Unterwittelsbach
Im Bann der Vergangenheit

"Die Feuerzangenbowle" feierte Premiere am Sisi-Schloss Gachenbacher Günther Zotz spielt die Hauptrolle

19.06.2017 | Stand 02.12.2020, 17:55 Uhr

Ohne es zu ahnen, rettet Johannes Pfeiffer (rechts; Günther Zotz) seinen Lehrer, Professor Crey (Joe Wörle), aus einer misslichen Lage. - Foto: Brummer

Unterwittelsbach (SZ) Vergangene Kapitel seien unwiederbringlich geschrieben und geschlossen, da ist sich Johannes Pfeiffer sicher. Während seine Freunde bei einer Feuerzangenbowle von ihrer Gymnasialzeit schwärmen, die er nie durchlebte, wird die Idee geboren: Als Oberprimaner solle Pfeiffer das Versäumte nachholen. Diese Ausgangssituation begründete 1944 einen Filmklassiker, der jetzt auf der Freilichtbühne in Unterwittelsbach Premiere feierte. In einer "guten alten Zeit" spielt der Film, der auf Heinrich Spoerls gleichnamigem Roman aufbaut. Erinnerungen und Vergangenheit bilden eine Grundthematik der Rahmenhandlung - einer Herrenrunde an der Feuerzangenbowle.

Umstritten war der Film, weil er während der NS-Zeit entstanden ist. Gleichwohl entwickelte er sich zum viel zitierten und geschätzten Klassiker der deutschen Filmgeschichte, den über 40 Schauspieler der Theaterfreunde Wittelsbach vergangenen Woche am Sisi-Schloss auf die Bühne brachten. Heinz Rühmann spielte in den 40er-Jahren die Hauptrolle. Die Theaterfreunde gaben sie dem Gachenbacher Wirtschaftsingenieur Günther Zotz. Er ist Pfeiffer, der nur zu Hause unterrichtet wurde und niemals ein Gymnasium besuchte. Genau das tut er im Film. "Aichach, ein kleines, verschlafenes Kaff - aber mit Gymnasium", heißt es in der Herrenrunde zu Beginn der Aufführung am Sisi-Schloss. Dort drückt der junge Hans Pfeiffer, im echten Leben ein gefeierter Schriftsteller aus Berlin, als Oberprimaner die Schulbank - und bringt dabei Chaos in ein strenges und vor allem ordentliches System. Den Geist der Zeit, in der die Geschichte spielt, fing der 34-Jährige gekonnt ein und zog die Zuschauer schnell in seinen Bann. Als wären sie nicht aus unserer Zeit wirken die Darsteller.

Ihre authentischen Kostüme, die unter anderem aus dem privaten Fundus einer der Vereinsgründerinnen Rosi Mair bestehen, tragen, genauso wie das liebevoll gestaltete Bühnenbild, zu diesem Effekt bei. Die Regie teilten sich der Vorsitzende der Theaterfreunde Wittelsbach, Franz Mair, und seine Frau Rosi sowie Roswitha Oswald. Franz Mair spielte selbst im Stück mit. So wurde er als Professor Bömmel zum Sympathieträger, der seine Schüler duzt und es, trotz mangelnder Autorität, genauso faustdick hinter den Ohren hat wie sie. Jemand wie Pfeiffer ist jedoch auch ihm nie untergekommen. Eigentlich ist der Berliner Import Pfeiffer verlobt. Seine extravagante und zuweilen hysterische Zukünftige, Marion, gespielt von Monika Huber-Regau, weiß nichts von der Idee und reist ihm nach.

Der junge Pfeiffer aber findet Gefallen am Gymnasium, wo er sich zunächst gegen das Klassenoberhaupt, seinen Mitschüler Rosen alias Martin Wörle, behaupten muss, bevor er selbst Freunde findet. Das gelingt ihm schnell - will man den Worten der Witwe Windscheidt, herausragend gespielt von Renate Heinrich, Glauben schenken. Bei der redseligen Dame zieht er am Tag nach seiner Anreise ein, nachdem der Gasthof Wagner in Untergriesbach, wo er zuvor residierte, seinem Schuldirektor nicht anständig genug erscheint. Den Choleriker, Direktor Knauer, nennen alle nur Zeus. Gespielt wird er von Theo Hell, und bald nach Pfeiffers ersten Schultagen fürchtet er um den Ruf seiner Oberprima. Hans Pfeiffer nämlich animiert seine Mitschüler zu allerhand Streichen, die im Besonderen dem alten Professor Crey gelten. "Sä sänd albern", versucht dieser sich zu wehren. Joe Wörle begeisterte durch seine schauspielerische Leistung. Crey nämlich ist für seine eigentümliche Art zu sprechen bekannt, in der sämtliche Vokale durch andere ersetzt werden.

So sorgte Wörle auch für wiederholt verdiente Lacher auf der ausverkauften Tribüne. Auf dieser fanden über 280 Personen Platz, die der knapp dreistündigen Aufführung gespannt beiwohnten. Von dort aus konnte man die Scherze gut verfolgen, die zunehmend dreister zu werden scheinen und auch vor gespielten Alkoholvergiftungen im Unterricht nicht Halt machen. Als Pfeiffer sich aber ausgerechnet in die schöne Tochter des Zeus verliebt, treibt er seine Scherze an die Spitze. Eva Knauer wird von Katharina Oswald gespielt und ist Pfeiffer ebenfalls zugetan, der sich ihr bald als erfolgreicher Autor zu erkennen gibt. Das Publikum zeigte sich am Mittwochabend begeistert und schien sich auch nicht an den kühleren Nachttemperaturen zu stören.

Gebannt wurde gelacht, mitgefiebert und vor allem die Gegenwart vergessen. Bei aller Nostalgie wollte man Pfeiffer nur zu gerne glauben, dass die Geschichte über seine Erlebnisse wahr, seine jugendlichen Gefühle echt seien. Pfeiffer aber ist Schriftsteller, was Günther Zotz in seinem Epilog auf den Punkt bringt. Gut und gerne könnte er alles erfunden haben. "Also stellen wir uns alle mal ganz dumm", meint er. Vielleicht sei es alles auch nur der Geist einer Feuerzangenbowle."

Die Feuerzangenbowle" ist noch an den kommenden drei Wochenenden im Park des Sisi-Schlosses in Unterwittelsbach zu sehen. Weitere Informationen gibt es unter theaterfreunde-wittelsbach.de.