Schwabach
"Ich will einfach nur meinen Beruf wieder machen"

Laura Pfisters Musicalkarriere ist vorerst gestoppt - Engagement in Hamburg gibt der Schwabacherin Zuversicht

24.02.2021 | Stand 23.09.2023, 5:09 Uhr
Matthias Hertlein
Warten auf den nächsten Karrieresprung: Corona hat Laura Pfisters Musicalkarriere vorerst gestoppt. −Foto: Hertlein

Schwabach - Keine Tafelkonzerte in der Galerie Gaswerk in Schwabach, auch nicht in der Stadtkirche oder anderswo, Corona ist gewaltig in die Karriereparade von Laura Pfister gefahren: fürs Erste gestoppt. Die Schwabacherin hat sich in der Musical-Szene hochgearbeitet, wurde für ihren Willen, Ehrgeiz, Können belohnt und bekam 2017 als Lauren in "Kinky Boots" - mit der Musik von Cyndi Lauper - eine führende Rolle.

In Hamburg durchgestartet auf den Brettern, die die Welt bedeuten. Dann kam Corona, der Lockdown. "Im Moment stehe ich leider auf keiner Bühne", gesteht Laura, obwohl sie auf dem Weg zum nächsten Karrieresprung ist. In harten Pandemie-Zeiten hat sie dennoch ein Engagement an Schmidts-Tivolo-Theater unweit der Reeperbahn erhalten. "Wäre kein Corona, würde ich im Moment im Schmidt-Theater für die Kultstücke 'Heiße Ecke' und 'Königs vom Kiez' proben", sagt Laura. Leiter des dreigeteilten Theaterkomplexes am Rande von Hamburgs sündiger Meile ist Corny Littmann. In Hamburg seit Jahrzehnten eine absolute Kultfigur. Als Schauspieler (Rolle "Herr Schmidt"), als Theaterbetreiber und auch als Ex-Fußball-Boss des FC St. Pauli.

Laura Pfister weiß, wie Hamburg schmeckt: "Natürlich habe ich auch noch andere Träume, wo und was ich gerne spielen möchte, aber für Schmidts Tivoli zu arbeiten, ist für mich schon lange ein Ziel und ich hoffe so sehr, dass es bald losgehen kann."

Mit 'Heiße Ecke' haben Littmann und Kollegen dem schillerndsten Viertel Hamburgs ein Denkmal gesetzt. Das Musical stieg vor 18 Jahren vom Geheimtipp zum Dauerbrenner auf. Es begeisterte in knapp zwei Jahrzehnten etwa zwei Millionen Zuschauer und ist die aktuell erfolgreichste deutschsprachige Musiktheaterproduktion. Künstler wie Lilo Wanders, Rosenstolz, Udo Lindenberg, Marianne Rosenberg stehen unterm anderem auf der künstlerischen Speisekarte. Littmann ist der Anchor-Mann im und außerhalb des Theaters. Und ausgerechnet eine Schwabacherin steigt dort in der renommierten Spielstätte ein, die 26-Jährige erhofft sich am Kiez den nächsten Karrieresprung.

Laura Pfister stolz: "Ich spiel die Marie in 'Königs vom Kiez' und in 'Die Königs schenken nach' und ganz viele Rollen in der 'Heißen Ecke'. Das sind insgesamt neun Darsteller, die da alle vier bis fünf Rollen spielen, aber mein Hauptcharakter heißt Lisa."

Laura Pfister hat sich intensiv mit dem Reeperbahn-Theater befasst - Menschen, Besucher, das Flair. "Man spielt dort für Leute, die vielleicht nicht so oft ins Theater gehen und da finde ich schön." Nach "Kinky Boots" und einigen Engagements absolvierte Laura 2019 ein Masterstudium an der Guildford School of Acting in London, ehe Corona sie stoppte. Laura absolvierte von Deutschland und Schwabach aus das Studium online weiter und beendete es.

Hinter ihr liegen Monate des Frustes. Sogar der legendäre Broadway schloss. Alarmzeichen? Die fränkische Künstlerin: "Ja, manchmal zweifle ich, ob das alles richtig war oder ob es nicht an der Zeit ist, doch noch was anderes zu lernen oder sich nach anderen Dingen umzuschauen." Doch die 26-Jährige blieb ihrem Vorsatz treu gemäß ihrem Motto: Ich will einfach nur spielen. Und sie wurde belohnt. "Mein Glück war, dass ich, bevor ich nach England zum Masterstudium abflog, beim Schmidt-Theater an einer sogenannten Open Audition vorgesungen habe. Dort kam ich gut an und mir wurde gesagt, dass ich mich unbedingt melden soll, wenn ich aus England zurück bin", erzählt Pfister. Das habe sie getan und alles darauf gesetzt, dass irgendwas an diesem Theater klappt. Und tatsächlich wurde ihr ein Engagement angeboten. "Das war pures Glück und meine einzige Chance auf Arbeit", sagt sie. Vertrag bis März 2022 oder länger, je nachdem wann es wieder losgeht.

Trotz Pandemie, Lockdown kehrte somit das Glück ein wenig bei Laura zurück, inmitten der trostlosen Zeit - eine Festanstellung bei Corny Littmann im legendären Reeperbahn-Theater. Laura kommt in Schwärmen: "Das Schmidt-Ensemble besteht ausschließlich aus extrem spielfreudigen Komödianten, die gerne mal auf der Bühne improvisieren und ich glaube, dass genau das den Reiz ausmacht und das Rezept des Theaters ist." Zudem habe sie festgestellt, dass es ein sehr korrektes Haus ist, das Mitarbeiter fair und freundlich behandelt. "Das weiß ich sehr zu schätzen, dass so etwas in der Theaterwelt leider nicht immer so selbstverständlich ist."

Der Lockdown verhindert große Sprünge, ihr Tagesablauf ist eher bescheiden: "Ich gehe jeden Tag viel spazieren, um die Alster herum oder entlang der Elbe und verbringe viel Zeit auf der Yogamatte. Ich koche viel, habe das Malen und Hörbücher für mich entdeckt. Ab und zu bin ich auch in Synchronstudios als Sprecherin unterwegs oder habe hie und da kleine Projekte."

Die Lage ist nicht rosig aber: "Das Einzige, womit ich mich trösten kann, ist meine hundertprozentige Sicherheit, dass das Theater immer existieren wird. Es ist die älteste Form von Unterhaltung und hat über Jahrhunderte hinweg überlebt." Im Moment könne sie nur versuchen, dankbar zu sein für das, was sie habe und offen zu sein für alle Chancen, die sich ergeben.

In tristen Corona-Zeiten gab es auch persönliche Rettungsanker, Motivationsstützen: "Auf jeden Fall meine Eltern, mein Freund, schönes Wetter, inspirierende Podcasts, Dankbarkeit", sagt sie. "Ich will einfach nur meinen Beruf wieder machen und davon leben können. Mehr will ich nicht und wollte ich nie."

HK

Matthias Hertlein