Oberstimm
„Ich werde so herzlich aufgenommen“

Pfarrer Daijo Poruthur kommt aus Indien und vertritt im August den Manchinger Pfarrer Tobias Hiller

18.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:38 Uhr
Pfarrer Daijo Poruthur, Aushilfspfarrer in Manching/Oberstimm, August 2017. −Foto: oliver konze

Oberstimm (DK) Urlaubszeit ist Aushilfszeit. Zumindest in der katholischen Kirche.

Da der Manchinger Pfarrer Tobias Hiller im August seine freie Zeit genießt, übernimmt Pfarrer Daijo Poruthur die seelsorgerischen Aufgaben. Dem 33-jährigen Inder gefällt es in Deutschland, obwohl es für ihn „eine ganz andere Welt“ sei als seine Heimat.

„Meine Predigten formuliere ich in Englisch. Ein Freund übersetzt sie mir ins Deutsche.“

Pfarrer Daijo Poruther

Pfarrer Daijo strahlt, wenn er von den Menschen in Manching und Oberstimm, in Pichl und Niederstimm und natürlich auch im Altenheim spricht: „Ich werde hier so herzlich aufgenommen.“ Eine Rolle spielt sicher die offene, freundliche und auch humorvolle Art, mit der der Priester auftritt. Wenn Daijo Poruthur erzählt, lacht und schmunzelt er gerne. Weil er Deutsch spricht (neben Italienisch, Englisch und seiner Muttersprache), verstehen ihn die Menschen auch. Und wenn er im Gespräch mal ein Wort nicht findet, dann weicht er ins Englische aus, versucht aber auch, es in Deutsch zu umschreiben. Sein Urteil über die Marktgemeinde lautet: „Es ist ein schönes Dorf.“

„Meine Predigten formuliere ich in Englisch. Ein Freund, der in Augsburg als Kaplan arbeitet, übersetzt sie mir ins Deutsche.“ So tut sich der 33-Jährige leichter. Poruthur betont, er spreche keineswegs gut Deutsch. „Einmal im Jahr vier Wochen in Deutschland reicht nicht, um die Sprache zu erlernen.“ Aber er verstehe die Sprache sehr gut. Englisch spricht der Inder perfekt, weil Englisch neben Hindi die zweite offizielle Sprache in Indien ist.

Im August wohnt Pfarrer Daijo nun im Oberstimmer Pfarrhaus nahe dem Barthelmarktgelände. „Von dem Fest habe ich schon gehört“, schmunzelt Pfarrer Daijo. „Das Oktoberfest kenne ich auch“, gibt er zu. Aber nicht, weil die Münchner Wiesn in Indien so bekannt wäre, sondern weil er schon in Augsburg als Aushilfspfarrer gearbeitet hat. Bier trinke er nicht. „Wenn in Indien ein Pfarrer Alkohol trinkt, ist das ein Skandal“, erklärt er.

Weil Poruthur schon in Augsburg war, fand er den Weg nach Manching und Oberstimm: „Vom Bistum Augsburg kam ein Brief nach Rom, ob ich wieder aushelfen wolle.“ In Rom hat Pfarrer Daijo die letzten fünf Jahre gelebt, studiert, seinen Doktortitel gemacht und zwei Masterabschlüsse. Nach fünf Jahren in Rom ist Schluss. „Ende August kehre ich für immer in meine Heimat zurück.“

Der Inder hat in den vergangenen Jahren viel von Europa gesehen. Es gibt kaum ein Land, das er nicht besucht hat. „Wir hatten an Ostern und Weihnachten in Rom immer 15 Tage frei, da habe ich mir viele Länder angeschaut.“ Er zieht sein Smartphone aus der Tasche, klappt das Laptop auf und zeigt Fotos und Filme. Pfarrer Daijo hat ein Hobby: Fotografieren und das Arbeiten am Laptop. Nebenbei schreibt er an einem Buch („Das ist aber noch nicht fertig“) und besucht gerne indische Kollegen. Das geht aber nur, weil in Deutschland der Pfarrer nicht 24 Stunden im Dienst ist, wie Poruthur erzählt: „In Indien kommen die Menschen ohne Termin, egal um welche Uhrzeit, am Tag oder auch in der Nacht. In Deutschland werden vorher Termine vereinbart.“

Poruthur ist Fußballfan, wurde dies aber nicht in Deutschland: „Seit meiner Zeit im Priesterseminar bin ich Fußballfan.“ Sein Lieblingsklub? „Kerala Blasters, ein neuer Verein in der indischen Superleague.“

Seine Deutschkenntnisse vertiefen kann der Inder, der im Oberstimmer Pfarrhaus wohnt, nur noch bis Ende August. „Dann kehre ich nach vielen Jahren in Europa für immer nach Indien zurück.“ In den vergangenen Jahren in Rom kam er zu selten nach Hause. „Ich war zweimal in meiner Heimat, das letzte Mal vor zwei Jahren.“ Ab September arbeitet Poruthur dann als Pfarrer in Kerala, dem indischen Bundesstaat, aus dem er kommt. Wo genau, weiß er noch nicht. Er weiß aber, dass „Pfarrer in Indien nicht Jahrzehnte in einer Pfarrei“ arbeiten. „Nach drei Jahren bekommst du einen Brief vom Bistum, in dem steht, wohin du wechselst. Und das innerhalb von zwei Wochen!“

Bald gilt es, sich wieder umzugewöhnen nach so langer Zeit in Europa: „In Indien hat fast schon jede Stadt eine andere Kultur“, erzählt Pfarrer Daijo. „Spache, Essen, Kleidung. Alles unterscheidet sich. Wenn du mit dem Zug fährst, ist jede neue Stadt anders als die letzte.“ Hier in Deutschland sei „alles in Ordnung“. Aber Rom habe sich in den fünf Jahren verändert: „Es ist nicht mehr so schön, nicht mehr so sauber. Und wenn du unterwegs bist, musst du alles festhalten, weil sogar schon Kinder dich bestehlen.“ Instinktiv greift er an seine Brusttasche, in der das Handy steckt. Überall liege Müll in den Straßen. „Keiner kümmert sich um die Probleme, man rennt lieber vor ihnen weg.“

Die schönen Erinnerungen und Erfahrungen überwiegen aber. „Ich habe in Rom zweimal Papst Franziskus gesehen“, sagt er. „Wenn er spricht, spürst du die Energie, die er besitzt. Außerdem verstehen ihn alle Menschen. Er spricht einfach die Sprache der Menschen.“ Pfarrer Daijo greift sich ans Herz: „Das ist so schön.“