Buch
"Ich bin ein absoluter Demokrat"

Paul Kammerer aus Buch sitzt seit 31 Jahren im Ehekirchener Gemeinderat - Parteiübergreifender Zusammenhalt ist ihm wichtig

28.05.2021 | Stand 31.05.2021, 3:34 Uhr
Seit mehr als drei Jahrzehnten ist Paul Kammerer Teil des Gemeinderats in Ehekirchen. −Foto: Budke

Buch -Mehr als drei Jahrzehnte ist Paul Kammerer Mitglied im Gemeinderat von Ehekirchen.

Sachpolitik machen ohne parteipolitische Grenzen, das findet er wichtig und das macht ihm noch immer Spaß, auch wenn manches schwieriger geworden ist in der Kommunalpolitik.

"Es war früher eine Ehre, wenn man gefragt worden ist", blickt der gebürtige Bucher auf den Beginn seiner Zeit im Gemeinderat zurück, "da hat man nicht ?Nein' gesagt. " 23 Jahre alt war er, als er kurz nach der konstituierenden Sitzung als Ortssprecher im Gremium aufgenommen wurde. "Ich war in den Vereinen aktiv", nennt er einen Grund, warum man an ihn bei der Besetzung des Amtes gedacht hatte.

Ein wenig ist er wohl auch familiär geprägt: Sein Großvater Michael Kaiser aus Bonsal war von 1945 bis zur Eingemeindung 1975 Bürgermeister. Seine Schwester "ist auch in die Schiene eingestiegen" und Geschäftsführerin in einer Gemeindeverwaltung. "Das hat es damals nicht oft gegeben, dass ein so junger Bursche im Gemeinderat war", sagt er und findet es völlig in Ordnung, dass das heute anders ist: "Auf die gute Mischung kommt es - Junge haben viele Ideen und die Älteren bringen Erfahrung und Wissen über bisherige Entwicklungen mit. "

Als Ortssprecher sei man damals nicht so gefordert gewesen wie heute, das konnte er gut neben der Arbeit und dem Engagement in der Vereinen schaffen. Im Burschenverein war er früher sehr aktiv, bei der Feuerwehr hat er inzwischen vom aktiven zum passivem Mitglied gewechselt: "Die Zeit habe ich einfach nicht mehr. " Als die sechs Jahre als Ortssprecher zu Ende gingen, "da war ich mit 29 Jahren schon reifer und habe gesagt, ich mache Gemeinderat". Seine Stimmenzahl sei seitdem immer konstant mit Tendenz nach oben gewesen, weiß er, obwohl er nie "die große Wahlwerbung gemacht hat". Das hat verschiedenen Gründe: "Der Wahlkampf macht mir keinen großen Spaß - der Aufwand wird immer größer und es wird immer mehr ein Gegeneinander. " Das sieht er kritisch, weil man ja später im Gemeinderat wieder gemeinsam und sachlich daran arbeiten muss, Themen voranzubringen: "Ich möchte keine Ideologie vertreten, sondern sehe die Gemeinde als Unternehmen. "

Bei allen Projekten, die auf der Tagesordnung standen und zukünftig stehen werden, werden seine Entscheidungen von einem Gedanken getragen: "Beim Bürger muss eine Kaufkraft verbleiben und er soll so wenig wie möglich mit Kosten belastet werden. " Das sei für kleine Gemeinden manchmal sehr schwierig, denn die staatlichen Vorgaben sind beständig gewachsen: "Die Abwasserwirtschaft ist viel komplizierter geworden", nennt Kammerer ein Beispiel mit ganz konkreten Auswirkungen: "Die Finanzierung der Kläranlage nimmt einen großen Teil der Kaufkraft der Bürger weg. " Trotzdem macht ihm die Arbeit im Gemeinderat noch immer Spaß: "Man muss sich vorbereiten, aber ich habe inzwischen viel Erfahrung und Grundwissen. " Das bringt er gern ein und findet es wichtig, dass das Gremium die Einwohnerstruktur der Gemeinde widerspiegelt: "Man muss alle Berufsgruppen dabei haben, die Generationen und die Geschlechterverteilung gut abdecken. " Aus diesem Grund war es ihm vor der letzten Wahl ein Anliegen, auf eine Frauenquote zu achten: "Das habe ich mitverantwortet", betont der 54-Jährige.

In 31 Jahren Gemeinderatstätigkeit hat er selbst natürlich auch manches dazugelernt: "Früher war ich vielleicht nicht so zufrieden, wenn eine Entscheidung nicht so ausfiel, wie ich es mir gewünscht hätte" sagt Kammerer und fügt hinzu "aber heute kann ich auch damit gut schlafen - ich bin ein absoluter Demokrat. "

Mit parteiübergreifendem Zusammenhalt könne man gute Sachpolitik machen. Leider fehle im Moment aufgrund Corona der direkte Kontakt zu den Bürgern, "andererseits hat man dann auch wieder weniger Freizeit, weil man auf Veranstaltungen gehen muss", sagt er und lacht. Schließlich ist seine freie Zeit sowieso eher knapp: Seine zwei Kinder sind zwar inzwischen im jungen Erwachsenenalter, aber "für die Arbeit im Gemeinderat muss man viel Zeit opfern, die sonst der Familie gehören würde". Er ist überzeugt: "Das ist Leidenschaft, dafür muss man geboren sein, aber das geht nur, wenn die Familie dahintersteht. " So hat er mit seiner Frau bei den vergangenen Wahlen immer abgesprochen, ob eine weitere Kandidatur in Frage kommt: "Das fordert so viel Engagement und auch Termine, wo sie vielleicht mal mitgehen muss. "

Für eine aktive Vereinstätigkeit bleibt da kaum Freiraum - bis auf seine Tätigkeit für die Kirchenverwaltung: Seit 2013 ist Paul Kammerer Kirchenpfleger in Buch und hat seitdem die Renovierung der St.-Michael-Kirche federführend umgesetzt. Da kann man andere Hobbys nur begrenzt ausüben: "Radfahren, Skifahren - ja, aber nicht in dem Umfang, wie andere das vielleicht machen. " Schließlich ist in den vergangenen Jahrzehnten auch der Sitzungsumfang gewachsen, die Vorbereitung wird mehr, es steht eine immer größere Masse an Informationen zur Verfügung und spätestens sonntags müsse man sich damit beschäftigen: "Die Zeit ist begrenzt", sagt Paul Kammerer, "aber unvorbereitet kann man in keine Sitzung gehen. "

DK