Pfaffenhofen
"Ich hinterlasse keinen Scherbenhaufen"

Jochen Niemann überraschend nicht mehr Cheftrainer des FSV Pfaffenhofen

21.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:09 Uhr

Im gegenseitigen Einvernehmen getrennt: Jochen Niemann (stehend) und der FSV Pfaffenhofen gingen nun im Guten auseinander. Der 59-Jährige hätte jedoch eigentlich gerne weitergemacht. - Foto: M. Holscher

Pfaffenhofen/Schrobenhausen (SZ) Da hat der FSV Pfaffenhofen momentan nur drei Punkte Rückstand auf den Tabellenführer der Fußball-Kreisliga Donau/Isar 1, besitzt also eine fast ideale Ausgangsposition für das weitere Aufstiegsrennen - und trotzdem haben sich der Verein sowie sein Cheftrainer Jochen Niemann aus Schrobenhausen jetzt getrennt. Wieso das Ganze? Wie es der 59-Jährige betrachtet beziehungsweise was er in nächster Zeit vorhat? Wir sprachen mit ihm nun darüber.

 

Herr Niemann, können Sie der staunenden Öffentlichkeit kurz erklären, weshalb Sie jetzt nicht mehr FSV-Coach sind - trotz der zweifellos guten Ergebnisse, die Sie mit Ihrem Team in der bisherigen Saison einfuhren?

Jochen Niemann: Seit geraumer Zeit habe ich einige Spieler nicht mehr in dem Maße erreicht, wie es eigentlich erforderlich wäre. Dann weiß man ja, wie schnell das mitunter gehen kann - beziehungsweise wie rasch Unruhe aufkommt.

 

In einem so großen und sehr breiten Kader, wie ihn der FSV aktuell besitzt, ist es doch eigentlich völlig normal, dass es auch Unzufriedene gibt. Deswegen muss man ja die erfolgreiche Zusammenarbeit nicht komplett auflösen . . .

Niemann: Der Verein und ich haben uns, wenn auch sehr überraschend, ganz offiziell im gegenseitigen Einvernehmen getrennt. Natürlich hätte ich mit Gewalt weitermachen, mit Sanktionen gegen den einen oder anderen Spieler arbeiten können. Aber was soll das? Dazu hatte ich keine Lust. Ich bin immer noch der Ansicht, dass Fußball allen Beteiligten Spaß machen soll. Also setzte ich mich mit den Vereinsverantwortlichen zusammen - und gemeinsam kamen wir eben zu dem Entschluss, dass eine Trennung nun vielleicht das Beste wäre. Es wurde keine schmutzige Wäsche gewaschen, ich ging mit dem FSV Pfaffenhofen im Guten auseinander - und ich hinterlasse jetzt definitiv auch keinen Scherbenhaufen.

 

Nein, das tun Sie wahrlich nicht - wie der Blick auf das Zwischenklassement der Kreisliga Donau/Isar 1 bestätigt. Aber wenn Sie schon auf den Verein an sich kein böses Wort kommen lassen - sind Sie stattdessen zumindest sauer auf den einen oder anderen Spieler im Kader, der Ihre Entscheidung, dem FSV den Rücken zu kehren, anscheinend forciert hat?

Niemann: Zugegeben, von einem gewissen Personenkreis innerhalb des Kaders bin ich charakterlich schon enttäuscht. Ich hatte von Beginn an allen Spielern angeboten, Probleme unmittelbar unter vier Augen oder über die Spielführer sofort anzusprechen. Leider wurde diese Chance nicht von allen Akteuren wahrgenommen.

 

Sie waren seit dem Sommer 2015 in Pfaffenhofen tätig. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Niemann: In meiner ersten Saison dort, in der Spielzeit 2015/16, hatten wir einen großen Umbruch durchzuführen. Aber obwohl wir damals viele junge Akteure ins Team integrieren mussten, hatten wir trotzdem bis zum Schluss Kontakt zur Tabellenspitze und schafften sogar überraschend das Kunststück, in die Relegationsrunde zur Bezirksliga einzuziehen. Wir scheiterten dann zwar in zwei Partien an der Mannschaft des ST Scheyern - aber allein zum Rückspiel im FSV-Stadion kamen über 1400 Zuschauer. Ja, uns gelang es schon in der vergangenen Saison, einen schlafenden Riesen namens FSV ein klein wenig zu wecken. Und in der laufenden Spielzeit sieht es ja bekanntermaßen auch nicht gerade schlecht aus.

 

Nur Sie sind jetzt nicht mehr dabei. Fühlen Sie sich der Chance beraubt, die kompletten Früchte Ihrer Arbeit einzufahren - also den Traditionsklub hoch in die Bezirksliga zu führen?

Niemann: Es ist doch logisch, dass ich gerne weitergemacht hätte. Der aktuelle Kader wurde von mir so zusammengestellt, dass er in der laufenden Saison den Titel holen kann. Ja, dieser FSV muss 2016/17 eigentlich nach oben - damit sind wir auch immer offen umgegangen. Gut, ich gehöre nun nicht mehr dazu - aber so ist eben der Fußball, das muss man einfach so akzeptieren.

 

Die letzten Jahre vor Ihrer Zeit in Pfaffenhofen waren Sie ja ausschließlich im Nachwuchsbereich tätig gewesen . . .

Niemann: Stimmt. Ich war beim FC Augsburg zunächst Co-Trainer bei den U17-Junioren, anschließend Cheftrainer bei den U13- sowie U14-Junioren. Und nach meiner Tätigkeit am Lech arbeitete ich als Sportlicher Leiter bei der JFG Wittelsbacher Land.

 

Geht es für Sie jetzt, nach der Enttäuschung bei den Erwachsenen des FSV, eventuell zurück in den Nachwuchsbereich?

Niemann: Eher nicht. Bei den Senioren ist's trotz allem einfacher, da hat man zum Beispiel nicht so viel Ärger mit unsachlichen Eltern. Und wenn ich rein an meine Tätigkeit beim FC Augsburg denke: Das war fast schon ein Fulltime-Job. Und ich will doch nebenher auch noch Zeit für meine Familie haben.

 

Also sind Sie nun offen für eine neue Aufgabe als Erwachsenentrainer?

Niemann: Mir sind in den vergangenen Tagen tatsächlich schon die ersten Angebote auf den Tisch geflattert - und ich bin mir eigentlich auch ziemlich sicher, dass ich in naher Zukunft wieder etwas Interessantes machen werde.

 

In welcher Spielklasse?

Niemann: Das ist mir völlig egal. Es muss einfach passen, ich muss bei einem Verein und seinen Verantwortlichen einfach ein gutes Gefühl haben. Beziehungsweise ich muss den Eindruck besitzen, dass dort mit meiner Art zu arbeiten eine Menge möglich ist.

 

Und wo sind die aktuellen Angebote her?

Niemann: Das werde ich jetzt sicher nicht verraten (lacht). Nur so viel: Es sind sogar welche von Vereinen darunter, die momentan noch einen anderen Cheftrainer beschäftigen. Bei so etwas habe ich dann mächtige Bauchschmerzen, hiermit möchte ich nichts zu tun haben. Wenn Klubs geregelte Verhältnisse haben, dürfen sie gerne bei mir anrufen - ansonsten nicht.

 

Und wenn Sie dann plötzlich gar keine Offerten mehr auf dem Tisch hätten?

Niemann: Dann wäre es auch kein Problem, dann würde ich eben bis zum Sommer nichts im Trainergeschäft machen. Ich hätte dafür dann Zeit für die eine oder andere Weiterbildung beziehungsweise Hospitation in höherklassigen Vereinen.

 

Was tun Sie jetzt am Sonntag - an Ihrem Wochenende Nummer eins, an dem Sie nicht mehr FSV-Coach sind?

Niemann: Auf irgendeinem Fußballplatz wird man mich wohl schon finden, irgendein Spiel werde ich mir wohl schon anschauen. Wie heißt es so schön: einmal fußballverrückt, immer fußballverrückt. Man könnte ja meinen, dass man irgendwann zu alt für das Ganze wird. Bei mir ist jedoch genau das Gegenteil der Fall. Fußball hält mich jung - und das hoffentlich noch sehr lange.

 

Das Gespräch führte Roland Kaufmann.