Altmannstein
"Ich pflege eine liberale Religiosität"

Verdienste um die evangelische Gemeinde: Reinhard Baumann für DK-Ehrenamtspreis nominiert

29.08.2018 | Stand 23.09.2023, 3:56 Uhr
Er genießt die Gemeinschaft in der evangelischen Gemeinde: Reinhard Baumann. −Foto: Rast

Altmannstein/Riedenburg (DK) Er praktiziert die Ökumene erfolgreich in der eigenen Familie. Denn Reinhard Baumanns Frau ist katholisch. Der 68-Jährige setzt sich dagegen in mannigfaltiger Weise für die evangelische Gemeinde in Altmannstein und Riedenburg ein. Für sein Engagement ist Baumann nun für den DK-Ehrenamtspreis nominiert worden.

Das Modell der Ökumene in den heimischen vier Wänden kennt Baumann schon von den eigenen Eltern. Der Vater des gebürtigen Hofers war katholisch, die Mutter evangelisch. Bis zu seinem 15. Lebensjahr war Baumann ein Franke, aber dann zog die Familie in den Altmannsteiner Ortsteil Sollern um. Der Vater war Kaufmann, betrieb eine Näherei mit 20 bis 30 Angestellten. "Wir nähten alles", erinnert sich Baumann, "von Hotpants bis zu Kommunionkleidern". Im familieneigenen Betrieb lernte Baumann seine Frau kennen.

Nach der höheren Wirtschaftsfachschule machte der junge Mann an der Fachhochschule seinen Diplom-Betriebswirt. Später packte er noch den Steuerbevollmächtigten drauf und stieg zum Leiter der Finanzbuchhaltung bei Panavia, einer Gesellschaft im Konzern EADS, auf, die den Bau des Kampfflugzeugs Tornado managt. Aus Liebe zu seinem Heimatdorf pendelte er bis zur Verrentung nach München beziehungsweise Hallbergmoos, rund 200 Kilometer legte er am Tag zurück.

Die Möglichkeiten, in Sollern gesellschaftlich Anschluss zu finden, seien damals überschaubar gewesen. "Ich war nie ein Fußballfan und Kartenspielen kann ich auch nicht." Doch wie lernte man Leute mit ähnlichen Interessen kennen? So beschritt Baumann in Sachen gesellschaftlichem Engagement zunächst einen ganz anderen Weg. Anlässlich der Gebietsreform 1972 trat er der Jungen Union (JU) bei. In der Jugendorganisation der CSU avancierte er schnell zum Ortsvorsitzenden in Altmannstein und zum JU-Chef für den Kreis Eichstätt. "Das war eine schöne Zeit", sagt er in der Rückschau. "Aber ich bin einfach kein Politiker", musste sich Baumann irgendwann selbstkritisch eingestehen. Mit dem Umzug nach München, wo er fünf Jahre lebte, endete die aktive Zeit in der JU.

Nach der Rückkehr nach Sollern traf es sich gut, dass der damalige evangelische Pfarrer Werner Kurz im Jahr 1988 Kandidaten für den Kirchenvorstand suchte. Baumann willigte ein und fand damit den gesellschaftlichen Bereich, in dem er sich seit 30 Jahren intensiv ehrenamtlich engagiert. Nur drei Jahre später wurde er zum Vertreter der Gesamtkirchenverwaltung des Dekanats Ingolstadt gewählt.

Freude bereitet ihm auch der evangelische Gemeindebrief, den er seit 1993 schreibt und gestaltet. Das Geheft erscheint in einer Auflage von 800 Stück viermal im Jahr. Baumann hat sich dafür ein spezielles PC-Programm zugelegt, hat den Gemeindebrief von Schwarz-Weiß auf Farbe und Hochglanzpapier umgestellt. Seit 2006 ist er zudem der Vertrauensmann des Kirchenvorstands und damit Ansprechpartner für alles Mögliche, vor allem in den Zeiten ohne Pfarrer. Als Kirchenpfleger zeichnet er auch für die Finanzen der Gemeinde verantwortlich, stellt den Haushalt und die Jahresrechnung auf. Hier ist er als Zahlenmensch in seinem Element.

Die Zeiten für die kleine evangelische Gemeinde mit 1200 bis 1300 Gläubigen waren in den vergangenen Jahren nicht immer einfach. Nach der Pensionierung von Pfarrer Kurz gab es mehrere Wechsel der Pfarrer, die oft mit längeren Vakanzen und wechselnden Aushilfen verbunden waren. Baumann hofft, dass mit Pfarrer Christian Bernath nun wieder Konstanz einkehrt. "Ich bin froh, dass es ihm hier so gut gefällt. Er hat das Gemeindeleben schon in Schwung gebracht."

Ambitionen, sich theologisch zum Beispiel als Lektor einzubringen, hat Baumann nie gehegt. "Ich bin ein Verwaltungsmensch", meint er. "Ich organisiere gerne, ich kümmere mich um Technik und Computer." Lieber mag er im Hintergrund die wertvolle praktische Arbeit leisten, die für das Leben einer Pfarrgemeinde unverzichtbar ist.

Wie bei so vielen Menschen mit einer Ader für das Ehrenamt, ist die evangelische Kirche nicht Baumanns einziger Wirkungsbereich. Für Gotteslohn hat er bereits die Schülerzeitung der Volksschule Sandersdorf herausgegeben und den dortigen Viertklässlern EDV-Unterricht erteilt. Als Mitglied der Freunde der Partnerschaft zwischen dem spanischen Naturpark Maria Los Velez und dem Naturpark Altmühltal bringt er einmal im Jahr ein Informationsblatt mit dem Titel "Novedades" ("Neuigkeiten") heraus. Seine Frau wiederum ist im Altmannsteiner Kleiderladl aktiv.

Baumann will den evangelischen Christen in Altmannstein und Riedenburg eine Stimme und ein Gesicht geben. Es sollte nicht jede Fahnenweihe, jede Einweihung und jedes Fest rein katholisch dominiert sein, findet er. "Es darf nicht vergessen werden, dass hier auch Evangelische leben." Er wünscht sich aber mehr Ökumene. Die Zusammenarbeit mit Pfarrer Wolfgang Stowasser, zum Beispiel beim Stadlgottesdienst in Altmannstein, lobt Baumann jedoch sehr. Ärgerlich sei aber, dass noch immer kein gemeinsames Abendmahl von evangelischen und katholischen Christen möglich ist. "Wie kann man das einem getauften Christen vorenthalten?" Schließlich sei das Abendmahl von Jesus selbst eingeführt worden.

Sein christlicher Glaube gibt Baumann den Rückhalt im Leben und er genießt die Gemeinschaft in der evangelischen Gemeinde. Die evangelische Kirche gebe dem einzelnen Menschen generell mehr Freiheit, das gefalle ihm sehr. Deshalb bedauert Baumann, dass sich immer weniger Christen für diesen Weg begeistern. "Wer klagt, dass es zu viele Moscheen gibt, der sollte selbst in die Kirche gehen", schreibt er beiden Konfessionen ins Stammbuch.

Reinhard Baumann ist seit 1981 mit seiner Frau Gerti verheiratet. Sie begleitet ihn zwar oft in den evangelischen Gottesdienst, gehört aber weiterhin der katholischen Kirche an. "Ich pflege eine sehr liberale Religiosität", erklärt Baumann. "Ich habe nie versucht, meine Frau zu missionieren."
 

Harald Rast