Kleinhohenried
Im Dienste der Wissenschaft

Erneut werden Wisente aus dem Donaumoos in den Karpaten ausgewildert - Besenderte Kuh soll Daten liefern

19.09.2019 | Stand 02.12.2020, 13:01 Uhr
  −Foto: Frank

Kleinhohenried (DK) Da waren es nur noch 28. Drei Wisentkühe und ein Stierkalb haben am Mittwoch die lange Reise vom Haus im Moos in die rumänischen Karpaten angetreten.

Ein weiteres Mal hat der Donaumoos-Zweckverband für den Erhalt von Europas größtem Landsäugetier einen wertvollen Beitrag aus seinem Bestand geleistet. Auf die Wiederkäuer wartet im Rahmen eines großen Auswilderungsprojektes ein Leben in Freiheit in einer schier endlosen Naturkulisse, die Kenner als atemberaubend beschreiben.

Eine der jungen Kühe, die in den Jahren 2015 bis 2017 geboren sind, wird in Zukunft in Diensten der Wissenschaft in den Karpaten grasen und sich fortpflanzen. Sie wurde von Zuchtleiter Johannes Riedl und den Wisentbetreuern am Haus im Moos mit einem Sendehalsband mit der Nummer 204 ausgestattet. Der Sender wird - sofern alles klappt - vier Jahre lang stündlich über Satellit an eine Stelle in Berlin Daten übermitteln. Anhand dieser Daten lässt sich vom Schreibtisch aus nachvollziehen, wo sich die Herde aufhält und welche Weidegründe sie wann aufsucht.

Der Sender wird die Temperatur dokumentieren und Alarm geben, sollte sich das Tier - und damit die Herde - einer menschlichen Siedlung nähern. Dann werden Ranger in Alarmbereitschaft versetzt, um mögliche Konflikte zu vermeiden. "Den Transport, die Kosten für das Halsband und die Datenübermittlung übernimmt der World Wide Fund for Nature (WWF)", erklärt Zuchtleiter und Tierarzt Johannes Riedl. Der Sender wird nach Ansicht des Veterinärs die junge Kuh nicht behindern. Das Halsband kann überdies ferngesteuert abgeworfen werden, sollte es seinen Zweck erfüllt haben. Für die Wissenschaft dürfte es während seiner Funktionszeit wertvolle Erkenntnisse liefern, die in der Feldforschung alter Prägung nur unter großen Mühen, wenn überhaupt, zu gewinnen gewesen wären. Begleitet werden die gehörnten Damen von Stierkalb Donik, das am 5. August das Licht der Welt im Donaumoos erblickt hat, weshalb auch sein Name mit "Don" beginnt. Willig folgte der künftige Bulle seiner Mutter Donenekabai in das zweistöckige moderne Transportfahrzeug eines ungarischen Unternehmens, das auf Tiertransporte spezialisiert ist und über erfahrenes Personal verfügt. Auch diesmal gelang es den Wisentspezialisten aus dem Moos, die Tiere mit Einfühlungsvermögen, Geduld und ohne Betäubungsmittel in den Anhänger zu verfrachten.

Ziel sind die südlichen Karpaten in Rumänien, wo der WWF sukzessive 500 Wisente in die freie Wildbahn entlassen will. Naturgemäß werden die Tiere mehrere kleinere Herden bilden und den großen Wiederkäuer vor dem Aussterben bewahren. Der derzeitige Bestand weltweit liegt bei etwa 7000 Tieren, was nicht sonderlich viel, aber gemessen an den bescheidenen Anfängen mit nur zwölf Gründertieren eine enorme Steigerung ist. Insofern kommt dem Donaumoos-Zweckverband, dessen Geschäftsführer Michael Hafner am Mittwoch tatkräftig mit Hand angelegt hat, eine bedeutende Rolle für den dauerhaften Erhalt der großen Landsäugetiere zu.

Die Perspektiven in Rumänien sind gut. Es steht viel Natur mit Wäldern, Bergen und Weideflächen zur Verfügung, und auch in der rumänischen Seele hat der Wisent seinen Platz. Als die ersten Zimbri, wie die Wisente in Rumänien heißen, in den Südkarpaten eingetroffen sind, berichteten die Medien von Dorffesten, einer Segnung der Tiere durch einen Geistlichen und Unterstützern, die sich sofort zusammengefunden hatten. Mit den großen braunen Huftieren sind in einer Gegend, in der Armut und Arbeitslosigkeit herrschen, auch Hoffnungen auf einen sanften Tourismus und damit entsprechende Einnahmen verbunden.

Der Zweckverband im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen ist nicht nur Ansprechpartner wenn es um Tiere für die Karpaten geht. Auch in ein Gehege in Bad Berleburg wurden heuer schon drei der begehrten Kühe abgegeben, von denen zwei in der neuen Heimat prompt Kälber in die Welt gesetzt haben. Und nicht zuletzt wurde im Frühjahr der Stier Donas in den Nationalpark Edersee in Hessen gebracht, um dort seine Pflicht zu tun.