Ingolstadt
"Ich bin auf den Hund gekommen"

19.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:10 Uhr

Michael Heltau nutzte die Stippvisite in Ingolstadt auch, um seine Schwester Heidi zu treffen. - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Einen "älteren Herren" stellt man sich anders vor. Michael Heltau jedenfalls erfüllt das Klischee nicht: Schlank, sportlich in Jeans, wirkt er energiegeladen und versprüht gute Laune. "Ich bin auf den Hund gekommen", schmunzelt der prominente Schauspieler und Chansonnier.

Die neue Mitbewohnerin im Hause Heltau heißt "Senta", eine Leonberger-Hündin, die er aus dem Tierasyl geholt hat, und die ein passendes Transportmittel braucht. Deshalb kam der Wahl-Wiener diese Woche zum Autotausch nach Ingolstadt, in seine Geburtsstadt. Seit 1968 ist der 76-jährige Burgschauspieler Kunde beim Autohaus Praunsmändtl. "Ohne mich gäb es Mercedes längst nicht mehr", scherzt er. Und: "Sogar der Schumi ist ja zu Mercedes zurückgekehrt." Heltaus Autos sind immer weiß, und immer stehen seine Initialen MH in der Mitte des Kennzeichens. Für "Senta" aber hat er den Sportcoupés abgeschworen und ist auf den Kombi umgestiegen.

Seinen Boxenstopp in Ingolstadt hat Michael Heltau zwischen Verhandlungen in München und einer Joseph-Roth-Lesung in Waldshut eingelegt. Heltau ist gefragt: "Im Herbst werde ich mit meinem Programm in München auf der Bühne stehen. Vermutlich im Prinzregententheater". Im Schlossparktheater in Berlin ist Shaws "Geliebter Lügner" mit Nicole Heesters geplant. Und im Mai steht an der Wiener Hofburg die Premiere seines neuen Programms "I brauch kaan Pflanz" – in Anlehnung an den Titel eines typischen Wienerlieds – an. Mit den Wiener Theatermusikern hat er sich das Konzept erarbeitet.

"Ich habe das große Glück, dass ich in einem Beruf arbeite, in dem man nicht in Pension gehen muss. Solange man körperlich und geistig bei guter Kondition ist, und es Spaß macht", sagt Heltau. Die Nachfrage stimmt auch immer noch. Nur schauspielern will er nicht mehr. "Das habe ich lange, auf großen Bühnen und wirklich gerne gemacht. Aber ich will nicht mehr auftreten als ein anderer als der ich bin." Er hat also die Theaterform gewechselt. Das Ergebnis scheint ihm Recht zu geben, blickt er doch für 2009 unter anderem auf 25 ausverkaufte Vorstellungen seines letzten Programms "statt zu spielen" im Wiener Burgtheater zurück.

Ein leichtes Stirnrunzeln zeigt sich bei der Frage nach Ingolstadt. Heltau muss und will sich niemandem aufdrängen. Vor einiger Zeit hatte er eine Anfrage aus dem Kulturamt in Ingolstadt. Ob er für ein Marie-Luise-Fleißer-Projekt zu haben wäre. "Ich habe sofort Ja gesagt. Auch weil ich die Fleißer sehr schätze", sagt der erfolgsverwöhnte Bühnenmensch. "Aber dann habe ich nichts mehr aus Ingolstadt gehört."

Es ist also eher eine familiäre Verbindung, die sein Verhältnis zu Ingolstadt prägt: Seine jüngere Schwester Heidi lebt hier. "Ab und zu melden sich auch frühere Schulfreunde, die gerade Wien besuchen, und die mich sehen wollen." Darüber freut er sich.

Wenig entzückt, eher entsetzt ist Heltau aber, wenn er sich die Veränderungen im Stadtbild vor Augen führt. Jener Stadt, in der er seine Jugend verbracht hat. Dem neuen Rathaus hat er schon einmal den Charme eines "Elektrizitätsumspannwerks" attestiert, beim Platz davor sah er "wild gewordenen Provinzialismus" am Werk. Und was hält er aktuell vom Abriss des Nordbahnhofs, von Plänen, Teile des Glacis zu bebauen, historische Gebäude auf dem Gießereigelände abzureißen? Was davon, dass es keine Altstadtkinos mehr gibt? Es fällt das Wörtchen "schauerlich". Heltau: "Ich kann verstehen, dass aus der Nachkriegsnot bis 1960 viel Unsinn gebaut worden ist. In der jetzigen Zeit gibt es dafür absolut keinen Grund, solche Sünden zu begehen. Das ist Spekulation, die sich hoffentlich bitter rächt. Aber ich vertraue darauf, dass es in Ingolstadt, wie in anderen Städten auch, genügend Menschen verschiedensten Alters gibt, die sich zu wehren wissen. Der Heltau ist dabei!"