Hürden auf dem Weg nach Eichstätt

13.08.2009 | Stand 03.12.2020, 4:44 Uhr

Thalmässing (HK) Acht Kinder aus der Großgemeinde Thalmässing werden ab 15. September weiterführende Schulen in Eichstätt besuchen. Das Problem: Von Thalmässing aus führt dorthin keine öffentliche Linie.

Renate Pauckner und Antje Heidrich malen ein Horrorszenario: Gerade mal zehn Jahre alte Kinder müssen um 6.10 Uhr in der Früh in den Bus einsteigen und kommen kurz nach 19 Uhr in Thalmässing wieder an, weil der Bus nach Eichstätt über Greding fährt und nicht die wesentlich kürzere Strecke über Großnottersdorf nimmt.

Nicht ausblenden

Bernd Krämer vom Landratsamt in Roth kann diese Aufregung nicht verstehen: Die Eltern hätten vom ersten Gespräch an Ende April gewusst, dass die Schulbusbeförderung nach Eichstätt schwierig wird. "Wenn ich eine weiterführende Schule für mein Kind aussuche, darf ich die Schülerbeförderung nicht ausblenden." Das aber hätten, so Krämers Darstellung, diejenigen Eltern getan, die ihre Kinder am Gabrieli-Gymnasium in Eichstätt und an der Knabenrealschule Rebdorf sowie der Mädchenrealschule Maria Ward angemeldet hätten, weil dort Zweige angeboten werden, die es in Landkreisschulen nicht gibt.

Das nächste musische Gymnasium steht im 40 Kilometer entfernten Schwabach. "Wenn die Kinder dorthin wollen, müssen sie um 6.37 Uhr in Thalmässing wegfahren", schildert Renate Pauckner. Das wäre an sich nicht schlimm, allerdings müssen die Kinder auf ihrem Weg nach Schwabach dreimal umsteigen und kommen trotzdem jeden Tag mindestens fünf Minuten zu spät zum Unterricht. Dreimal umsteigen und dann noch regelmäßig zu spät kommen – nach Ansicht von Renate Pauckner nicht zumutbar für Fünftklässer.

Das Gabrieli Gymnasium in Eichstätt erscheint ihr und vier weiteren Mitstreitern – ein Kind ist im Internat angemeldet – als die bessere Lösung. Zumal das Gymnasium auch noch eine Tagesheimbetreuung mit einer Fachkraft anbietet. "Für das Gymnasium müsste der Landkreis auch keinen Gastschulbeitrag bezahlen, weil es dem Freistaat gehört", so Pauckner.

Die Frage, ob ein Gastschulbeitrag fällig wird oder nicht, spielt bei der Entscheidung über die Schülerbeförderung aber keine Rolle, so Bernd Krämer. Bezahlt wird die Fahrt zur nächstgelegenen Schule, wobei das nicht die 30 Kilometer von Thalmässing entfernte in Eichstätt ist, sondern laut Gesetz die, die mit dem geringsten Beförderungsaufwand erreichbar ist. Und das ist das Gymnasium in Schwabach, weil dorthin öffentliche Linien führen.

Enttäuschung über Absage

Die Eltern der betroffenen Kinder haben in den vergangenen Monaten alle Hebel in Bewegung gesetzt, um eine Busverbindung von Thalmässing nach Großnottersdorf zu bekommen. Von dort fährt nämlich regulär die Regionalbus Augsburg GmbH (RBA) nach Eichstätt. Die machte den Eltern auch große Hoffnung, dass sie eine Linie zwischen Großnottersdorf und Thalmässing einrichtet. Die Hoffnung war so groß, dass sogar der Schulleiter des Gabrieli-Gymnasiums, Andreas Margraf, Ende Mai die Busverbindung als gegeben annahm. Umso größer war die Enttäuschung für die Eltern, als die RBA Ende Juli, kurz vor Ferienbeginn, absagte. Die Eltern klopften bei verschiedenen Busunternehmen an, doch keines hatte Interesse, hier eine Linie einzurichten. "Wenn erst einmal eine Linie besteht, werden bestimmt noch mehr Eltern ihre Kinder in Eichstätter Schulen anmelden", ist Antje Heidrich überzeugt.

Auch Bürgermeister Georg Küttinger hat mit Busunternehmern Gespräche geführt. "Die Kosten waren überall gleich. Pro Fahrt 25 Euro, das macht bei einer Fahrt am Morgen und drei Heimfahrten 100 Euro am Tag", rechnet er vor. Das ist dem Landratsamt zu teuer, vor allem, weil es ab September eine öffentliche Linie von Thalmässing nach Greding gibt. Und von dort fährt ein Bus über Großnottersdorf nach Eichstätt.

Bei dieser Linie müssen die Kinder um 6.10 Uhr am Marktplatz in Thalmässing einsteigen, zu früh, finden die Eltern. Der Bus in Großnottersdorf fährt erst um 6.49 Uhr ab. Dem hält Bernd Krämer entgegen, dass die Kinder zuvor erst nach Großnottersdorf gebracht werden müssten, so dass der Zeitunterschied am Morgen gewaltig schrumpfe.

Betrifft nur Tagesheim

Und bei den Heimfahrten gebe es, so Krämer, große Unterschiede: Nur die Kinder, die am Gymnasium das Tagesheim besuchen, kommen erst kurz nach 19 Uhr in Thalmässing an. "Das betrifft die Realschüler nicht, weil die früher Schluss haben." Deswegen, so Krämer, würden auch einige Eltern die Busverbindung über Greding nach Eichstätt akzeptieren.

Nur für die Gymnasiasten, die auch das Tagesheim besuchen, werden vom Landkreis überhaupt die Kosten für die Schülerbeförderung übernommen. "Das Tagesheim unterscheidet das Eichstätter vom Schwabacher Gymnasium". Und dieser Unterschied ist die Voraussetzung für die Kostenübernahme. Bei den Realschulen verhält sich das anders, weil deren Zweige nicht von einer näher gelegenen Schule angeboten werden.

"Es ist höchst risikoreich, was sie tun", hatte Krämer die Eltern ermahnt. "Sie müssen damit rechnen, dass sie selbst einspringen müssen." Eine Verpflichtung zur Errichtung von zusätzlichen Linien im Rahmen des ÖPNV bestehe für den Landkreis nämlich nicht. Ihre Kinder mit dem Auto nach Großnottersdorf zu fahren, erscheint den Eltern nicht realisierbar. Sie möchten einen Bus von Thalmässing nach Großnottersdorf und würden dafür auch die Differenz zu anderen Möglichkeiten selbst bezahlen. Einem Ergebnis möchte Bernd Krämer nicht vorgreifen. Er muss erst einmal darauf warten, dass er die Erfassungsbögen der Schulen mit dem Antrag auf Ausstellung von Wertmarken bekommt. "Die müssten längst vorliegen." Erst wenn er weiß, ob und wenn ja wie viele Kinder das Tagesheim in Anspruch nehmen, kann er eine Entscheidung über die Kostenübernahme treffen. "Dass der Landkreis gar nichts zahlt, kann ich mir aber nicht vorstellen."