Schrobenhausen
Im Bemühen um Alltag und Normalität

20.04.2010 | Stand 03.12.2020, 4:05 Uhr

Der Frühling zieht im Spielgelände des Kinder- und Jugendhilfezentrums St. Josef ein, und damit vielleicht auch die Ruhe, die der pädagogische Betrieb benötigt, um die optimale Betreuung der Bewohner zu gewährleisten. - Fotos: Petry

Schrobenhausen (mpy) Das Kinder- und Jugendhilfezentrum Schrobenhausen steckt in einer schwierigen Situation. Seit die Prügelvorwürfe gegen Bischof Mixa im Raum stehen, ist hier nichts mehr wie es war. Die Schrobenhausener Zeitung sprach mit Heimleiter Herbert Reim über die aktuelle Lage.

Herr Reim, was bekommen denn die Kinder im Heim von der ganzen Geschichte mit?

Reim: Das hängt sehr vom Alter ab. Natürlich wird in den Schulen gesprochen, was in den Medien läuft, kriegen sie mit. Wir versuchen, den Kindern einen gewohnten Alltag zu gestalten, denn das ist unsere Hauptaufgabe.

Und die Pädagogen, die hier tätig sind, sprechen mit den Kindern über die Situation?

Reim: Wenn es Fragen gibt, ja. Wir gehen nicht mit dem Thema hausieren. Im Vordergrund stehen die ganz normalen Dinge des Lebens, Hausaufgaben machen, Alltag eben.

Sie sagten, es gibt Unterschiede, was das Alter anbelangt.

Reim: Ja, die jüngeren Kinder merken, dass die Schwestern zurzeit nicht da sind. Das ist schwierig für sie, sie sind verunsichert.

Viele sagen – bei aller Kritik –, dass die Schwestern gerade bei vielen Kleinen im Heim so etwas wie Mutterersatz war . . .

Reim: Absolut, das stimmt.

Wie klappt der Betrieb ohne die Schwestern von der Personalsituation her?

Reim: Es freut mich sehr, dass innerhalb des gesamten Teams und quer durch alle Gruppen ein großer Zusammenhalt herrscht und große Unterstützung erfolgt. Auf die Dauer müssen wir natürlich eine Lösung finden. Die Endgeldkommission Südbayern wird dazu unser Gesprächspartner sein. Es gibt in diesen Tagen eine Vielzahl von Dingen zu klären, für die wir normalerweise Vorlaufphasen hätten und die wir jetzt in Tagen und Stunden abzuarbeiten haben.

Werden Sie noch einmal Schwestern vom Mallerdorfer Orden bekommen?

Reim: Ich habe noch keine offizielle Rückmeldung.

Ihr eigener Alltag ist heute ein anderer als noch vor vier Wochen . . .

Reim: Das stimmt. Leider wirkt sich die gesamte Krise noch auf uns aus. Alltag habe ich mit Sicherheit noch nicht, denn ich bin nach wie vor kein Medienprofi, der locker mit den täglichen Presseanfragen aus dem ganzen Land umgehen kann.

Dass Sie sich um einen ganz normalen Trott bemühen, kann man daran sehen, dass Sie wieder Veranstaltungen in Ihrem Hause abhalten – neulich eine Lesung mit Harald Grill, demnächst der St.-Josefs-Lauf . . .

Reim: Wir richten uns darauf aus, möglichst bald eine Normalität herzustellen und den Kindern zu vermitteln, dass wir wissen, was unsere zentrale Aufgabe ist. Es ist und dabei eine große Hilfe, dass unser Haus mit den Kindern und den Jugendlichen unheimlich viele Solidaritätsbekundungen erhält, von den Mandatsträgern, von Fachkräften, von Schulen. Wir merken, dass St. Josef in den letzten Jahren ein Netz geschaffen hat und dass wir in diesem Netz jetzt, in dieser Situation, auch aufgefangen werden. Das ist in diesen Tagen nicht nur für mich, sondern für das ganze Haus sozusagen überlebensnotwendig.