Hilpoltstein
"Ich habe immer noch Konkurrenz"

Ehrenamtliches Trio vom Bewerbungstreff Hilpoltstein hilft Jugendlichen beim Einstieg in den Beruf

10.03.2019 | Stand 02.12.2020, 14:28 Uhr
Die Drei vom Bewerbungstreff: Helmut Reiter, Franka Elsbett und Peter Schön (von links) helfen ehrenamtlich Jugendlichen, die eine Lehrstelle suchen. Auch bei der Hilpoltsteiner Ausbildungsbörse sind sie dabei. −Foto: Kofer

Hilpoltstein (rok) Wer heute eine Lehrstelle sucht, hat gute Karten. Viele Betriebe suchen händeringend Auszubildende und präsentieren sich deswegen auf Messen und Ausbildungsbörsen wie am 16. März in Hilpoltstein. Trotzdem raten Franka Elsbett, Helmut Reiter und Thomas Schön vom Hilpoltsteiner Bewerbungs-treff , sich beim Einstieg in den Beruf gut vorzubereiten. Sie bieten jeden Dienstag ab 13 Uhr eine kostenlose Beratung vom Bewerbungsschreiben bis zum Vorstellungsgespräch. Auch auf der Hilpoltsteiner Lehrstellenbörse am Samstagvormittag ist das Team der Bewerbungshilfe vertreten.

"Der Kampf um die Azubis ist entbrannt", sagt Peter Schön, hauptberuflicher Versicherungsmakler aus Hilpoltstein. Die Firmen gingen vermehrt in die Schulen, sogar Unternehmen wie die Sparkasse, die sich vor wenigen Jahren kaum vor Bewerbern retten konnte, würden inzwischen diesen Weg gehen, um Jugendliche zu gewinnen. Krankenkassen und Versicherungen bieten in vielen Schulen Workshops zur Berufsorientierung an - oft allerdings aus reinen Imagegründen.

"Derartige Beratungshilfen hat es damals nicht gegeben", sagt Helmut Reiter. Mit "damals" meint der ehemalige Unternehmer die Gründungszeit des Hilpoltsteiner Bewerbungstreffs vor 15 Jahren. SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte gerade die umstrittenen Hartz-Gesetze eingeführt, in Deutschland gab es fast fünf Millionen Arbeitslose, doppelt so viele wie heute. "Deutschland war das Armenhaus Europas", sagt Peter Schön. Manchmal wären zehn und mehr Jugendliche vor dem Zimmer des Bewerbungstreffs gesessen, erinnert sich Reiter, der sich wie alle hier ehrenamtlich um die Jugendlichen kümmert. In manchen Jahren hätte man 250 Bewerbern geholfen. Wer eine Lehrstelle wollte, musste oft viele Bewerbungen schreiben und fing sich häufig Absagen ein.

Die Idee zum Bewerbungs-treff stammte von der inzwischen verstorbenen Edith Renelt, einer Diplom-Verwaltungswirtin von der Arbeitsagentur, wie das Amt damals hieß. Sie hatte 5000 Euro Fördergeld aus dem europäischen Sozialfonds als Startkapital für Computer und Büroeinrichtung organisiert. Die Caritas Begegnungsstätte in der Heidecker Straße stellte kostenlos ein Zimmer zur Verfügung. Als Bewerbungshelfer arbeiteten unter anderem Achim Rodarius, Heinz Ripka und Manfred Seitz.

Um das Angebot bekannt zu machen, ging der Bewerbungs-treff an die Schulen, hauptsächlich die Hauptschulen in Hilpoltstein, Heideck, Greding und Allersberg. Auch an der Hilpoltsteiner Realschule "waren wir gerne gesehene Gäste. Das Gefühl haben wir heute nicht mehr", sagt Helmut Reiter. Immer häufiger würden dort Krankenkassen und Finanzinstitute die Berufsberatung übernehmen. "Für die ist das Eigenwerbung, das ist ärgerlich", sagt Franka Elsbett. Denn deren Konzept eigne sich nicht für jeden Beruf, erklärt die gelernte Personalerin und frühere Ausbildungsleiterin bei Siemens. Jede Bewerbung müsse auf die Stelle und den Bewerber zugeschnitten sein.

Die Jugendlichen sollten deswegen am besten die Stellenanzeige, ihren Lebenslauf und ihre selbst geschriebene Bewerbung dabei haben, wenn sie zum Bewerbungstreff kommen - natürlich auf einem USB-Stick. Dann prüfe man, wie man die Bewerbung verbessern könne, sagt Peter Schön. Rund eineinhalb Stunden dauert ein erster Termin, bei dem auch geprüft wird, ob der Beruf wirklich zum Jugendlichen passt. Oft kämen die Mütter mit zum Gespräch. "Die schicken wir dann ins Café", erzählt Helmut Reiter. Denn Mütter würden zu gerne antworten, dabei sei der Nachwuchs gefragt. "Eine Bewerbung muss authentisch sein", sagt Peter Schön. "Made bei junger Mensch", ergänzt Franka Elsbett. Wer eine Lehrstelle bei einer Bank oder Versicherung anstrebt, sollte sich mindestens ein Jahr vor dem Berufsstart bewerben. Das gelte auch für große Firmen wie Leoni oder Siemens, sagt Elsbett. Bei kleineren Handwerksbetrieben müsse man nicht so früh dran sein.

War der erste Termin erfolgreich und es steht ein Vorstellungsgespräch an, gehen die Bewerbungshelfer so eine Situation durch, machen auf Stolpersteine aufmerksam und geben wichtige Tipps. "Mein erster Blick geht immer auf die Schuhe", erklärt Franka Elsbett zum Beispiel. Seien die geputzt, könne der Bewerber auch sonst Ordnung halten. Aber man kann es mit dem Outfit auch übertreiben, erzählt Helmut Reiter. Als einmal ein Bewerber bei jedem Vorstellungsgespräch durchgefallen sei, habe ihn Edith Renelt zu sich zitiert und zwar genauso, wie er immer angezogen war. Dabei stellte sich heraus, dass der junge Mann schwarze Lackschuhe trug. Renelt verbot ihm die Lackschuhe, dann klappte es mit der Lehrstelle.

Wichtig ist auch, wie man sich im Gespräch verkauft. Wer nach seiner Ausbildung weiter auf die Schule will oder ein Studium beginnen möchte, sollte das vielleicht nicht an die große Glocke hängen, weil Betriebe dann ihren Auszubildenden gleich wieder los sind, warnt Peter Schön.

Das wichtigste bei einer Bewerbung sei allerdings, dass der Jugendliche "davon überzeugt ist, da will ich hin", sagt Franka Elsbett. Denn eine Lehre sei der erste Schritt auf einem sehr langen Weg. Beim richtigen Start sei der Bewerbungstreff auch heute noch wichtig, findet Elsbett. "Denn die Konkurrenz ist immer noch da. Und die Chancen, den gewünschten Ausbildungsplatz zu bekommen, sind mit einer guten Bewerbung einfach wesentlich größer." Und noch immer gilt das Motto des Bewerbungstreffs: "Ausbildung schützt vor Arbeitslosigkeit."