"Ich muss dem Seehofer eine SMS schicken"

07.06.2009 | Stand 03.12.2020, 4:54 Uhr

Weiterhin im EU-Parlament: Manfred Weber aus Wildenberg; hier bei der Stimmabgabe gestern.

Kelheim (DK) Es sind noch ein paar Minuten bis zur ersten offiziellen Prognose des Bayerischen Fernsehens, aber der Kelheimer CSU-Kreisvorsitzende, MdL Martin Neumeyer, hat das Ergebnis schon in der Tasche. Es wird reichen für die CSU. Per SMS hat er die gute Nachricht gerade erhalten.

Neumeyer sitzt mit dem JU-Kreischef Christian Prasch vor dem Fernseher in der Kelheimer Parteizentrale, wohin die Christsozialen zur "Schwarzen Wahlnacht" geladen haben. Die beiden sind allerdings allein. "Viele sind noch beim Auszählen", weiß Prasch. Die beiden zappen durch die Programme – auf der Suche nach Nachrichten aus den anderen EU-Staaten.

Party ohne Weber

Neumeyer erzählt von einer Begegnung mit dem italienischen Ministerpräsidenten, kommentiert die erschreckenden Ergebnisse der Europaskeptiker und populistischen Wahlkämpfer in Österreich. An der Wand hängt ein Plakat, das den niederbayerischen Kandidaten Manfred Weber aus Wildenberg zeigt. Der wird erst heute nach Kelheim kommen, den Wahlabend verbringt er in München.

Dann ist es soweit. Neumeyers Auguren hatten Recht. In der ersten Hochrechnung kommt die CSU im Freistaat auf 49,5 Prozent. Prasch, Neumeyer und Maximilian Schober, der mittlerweile eingetroffen ist, brechen in Applaus aus. Plötzlich schlägt Neumeyer die Hände vors Gesicht. 12,5 Prozent für die SPD. "Wahnsinn", entfährt es ihm. "Das gibt’s ja nicht. Die SPD ist am Ende."

Vor drei bis vier Wochen sei er noch skeptisch gewesen, gesteht Neumeyer, während die ersten Gäste ankommen. Renate Brunner von der Frauenunion und Armin Betz (JU) setzen sich zu Prasch vor den Fernseher. Im direkten Kontakt zu den Wählern habe er in den letzten Tagen vor der Wahl dann seine Zuversicht zurückgewonnen, erzählt Neumeyer. Die Stimmung sei merklich besser geworden. "Das ist der Erfolg von Horst Seehofer", ist sich der Abgeordnete sicher. Und das Ergebnis großer Anstrengungen in den vergangenen Wochen. Denn, so meint er: "Wir sind die einzigen, die wirklich Wahlkampf gemacht haben." Die SPD habe sich ihr schlechtes Ergebnis mit ihrer Negativkampagne dagegen selbst eingebrockt. Dem stimmt Prasch zu. "Die SPD ist keine Volkspartei mehr", sagt er immer wieder.

Jetzt sendet das Fernsehen die erste Hochrechnung. Kartoffeln, Spargelsalat und Schnitzel in Neumeyers Büro bleiben unangetastet, die Blicke richten sich auf den Bildschirm. Die bunten Balken im Wahldiagramm fliegen nach oben. Die guten Ergebnisse der CSU werden bestätigt, ebenso das Debakel für die SPD. Bei der Gewinn- und Verlustrechnung wird allerdings deutlich, dass auch die CSU im Vergleich zur Wahl 2004 verloren hat. Das sei zu erwarten gewesen, meint Neumeyer. "Die Stimmen haben FDP und Freie Wähler gekriegt", weiß Prasch. Der Wähler hätte der Partei damit eine Warnung zukommen lassen, interpretiert Neumeyer. "Passt auf, wir können auch anders", bedeute das im Klartext. Mit dem Ergebnis sei er allerdings "richtig glücklich". Nochmals lobt er den bayerischen Ministerpräsidenten und beschließt: "Ich muss dem Seehofer eine SMS schicken." Neumeyer zieht sein Handy aus der Tasche und tippt.

Synchroner Applaus

Im Fernsehen wird derweil durch die Wahlpartys der Parteien geschaltet. Um 18.27 Uhr erscheint Seehofer auf dem Bildschirm. "Die Christlich Soziale Union . . .", beginnt er in München den Satz, den Neumeyer in Kelheim synchron mit ihm vollendet – "ist wieder da." Spontaner Beifall bricht aus – in München und in Kelheim vor dem Fernseher.