München
"Ich nehme den Humor ziemlich ernst"

16.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:12 Uhr

Otto Schenk präsentiert am Samstag den Abend „Humor nach Noten“ in München - Foto: oh

München (DK) Der österreichische Regisseur und Kammerschauspieler Otto Schenk (83) gastiert am morgigen Samstag mit „Humor nach Noten“ im Prinzregententheater. Der unverhofft zu Bühnenruhm kommende Theaterrequisiteur Josef Bieder war jahrelang weit über Österreich hinaus sein Markenzeichen. Auch einige Bücher hat der Künstler veröffentlicht, meist biografische Fragmenten in unverwechselbar gelassenem Plauderton – das neueste, im Jahre 2012 erschienen, heißt „Warum mir so fad ist“. Der Bühnen-Schenk ist der stets angefressene Paradegrantler, ein Mann der halben Sätze, die so gestottert und genuschelt sind, dass man zwar vor Lachen wiehert, aber sie kaum niederschreiben kann. Der Privatmann zeigt sich dagegen charmant, umgänglich und hellwach.

 

Sie sind seit Jahrzehnten Österreichs bester Export für Witz und Spaß – haben Sie denn heute schon gelacht?

Otto Schenk: Ich lach ja nicht so sehr, es sollen ja die anderen lachen: Ich nehme den Humor ziemlich ernst. Ich mag es nicht so aufdringlich: Die Leute sollen ja gerade über Schwächen lachen, da kann man nicht so übertreiben. Ich selbst bin nicht der Lacher, sondern der, der das Lachen erzeugt.

 

Sie sind Schauspieler und Regisseur – aber bestreiten einen ganzen Abend im Prinzregententheater nur mit einem Dirigenten und der Kammerphilharmonie Budapest. Wie kommt’s dazu?

Otto Schenk: Ich hab immer den Dirigierberuf bewundert und einen Zugang dazu gesucht, aber ich bin ja kein Dirigent, sondern ein Hörer der Musik. Der parodistische Weg war also das Schlupfloch zu meiner Sehnsucht, und da hat mir mein Freund Konrad Leitner, der den Abend begleitet und auch meisterhaft dirigiert, den Weg geebnet. Er hat mich dazu verführt und mich gelehrt. Von ihm kommt das Technische, das Parodistische von mir. Im ersten Teil lese ich sehr viel, im zweiten Teil trage ich dann ein Gedicht vor, ein Sonett von Werfel „Der Dirigent“. Und davon ausgehend dirigiere ich selbst das Orchester – über drei Stücke, und normalerweise gibt es dann gerade dafür einen donnernden Applaus . . . obwohl ich eben die Parodie eines Dirigenten bin.

In München halten einige Ihrer Inszenierungen Laufzeitrekorde – „Rosenkavalier“ seit 1972 und „La Bohème“ aus dem Jahr 1969 stehen noch immer auf dem Spielplan der Bayerischen Staatsoper – wie ist denn Ihr Verhältnis zu dieser Stadt?

Otto Schenk: Ich bin ein halber Münchner, mein Sohn ist hier geboren, ich habe viele wunderschöne Möglichkeiten in dieser Stadt erlebt. Vor allem natürlich zu inszenieren an der Oper, das Prinzregententheater ist auch total verwanzt mit meinen Arbeiten, in den letzten Jahren war ich da schon oft solistisch, aber auch nach dem Krieg haben wir dort geprobt. An den Kammerspielen habe ich die deutsche Renaissance von Horváth begründet, und ich war mit Brandauer am Residenztheater, habe hier sehr viel Fernsehen gemacht. Also, nicht, dass ich den Dialekt beherrsche, aber München war schon wahnsinnig lieb zu mir. Und ich liebe die Weißwürste und das Bier. Die „Schenkgrenze“ meiner Bekanntheit verläuft aber noch deutlich nördlich von München, meine ich.

 

Ihr Humor schließt auch den jüdischen Witz, zum Beispiel von Blau und Grün, ein – was man in Deutschland aus politischer Korrektheit heute nicht mehr oft hört. Sie sind katholisch, wurden aber als „Mischjude“ im Dritten Reich verfolgt. Dürfen Sie das denn? In Wien – und in München?

Otto Schenk: Diese negative Haltung gegen den jüdischen Humor finde ich gar nicht richtig. Ich habe mich einschlägig erkundigt – sogar bei der Kultusgemeinde! Ich spiele ja jiddische Charaktere mit ihren Schwächen und Lächerlichkeit, und die haben mir gesagt „Um Gottes Willen retten sie unseren Humor!“ Ich bin in einem Humor aufgewachsen, der ohne jüdeln gar nicht möglich ist.

 

Eine Ihrer Paraderollen ist „Die Sternstunde des Josef Bieder“ – dort muss der Requisiteur einspringen, weil etwas schiefgelaufen ist und bei ausverkauftem Haus gar keine Vorstellung angesetzt ist. Muss man denn am Samstag noch mit Überraschungen rechnen?

Otto Schenk: Nein, es wird losgehen, ich freu mich ja schon so drauf, die Musik blödeln zu dürfen. Ich kenne auch kein Lampenfieber, ich bin vor der Vorstellung eher müd’.

 

Das Interview führte Sabine Busch-Frank.