblick zuständig

Zweckverband hat sich in inzwischen 100 Sitzungen mit Konzepten für das Niedermoorgebiet beschäftigt

18.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:03 Uhr
Das Donaumoos - unendliche Weiten: Der Erhalt dieser einzigartigen Landschaft als Natur- und Siedlungsraum ist die große Aufgabe des Donaumoos-Zweckverbands. In mittlerweile 100 Sitzungen streben Vertreter unterschiedlicher Interessengruppen immer wieder danach, einen für alle tragbaren Konsens zu finden, zum Beispiel beim Hochwasserschutz oder der landwirtschaftlichen Nutzung. Im Bild zu sehen sind übrigens im Vordergrund Stengelheim, dahinter Untermaxfeld und die Kiesweiher zwischen Rosing und Nazibühl. −Foto: Haßfurter

Pobenhausen (SZ) Bei schönem Wetter hat man von Pobenhausen aus einen wunderbaren Blick über weite Teile des Donaumooses. Das Pobenhausener Bürgerhaus war also eine gute Wahl als Tagungsort für die 100. Sitzung des Donaumoos-Zweckverbands.

Immerhin drei sind von Anfang an dabei: der Karlshulder Bürgermeister Karl Seitle, Günter Krell vom Bund Naturschutz und Ulrich Mayer vom Landesbund für Vogelschutz. Sie gehören praktisch zum Inventar des Donaumoos-Zweckverbands, der am 22. März 1991 gegründet wurde. Die erste Sitzung fand am 4. Juni 1991 statt, der Fachbeirat tagte erstmals am 9. Oktober desselben Jahres. Für so viel Treue überreichte Landrat und Zweckverbandsvorsitzender Roland Weigert den alten Hasen mit Spezialitäten aus dem Moos gefüllte Geschenkkörbe - "damit ihr nicht vom Fleisch fallt", wie er meinte. Das stünde nicht zu befürchten, beruhigte Karl Seitle den Landrat.

Ebenfalls geehrt wurden einige Ehemalige des Zweckverbands: Josef Schweiger, der von den ersten 98 Sitzungen keine einzige versäumt hat, die ebenfalls langjährigen Verbandsräte Michael Spreng, Leonhard Heigl und Michael Semer sowie Ulrich Sorg, der der erste Geschäftsführer des Zweckverbands war, dann das Haus im Moos leitete und schließlich zum Landesamt für Umwelt wechselte, für das er dann noch mal sieben Jahre lang im Fachbeirat des Donaumoos-Zweckverbands saß.

Auf einige Eckdaten des Zweckverbands blickte Michael Hafner zurück: auf die ersten Rohrkolbenversuche 1994 zum Beispiel, auf den Beitritt des Marktes Pöttmes 1999, das seit 2002 laufende Wisentprojekt, den Ankauf des Staatsguts Karlshuld 2004 und die Übernahme der Nematodenstelle 2008, den Beginn des Ökoflächenmanagements 2012. Fünf Hochwasserrückhaltebecken wurden gebaut - am Seeanger bei Pöttmes, am Baierner Flecken bei Hollenbach, bei Sandizell, bei Karlskron und am Hauptgraben, nicht weit vom Haus im Moos entfernt. Ein wichtiger Meilenstein war natürlich auch die Vorstellung des Donaumoos-Entwicklungskonzepts im Jahr 2000, das bis 2030 gelten soll und im Wesentlichen die Handlungsgrundlage des Zweckverbands bildet.

Über die Jahre hat der Zweckverband seinen Grundbesitz kontinuierlich auf inzwischen 444,5 Hektar erweitert. Allerdings räumte Hafner ein: "Die Grundstückspreise machen es uns inzwischen schon schwer." Mussten um 2006 noch weniger als ein Euro pro Quadratmeter Grünland im Niedermoor bezahlt werden, sind es inzwischen drei Euro. Insgesamt habe der Zweckverband 6,7 Millionen Euro in den Grunderwerb gesteckt und dafür 5,3 Millionen Euro staatliche Fördergelder bekommen. Zur Finanzierung in den vergangenen 26 Jahren trugen in erster Linie auch die Verbandsumlage (2,6 Millionen Euro), die von Bezirk, Landkreis, Gemeinden und Wasserverbänden erhoben wird, und Fördermittel im Bereich Wasserwirtschaft (1,4 Millionen Euro) bei. Insgesamt habe der Zweckverband bis heute rund elf Millionen Euro an Fördergeldern kassiert, sagte Hafner.

Geld verdient der Zweckverband inzwischen mit dem Ökoflächenmanagement. Er stellt Unternehmen, Kommunen oder auch Privatpersonen gegen Gebühr Ausgleichsflächen für die durch Bauvorhaben entstehende Bodenversiegelung zur Verfügung - Flächen, die auch dem Naturschutz, einer der Säulen des Entwicklungskonzepts, dienen. Mittlerweile, sagte Hafner, gebe es 141 Ausgleichsverträge für insgesamt 28,5 Hektar Fläche.

Kommentar von Bernd Hofmann

Man könnte enttäuscht sein, wenn man bilanziert, was der Donaumoos-Zweckverband in mehr als 25 Jahren und genau 100 Sitzungen erreicht hat: Da gibt es gerade mal fünf Hochwasserrückhaltebecken - anstatt der mehr als 50, die ursprünglich geplant waren. Die Wiedervernässung von Moorflächen, eine Grundlage für den Schutz der so dünn gewordenen Torfschicht, kommt nicht so recht in die Gänge. Und vor allem: Der Moosboden sackt weiter kontinuierlich ab, löst sich im wahrsten Sinne des Wortes in Luft auf. In gar nicht so ferner Zukunft ist wohl der Zeitpunkt erreicht, an dem in den Kanälen die ersten Pumpen installiert werden müssen, um das Donaumoos noch entwässern zu können.

Allerdings hat sich der Zweckverband auch nicht gerade geringe Ziele gesetzt: Das Donaumoos soll als Naturraum ebenso erhalten bleiben wie als Siedlungsraum für inzwischen rund 15 000 Menschen. Das ist eine Gratwanderung, zumal ja auch noch die Interessen der Landwirtschaft berücksichtigt werden müssen. Dazu kommen äußere Einflüsse wie der rasante Anstieg der Grundstückspreise, die es dem Zweckverband immer schwerer machen, Flächen zu erwerben.

Und diese Flächen braucht der Zweckverband, um seine Vorhaben realisieren zu können. Denn auch das ist ganz wichtig im Selbstverständnis dieser Einrichtung: Wenn Eigentum anderer betroffen ist, gilt das Prinzip der Freiwilligkeit. Niemand wird zum Beispiel gezwungen, seine Wiese für ein Studienprojekt überfluten zu lassen. Mit der großen Keule der Enteignung wäre es für den Zweckverband sicherlich einfacher, manche Projekte zu verwirklichen. Aber das ginge auf Kosten der Akzeptanz. Und die ist im Zweckverband so wichtig wie sonst kaum etwas.

Mit der Gründung des Donaumoos-Zweckverbands war 1991 das Kunststück geschaffen worden, Landkreis, Gemeinden, Wasserverbände und sogar den Bezirk Oberbayern an einen Tisch zu bekommen, und das nicht nur ein- oder zweimal, sondern regelmäßig, inzwischen schon 100-mal. Im Fachbeirat sitzen zudem Vertreter der Landwirte, der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes. Erstaunlich oft fallen Beschlüsse einstimmig. Mit dem Entwicklungskonzept 2000-2030, der Wisentherde und dem Ökoflächenmanagement hat der Zweckverband wegweisende Weichenstellungen vorgenommen.

Und, ganz wichtig: In den vergangenen 25 Jahren ist ein Bewusstsein für die ganz speziellen Probleme des Donaumooses entstanden - und die Einsicht gereift, dass man sie nur gemeinsam lösen kann, wenn jeder ein wenig zurücksteckt, ob er nun Landwirt, Naturschützer oder Bürgermeister ist. Vielleicht ist es am Ende dem oft ungeliebten Zweckverband zu verdanken, dass das Donaumoos eine Zukunft hat - als Natur- und als Lebensraum.