IG Metall spürt „Angstkultur“ im GVZ

05.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:06 Uhr
Das GVZ in Ingolstadt. −Foto: Schalles

Ingolstadt (sic) Nicht allen war nach feiern zumute. Während des Festakts in der Halle S des Güterverkehrszentrums (GVZ) machte die IG Metall vor der Halle L auf die Schattenseiten aufmerksam. Johann Horn, Erster Bevollmächtigter der Gewerkschaft, stand vor Schautafeln und präsentierte unerfreuliche Zahlen: das Resultat einer Umfrage unter 550 GVZ-Mitarbeitern über deren Arbeitsbedingungen und Entlohnung. Horn: „Da haben wir noch eine Menge zu tun!“

34 Prozent der Befragten gaben der IG Metall zufolge an, maximal 1500 Euro im Monat zu verdienen – brutto. Bei 43 Prozent sind es bis zu 2000 Euro im Monat. „Viele Löhne sind seit Jahren nicht mehr erhöht worden“, sagt Horn. Die wenigsten Beschäftigten im GVZ arbeiten der Umfrage zufolge 35 Stunden in der Woche (das ist eigentlich der Standard in der Metallindustrie), bei den meisten sind es 38, manchmal auch mehr. Die Zahl der Überstunden sei in einigen Firmen sehr hoch, sagt Horn. Nur ein Drittel der Mitarbeiter habe 30 Tage Urlaub, bei 28 Prozent seien es nur 24 Tage, bei anderen noch weniger.

Eine weitere Erkenntnis: Gut die Hälfte der Befragten glaubt wegen der großen körperlichen Beanspruchung nicht, bis zum Rentenalter in ihrer Tätigkeit durchzuhalten. Kommentare von Kollegen sind in der Umfrage auch dokumentiert: „Wir wollen doch nur leben können!“ Oder: „Die Chefs behandeln uns wie Sklaven.“ Horn: „Wir spüren eine Angstkultur im GVZ.“

Natürlich gebe es auch Vorzeigebetriebe in dem Logistikpark, sagt der Bevollmächtigte. Von flächendeckenden Defiziten könne man nicht reden, aber die genannten Probleme „sind mehr als Einzelfälle“. Insgesamt sei das GVZ sicher eine „Erfolgsstory“, sagt Horn. „Doch jetzt ist das Kind alt genug, um endlich vernünftige Arbeitsbedingungen und Entgelte zu bekommen!“

Die IG Metall kann zahlreiche Erfolge im GVZ melden. Seit 2011 konzentriert sich der Gewerkschaftssekretär Christian Daiker ausschließlich darauf, dort für Arbeitnehmervertreter Land zu gewinnen. Er erarbeitet GVZ-spezifisches Infomaterial, pflegt das Netzwerk der Betriebsratsmitglieder, bietet Sprechstunden an und berät Kollegen, die einen Betriebsrat gründen wollen. „Einige Zulieferer, vor allem Leiharbeitsfirmen, verhindern Betriebsratswahlen, indem sie sich mehrere einzelne Gesellschaften zergliedern“, erzählt Daiker. Dennoch ist die Zahl der Betriebsräte im GVZ zuletzt deutlich gestiegen.

Seit 2012 gibt es auch einen bei Scherm Logistik. „Ich kann nur Gutes berichten“, sagt der Vorsitzende Lothar Klaritsch, „Und ich kann alle nur dazu ermutigen, einen Betriebsrat zu gründen – denn eine starke Belegschaft bedeutet ein starkes Unternehmen!“