Titting
Hungerbrunnen braucht Regen oder Schmelzwasser

Karstquellen nahe Morsbach sind genauso faszinierend wie empfindlich - Ränder werden schnell zerstört

03.02.2021 | Stand 23.09.2023, 16:50 Uhr |
Thomas Schmidt
Der Quelltopf ist ein faszinierendes Schauspiel der Natur. − Foto: Schmidt

Titting/Morsbach - Wenn wegen der Corona-Pandemie die Reiselust der Bürger erzwungenerweise gedämpft wird, dann wird Sehenswertes vor Ort wieder interessanter.

Eigentlich gehört das sich von Morsbach bis Esselberg im Landkreis Roth schlängelnde Tal des offiziell Esselbergbach genannten Bächleins ohnehin zu diesen Sehenswürdigkeiten. Ist doch am oberen Ende des Tales ein Geotop zu entdecken. Hier handelt es sich um einen Aufschluss der Jurafelsformationen an einer Böschung und einem kleinen ehemaligen Steinbruch.

Nach den Regenfällen und der damit verbundenen Schneeschmelze war am Wochenende im Tal eine weitere Besonderheit zu entdecken, die eher Seltenheitswert hat. In dem Trockental tauchten fast zwei Dutzend sogenannte Karstquellen auf. Die eindrucksvollste dieser Karstquellen ist als Quelltopf ausgebildet. Trockenliegend hat er die Form eines Vulkankraters mit gut zwei Meter Durchmesser. In Spitzenzeiten sprudelten allein aus dieser einen Quelle geschätzt fast 200 Liter Wasser pro Sekunde weiter in Richtung Tal. Von diesen Fluten werden dann kleinere, manchmal nur handtellergroße Quellaustritte überdeckt.

Bei so ergiebigem Wasserzufluss kann man viele von diesen in Augenschein nehmen. Eine dieser periodischen Karstquellen tritt direkt unter der geschotterten Ortsverbindungsstraße Morsbach-Esselberg, die nur im steilsten Bereich geteert ist, auf. Zudem tauchen am östlichen Hangfuß ebenfalls periodisch einige Quellen aus Felsspalten und Ritzen auf. Diese führen nur nach der Schneeschmelze oder nach eher selten vorkommenden, längeren Regenperioden Wasser.

Während die Attraktivität des Tales unbestritten ist, ist die Benennung desselben einigermaßen unklar. Offiziell unter dem Namen Esselbergbach geführt, verwendet vor Ort niemand diese Bezeichnung. Gredings verstorbener Chronist Ottokar Wagner benannte ihn als Esselbach, von Etzelbach oder der früher vermuteten "Atzelburg" hergeleitet. In Morsbach wird er als Hainbach oder Mühlbach bezeichnet und manche Esselberger benennen das Bächlein als Morsbacher Wasser. In Morsbach fließt er dann Richtung Emsing, um dort in die Anlauter zu münden. Karstquellen sind im Juragebiet eigentlich keine Seltenheit, so vollkommen naturbelassene periodische Quellen wie den "Brotzel" zwischen Esselberg und Morsbach gibt es im ganzen Jura aber kaum mehr zu finden. Wer auf die Suche nach solchen im Volksmund auch "Hungerbrunnen" genannten Quellen geht, dem bleiben immer nur wenige Tage nach starken Niederschlägen. Das Tal mit den beweideten Hängen ist jedoch bei jedem Wetter einen Spaziergang wert. Zudem liegt der Abschnitt vom Geotop bis Morsbach auf dem Jakobsweg, der von Nürnberg bis nach Eichstätt führt.

Am Wochenende war im Tal Hochbetrieb an Besuchern, die dieses Naturschauspiel sehen wollten. Leider werden hier die Probleme dieses Lokaltourismus deutlich. Nicht nur, dass alle möglichst nahe zu den Quellen fahren wollen. Einige konnten es sich nicht verkneifen für Fotos den Rand des Quelltopfes zu betreten und damit dessen Zerstörung in Kauf zu nehmen.

Werden aus dem Rand des sich über Jahrhunderte gebildeten Quelltopfes Stücke herausgebrochen oder wird versucht, den Rand mit Steinen selbst zu gestalten, so ist der gleichmäßige Ablauf unterbrochen. Dann besteht die Gefahr, dass sich Gräben ausbilden und die einzigartige Form des Quelltopfes zerstört wird. Mit wenigen Metern Abstand lässt sich die Quelle trotzdem wunderbar beobachten ohne sie zu zerstören.

EK

Thomas Schmidt

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