"Ich will es durchziehen"

12.08.2008 | Stand 03.12.2020, 5:41 Uhr

Neuburg (DK) Vor seinem Haftantritt wegen Körperverletzung Ende März hat ein 18-jähriger Neuburger eine Abschiedsparty gefeiert – und dabei erneut die Fäuste sprechen lassen. Gestern brummte ihm das Jugendschöffengericht Neuburg sechs weitere Monate auf, mit der Aussicht auf baldige Entlassung.

Er ist kein gern-, aber ein oft gesehener Gast im Jugendgericht Neuburg. Sechs Einträge stehen im Bundeszentralregister: Diebstahl, Hehlerei, vorsätzliche Körperverletzung und weitere Delikte, für die der Jugendliche Jugendarrest und seit März eine Jugendfreiheitsstrafe von einem Jahr verbüßt hat beziehungsweise noch verbüßt.

"Ich hatte keine Arbeit und zu viel Zeit", erklärte Timo F. (Name geändert). "Und immer, wenn ich was getrunken habe, ist was passiert." So war es auch bei seiner Abschiedsparty. "Die Idee an sich ist ja schon irre", sagte Jugendrichter Gerhard Reicherl. "Eine Party vor Haftantritt! Und dass in Verbindung mit den Leuten und Alkohol wieder was passiert, hättest du dir ja denken können." An der ursprünglichen Auseinandersetzung in einem Neuburger Lokal war Timo F. gar nicht beteiligt: Während er auf der Straße stand und trank, ging es auf der Toilette rund. Weil ein Jugendlicher einen anderen angezeigt hatte, wurde er von diesem mehrfach gestoßen, ein anderer kam hinzu und schlug ihn mit der Faust. Als der Traktierte sich wehrte, wurde er in den Schwitzkasten genommen. Zurück im Lokal suchte er Timo F., der die anderen zur Rede stellte. Diese nannten ihm den Grund, und plötzlich schlug Timo F. den "Verräter". Zweimal auf die Nase, dreimal auf den Hinterkopf.

Schon länger leidet der Hyperaktive an einem massiven Alkoholproblem, konsumiert Betäubungsmittel und hat psychische Probleme. Mehrmals hatte er schon Besserung gelobt. "Der Knackpunkt bei ihm ist, tiefgreifende Erfahrungen langfristig mitzunehmen", meinte Hans Wörl von der Jugendgerichtshilfe. "Der Arrest hat beispielsweise kurzfristig großen Eindruck auf ihn gemacht."

Doch Timo F. sagte: "Ich hatte im Gefängnis Zeit nachzudenken. Ich habe mich freiwillig bei der Drogenberatung angemeldet und zum Anti-Agressionstraining, ich schreibe gute Noten – ich will es diesmal durchziehen." Zudem bestehe die Möglichkeit, eine berufsqualifizierende Maßnahme ab September zu beginnen. Der JVA-Führungsbericht sieht tatsächlich Fortschritte: Er sei gut integriert und zeige "Bereitschaft, intensiv an seinen Problemen zu arbeiten".

Einige Auflagen

Dem wollte sich auch das Jugendschöffengericht nicht verwehren. Timo F. erhielt zwar eine Gesamtstrafe von einem Jahr und zwei Monaten, hat aber die Möglichkeit, Haftentlassung zu beantragen: "Wenn alles glatt läuft, wirst du zum 2. September entlassen", sagte Reicherl. Die Auflage sei, dass er wirklich zur Suchtberatung geht und weiter mit Betreuerin sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie zusammenarbeitet und die Maßnahme absolviert. "Wenn du eins abbrichst, musst du die ganze Zeit absitzen." Timo F. sprang von der Anklagebank auf: "Ich danke Ihnen vielmals!"