Ideales Museumswetter sorgt für Ansturm

18.05.2008 | Stand 03.12.2020, 5:54 Uhr

Drei Schwestern spiegeln sich im regennassen Rost der Skulptur von Alf Lechner, die sich sogar schaukeln lässt. - Foto: Schattenhofer

Ingolstadt (DK) Der Regen kam wie gerufen zum internationalen Museumstag: Zahlreiche Besucher nutzten gestern die Gunst der Stunde, um sich Führungen anzuschließen, Konzerte anzuhören oder Theaterstücke anzusehen. Manche Familien mit Kindern klapperten gleich mehrere Museen ab.

Im Stadtmuseum wurde am Vormittag die Abteilung Musikgeschichte eröffnet, und zwar mit einem Konzert, umrahmt von Texten, die Kabarettist Florian Erdle vortrug. Darin ging es, gewürzt mit einer Prise Humor, um Weiber und Männer, um Herz und Schmerz.

Viktoria Felbermeir aus Pfaffenhofen und ihre drei "Mädels", die alle in München am Richard-Strauß-Konservatorium studieren, zeigten die Vielseitigkeit der Zither. Sie spielten nicht nur barocke Weisen und Volkslieder, sondern auch modernen Jazz.

86-Jähriger Zitherbauer

Vorne in der ersten Reihe saß bei dem Konzert der Zitherbauer Ernst Volkmann, der dem Stadtmuseum seine Sammlung von 87 Instrumenten vermacht hat. Eine Auswahl wird in der wiedereröffneten Abteilung Musikgeschichte ausgestellt. Der 86-Jährige war sehr angetan von dem Konzert. "Ich bin auch immer aufgeschlossen fürs Moderne, denn nur so geht die Sache weiter." Leider lernten heutzutage immer weniger junge Menschen das Zitherspiel. "Es gibt ja auch keine Volkshochschulkurse mehr."

Diese Kurse wurden früher von Irma Hausner geleitet, die als ehemalige Lehrerin von Viktoria Felbermeir das Konzert besuchte. "Es ist schön, wenn man den Grundstock für so einen Erfolg gelegt hat."

Im Medizinhistorischen Museum konnten die Besucher nach einer Führung für Eltern und Kinder schmausen wie die Etrusker. Es gab eine Suppe in Brotteig mit Dinkel und Gerste, Mohrrüben und Petersilienwurzel, Sellerie und Zwiebel, Lauch und Liebstöckel, Majoran und Zitronenmelisse. "Das Rezept ist ein wenig getürkt, denn es stammt eigentlich aus dem römischen Kochbuch des Apicius", so Prof. Christa Habrich. "Aber die Römer und die Etrusker haben das gleiche gegessen."

Den Kindern schmeckte es auf alle Fälle. Die sechsjährige Lea wollte eigentlich nur wegen des Essens ins Museum, und sie fragte bei der Führung, ob man die schönen Blüten vom Schnittlauch auch essen könne, was Habrich bejahte. Die Museumsleiterin begeisterte die Kinder mit ihrem Wissen über Kräuter, die einst auch dazu dienten, die häufig verdorbenen Nahrungsmittel überhaupt genießbar zu machen. "Wir müssen dankbar sein für unsere guten Lebensmittel heute."

Besonders beeindruckt waren die Kinder, als Christa Habrich von den kriegerischen Etruskern erzählte. "Die hatten Instrumente aus Bronze und Blech, waren richtige Krawallmacher vor den Schlachten und haben die Römer regelrecht in die Flucht gebrüllt." Das war allemal interessanter für die kleinen Besucher als die kultische Anatomie der Etrusker, die noch bis 27. Juli Thema der Sonderausstellung ist.

Bemerkenswert sind die Körperteil-Votive aus Terrakotta schon eher für Erwachsene, und erst recht für Medizinhistoriker. "Wir wollen nächste Woche am Klinikum eine tönerne Gebärmutter röntgen lassen, denn vielleicht steckt ja etwas innen drin", so Habrich.

Ganz andere Skulpturen stehen im Lechner-Museum: riesig und rostig. Während Maria-Luisa Görge den großen Besuchern etwas über die Bedeutung der Lechnerschen Schnitte erzählte, befühlten die kleinen Besucher mit geschlossenen Augen Metallgegenstände, die Anke Schneider herumreichte. Sie sollten erraten, wie sich rostiger Stahl anfühlt. Und siehe da: Am Ende lässt sie ihr Tastsinn nicht im Stich, als sie den Inhalt von fünf Kisten mit den Händen untersuchen müssen. Ein Bub erkannte sogar, dass es sich um eine alte Bremsscheibe handelte.

So schwer wie 22 Autos

Überhaupt sind die Kinder sehr schlau und wissen sogar, wie sich die tonnenschweren Skulpturen bewegen lassen. Zum Beispiel mit einer Fernbedienung oder mit einem Kran. Ins Staunen gerieten die kleinen Besucher dann doch, als Anke Schneider sie aufforderte, es einmal selber zu probieren – und zwar an dem zersägten Kreis, der vorm Museum steht. "22 Tonnen wiegt er, so viel also wie 22 Kleinwagen."

Celeste, Arlene und Muriel, drei Schwestern, stemmten sich gegen das Kunstwerk, das ganz leicht und sanft zu schaukeln begann. Das Lächeln der Kinder zeigte, dass sie Lechners Arbeit mögen.