"Im Biergarten geht einem das Herz auf"

31.07.2018 | Stand 02.12.2020, 15:57 Uhr

−Foto: Matthias Balk (dpa)

Was ist Ihr Lieblingsplatz? Wir haben für unsere Sommerserie bekannte Bayern gefragt, wo sie sich besonders wohlfühlen - und warum. Die Antworten sind so vielfältig wie der Freistaat.

Mein Lieblingsplatz ist das ganze Jahr über dort, wo die Maß Bier oder das Glaserl Wein noch mit einem Lächeln eingeschenkt werden und die Menschen nicht bloß Handy, sondern auch Herz haben. Im Sommer hocke ich gern mit Freunden im Biergarten, weil einem dort das Herz aufgeht und man die Seele baumeln lassen kann. Und weil sich in dieser Gemütlichkeit selbst die ärgsten Grantler dazu aufraffen können, das Leben mal ohne ewiges Wenn und Aber zu bejahen.

Gibt's was Typischeres fürs Münchner Lebensgefühl als unsere Biergärten? Wenn der Himmel über uns so weißblau aussieht wie unsere Landesfahne, dann zieht's uns unwiderstehlich in den Biergarten - ein Vergnügen, dass wir selbstverständlich auch dem Rest der Menschheit gönnen. Denn der Biergarten ist zwar urmünchnerisch, aber beim Export seiner Lebensart hat der Bayer ja nix gegen die Globalisierung.

Im Biergarten löschen wir nicht nur den Durst, sondern hier geht uns das Herz auf, hier lassen wir in der Heiterkeit des Südens beim Leben und leben lassen die Seele baumeln - es stimmt ja, dass wir Bayern ein mystisches Verhältnis zum Bier und ein irdisches zur Religion haben.

Mein Favorit ist der "Augustiner", was überhaupt nicht gegen die anderen Biergärten spricht, sondern einfach daher rührt, dass sich die Münchner Spitzenköche seit der Ära Witzigmann hier treffen und mich an ihrem Tisch dulden. Unter den rund 100 Biergärten der Stadt gilt er als "der münchnerischste". Entweder weil der einst stadtbekannte Journalist Sigi Sommer, der als "Blasius, der Spaziergänger" in der "Abendzeitung" köstliche Glossen schrieb, hier im Sommer Hof hielt. Oder weil der seit 1895 kaum veränderte Augustiner trotz seiner Größe von 5200 Plätzen noch was Gemütliches hat.

Wie auch immer, mir schmeckt das traditionell vom Holzfass gezapfte Augustiner Edelstoff im Schatten der 100 Jahre alten Kastanien besonders gut. Hört man eine Glocke, wird grade ein neues Fass aufgemacht. Dessen Bier ist noch süffiger beim Anblick fescher Maderl im Dirndl, denn das Auge trinkt ja mit. Fehlen die tiefen Einblicke, macht man halt Brotzeit am Busen der Natur.

Also "Prost beinand!" und nicht etwa "Ein Prosit der Gemütlichkeit". Denn dös hat mit seinem "Eins, Zwei, Drei - Gsuffa!" ein Herr Dittrich aus Chemnitz in die Welt gesetzt.