Hilpoltstein
"Ich wollte eine richtige Ausbildung"

Hilpoltsteiner Asylbewerber aus Äthiopien ist glücklich über seine Lehrstelle als Fliesenleger

01.09.2020 | Stand 23.09.2023, 13:52 Uhr
Tariku Tadesse ist glücklich, einen Ausbildungsplatz als Fliesenlegerbekommen zu haben. Die Freude ist aber auch bei Andrea und Rainer Just groß, die lange vergeblich einen Lehrling gesucht hatten. −Foto: Kofer

Hilpoltstein/Allersberg - Tariku Tadesse Goso ist glücklich.

Gerade hat er im Büro von Andrea Just die letzten Formalitäten erledigt. Jetzt kann er seine Ausbildung als Fliesenleger bei der Firma Just in Lampersdorf beginnen. "Ich wollte eine richtige Ausbildung", sagt der 23-Jährige, der in Hilpoltstein in einer Gemeinschaftsunterkunft lebt. Und nach einigen Fehlversuchen hat es nun geklappt.

Aber nicht nur er ist zufrieden. "Wir sind froh, dass es geklappt hat", sagt Andrea Just. Denn so hat der 20-Mann-Betrieb doch noch den ersehnten Azubi bekommen. Zuerst habe man die Stelle über die Zeitung ausgeschrieben, erzählt Geschäftsführer Rainer Just, doch niemand habe sich gemeldet. Auch der sonst übliche Weg über ein Praktikum sei in Zeiten von Corona schwierig gewesen. "Es ist alles andere als einfach geworden", sagt Rainer Just.

Dann klingelte doch noch das Telefon. Denn Tariku hatte von der freien Ausbildungsstelle erfahren. Asylsozialbetreuer Rainer Kristuf hat sie in einem Jobportal entdeckt. Tariku, der aus einem kleinen Dorf in Äthiopien kommt, in dem sein Vater als Maler und Pflasterer, gelegentlich auch als Fliesenleger arbeitete, wollte unbedingt eine Ausbildung im Baugewerbe beginnen. Das spürte auch Geschäftsführerin Andrea Just sofort. "Beim Bewerbungsgespräch vor gut einer Wochen saß mir ein motivierter Strahlemann gegenüber. " Deswegen hat Tariku gleich seinen Ausbildungsvertrag mitbekommen - eine absolute Ausnahme. "Das machen wir normal nicht", sagt Rainer Just. Sogar auf eine Probearbeit verzichtete die Firma.

Man war sofort überzeugt, den Richtigen gefunden zu haben. Außerdem musste die Ausländerbehörde im Landratsamt noch die Ausbildungsgenehmigung erteilen. Die traf am Montagnachmittag ein. "Es ist alles sehr unkompliziert gewesen", sagt Andrea Just. Am Dienstag führte sie Tariku durch den Betrieb, zeigte ihm das Lager und stellte ihn im Büro vor. An diesem Mittwoch geht es dann zum ersten Mal auf die Baustelle. Kleber anrühren, Fliesen schneiden, Autos beladen, Tariku soll sich langsam an den Beruf herantasten. "Handwerklich wird es keine Probleme geben", ist Rainer Just überzeugt. Eher sprachlich, aber auch da könne man unterstützen, sagt Andrea Just.

"Ich habe erst ein bisschen Angst gehabt, weil ich nicht so gut spreche", erzählt Tariku Tadesse von seinem Vorstellungsgespräch. Aber dann sei er sehr glücklich gewesen. Seit 2015 lebt er in Deutschland. Am Anfang sei es schwierig gewesen, eine Arbeit zu finden. "Ich habe keinen Kontakt zu Deutschen gehabt. " Das änderte sich mit dem Integrationskurs an der Berufsschule in Roth. In zwei Jahren lernte er nicht nur die schwierige Sprache, er schaffte auch einen Mittelschulabschluss - mit guten Noten. Zuletzt arbeitete er als Lagerist bei einer Hilpoltsteiner Firma. Doch er wollte unbedingt einen Beruf lernen. "Ich habe in den letzten Jahren keinen Ausbildungsplatz gefunden", sagt Tariku. Mit seiner Freundin, einer gelernten Altenpflegehelferin aus Roth, hat er ein kleines Kind. Trotzdem verzichtet Tariku Tadesse zunächst auf knapp 600 Euro Gehalt im Monat. Seine Prioritäten sind klar: Erst Ausbildung, dann Beruf, dann Geld verdienen. "Ich würde gerne einen richtigen Beruf haben. " Denn er möchte in Deutschland bleiben, eine Familie gründen und ein eigenes Zuhause haben.

"Unser Ziel ist es, dass wir in drei Jahren einen Fliesenleger haben", sagt Andrea Just, "wir wollen keinen Bauhelfer ausbilden, das haben wir mit Tariku vereinbart. " "Die bei uns lernen, bleiben auch", setzt Rainer Just dazu. Und als Geselle könne man auch gut verdienen und sei handwerklich geschickt. "Fast alle unsere Mitarbeiter, die über 25 Jahre alt sind, haben ein eigenes Haus gebaut. "

Tariku Tadesse hört das gerne. Auch er hätte gerne ein eigenes Haus, am liebsten in Hilpoltstein. Doch zunächst muss er sparen. Gerade macht er seinen Führerschein, dann will er sich ein Auto kaufen. In die Berufsschule nach Roth - dort ist er im ersten Lehrjahr häufig - kommt er mit dem Zug. Nach Lampersdorf fährt er mit dem Rad. Das parkt in einer Reihe mit vielen schicken Autos vor dem Firmeneingang.

HK

Robert Kofer