Riedenburg
"Ich konnte vielen kleinen Leuten weiterhelfen"

Abschied vom höchsten Amt im Rathaus: Siegfried Lösch blickt zurück auf seine Zeit als Bürgermeister

03.05.2020 | Stand 02.12.2020, 11:26 Uhr
Bester Blick auf Riedenburg: Der Jachenhausener Berg ist einer der Lieblingsplätze von Siegfried Lösch in der Großgemeinde. "Hier bekomme ich einen freien Kopf", erklärte er im August 2014 gegenüber unserer Zeitung, als er Bilanz über seine ersten Monate als Bürgermeister zog. −Foto: Janda/Schmied

Riedenburg - Am Donnerstag hat Siegfried Lösch seinem Traumjob Lebewohl sagen müssen. Das Chefzimmer des Bürgermeisters im Rathaus ist geräumt, der Dienstausweis abgegeben und seine persönliche E-Mail-Adresse bei der Stadt Riedenburg gibt es nicht mehr. Es ist ein schmerzhafter Abschied für den 42-Jährigen. "Die Niederlage hat mich schlimm getroffen", sagt er. Bei der Stichwahl am 29. März fehlten ihm nur wenige Stimmen zur zweiten Amtszeit.

 

Bereits als Jugendlicher hatte der Siegi, wie ihn alle nennen und wie er vor der Stichwahl plakatiert hatte, beschlossen, dass er eines Tages Bürgermeister seiner Heimatstadt werden wollte. Die Initialzündung sei ein Besuch des Drittklässlers beim damaligen Bürgermeister Michael Schneider im Rathaus gewesen, wie er einmal erzählte. Er geht das Projekt Chefsessel im Rathaus bereits in jungen Jahren generalstabsmäßig geplant und zielorientiert an. Und er beweist dabei einen langen Atem. Aber Politik ist bekanntlich das Bohren dicker Bretter.

 

Natürlich wird die Junge Union die politische Heimat des aufstrebenden bayerischen Nachwuchspolitikers. Unzählige Stunden verbringt Lösch im Jugendtreff, sucht die Nähe zu jungen Menschen, übt sich in politischer Debattenkultur - und wirbt nebenbei Mitglieder für die JU. Die Mühsal der Graswurzelarbeit fürchtet Lösch nicht. Der Haidhofer stammt selbst aus einfachen Verhältnissen, er kennt die Nöte der kleinen Leute: "Die kommunale Ebene ist am nähesten am Bürger - auch wenn man leider nicht alle Wünsche erfüllen kann."

Sein Engagement trägt Früchte: Während andere Ortsverbände der CSU über Nachwuchsmangel und Überalterung klagen, sind derlei Probleme den Riedenburger Christsozialen unbekannt. Die CSU-Oberen erkennen sein Talent und seinen Fleiß. Lösch wählt auf dem Weg nach oben die Ochsentour. Er ist das blanke Gegenteil der Vom-Unihörsaal-ins-Amtszimmer-Politiker, die das wahre Leben nie kennengelernt haben. Er ist sich für keine ehrenamtliche Tätigkeit an der Basis zu schade, fungiert als Stadtführer für den Historischen Verein und gehört zahlreichen anderen Riedenburger Vereinen an. Bereits als 18-Jähriger kandidiert er erstmals für den Stadtrat.

 

Die CSU schätzt seinen Ehrgeiz und Gestaltungswillen. Lösch wird JU-Kreisvorsitzender und Landesdelegierter. Konsequent baut er sein Netzwerk gleichermaßen in Riedenburg, im Kreis Kelheim und im Überbau der Partei aus. So kennt er den heutigen CSU-Vorsitzenden und Ministerpräsidenten Markus Söder oder den EU-Spitzenpolitiker Manfred Weber bereits aus gemeinsamen fröhlichen JU-Zeiten, als diese ihren Marsch durch die Institutionen bis ganz an die Spitze starteten. Auch Lösch hat bereits in jungen Jahren begriffen, dass die CSU die Basis aller politischen Ambitionen ist.

Lösch lernt Einzelhandelskaufmann, bringt es später bis zum Leiter der Zulassungsstelle im Kelheimer Landratsamt. Sein eigentliches Ziel, das Riedenburger Rathaus, verliert er dabei nie aus den Augen. Sein Zeitplan ist perfekt. Er wird Mitte 30 sein, wenn Bürgermeister Michael Schneider im Jahr 2014 nach 30 Jahren Amtszeit in Ruhestand gehen wird. Im Jahr 2005 rutscht er als Nachrücker in den Stadtrat, nur drei Jahre später ist er bei der Kommunalwahl bereits Stimmenkönig. Die Belohnung ist das Amt des Vize-Bürgermeisters, das er mit gerade mal 30 Jahren übernimmt. Sein kommunalpolitischer Lehrmeister ist der "Boss", wie er Michael Schneider gerne respektvoll nennt. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Kommunalpolitikern, die mehr als eine Generation trennt, klappt reibungslos.

 

Dass der Bürgermeisterkandidat nur Lösch heißen kann, ist in der Riedenburger CSU unumstritten. Die Wahl 2014 gewinnt er mit deutlichem Abstand gegen Sandra Schmid von der Bürgerliste. Mit Elan nimmt er sich parallel vieler Aufgaben an. Er greift die überfällige Sanierung des Kindergartens Maria Schutz an, bemüht sich um neue Baugebiete und im alten Landratsamt um sozialen Wohnungsbau. Wenn es um das Abschöpfen von Leader-Geldern geht, kennt seine Kreativität bei der Entwicklung passgenauer Konzepte keine Grenzen. Den Rücken stärken ihm dabei seine beiden erfahrenen Stellvertreter Konrad Halbig (CWG) und Wolfgang Langer (CSU) sowie ein motiviertes Team im Rathaus. Diesen Begleitern während der vergangenen sechs Jahren zollt er zum Abschied ausdrücklich Lob.

Für Lösch ist der Begriff "Sozial" im Parteinamen CSU keine leere Worthülse: "Mein Ziel war immer, dass sich auch der Arbeiter ein kleines Häuschen leisten können muss." Bei Gratulationen anlässlich runder Geburtstage ist Lösch in viele Wohnzimmer gerade älterer Bürger gekommen. "Wir haben viele arme alte Leute in Riedenburg", lautet seine Erkenntnis. "Ich konnte vielen Menschen weiterhelfen, das hat meine Politik geprägt", sagt er in der Rückschau. Seine Bürgernähe manifestiert sich nicht nur in deutlich erweiterten Öffnungszeiten im Rathaus. Der Haidhofer führt Sprechzeiten ein, stellt aber bald fest, dass ihn die Riedenburger bei den vielen öffentlichen Terminen, wo er Präsenz zeigt, ohnehin ohne Scheu auf Probleme ansprechen.

In Riedenburg sei in den vergangenen Jahren viel vorangebracht worden, lautet sein Fazit. Lösch hofft, dass der künftige Stadtrat, dem neun neue Köpfe angehören, die vom alten Gremium angestoßenen Projekte vollendet. In den vergangenen Tagen habe er zahlreiche E-Mails von Bürgern erhalten, die ihm für seine Arbeit gedankt hätten, berichtet er. Auch deshalb habe er sein Stadtratsmandat angenommen und er will sich weiterhin, zum Beispiel in der Nachbarschaftshilfe, engagieren . "Fast die Hälfte der Bürger steht hinter mir", weiß er. "Das baut mich auf."

rat