Pfaffenhofen
"Horrorerlebnis" an den Gleisen

Fehlende Infos und Sicherheitspersonal der Deutschen Bahn bringen Heinz Karl Kraus zur Verzweiflung

19.03.2013 | Stand 03.12.2020, 0:22 Uhr

Pfaffenhofen (PK) Klagen über mangelhaften Service bei der Deutschen Bahn sind keine Seltenheit. Für Heinz Karl Kraus aus Reichertshausen endete nun eine Geschäftsreise nach Hannover noch bevor sie am Pfaffenhofener Bahnhof begonnen hatte. Der 75-Jährige spricht nun von einem „Horrorerlebnis“, das ihn künftig von „den Zügen der Bahn weit, weit entfernt halten“ sollte.

An sich wollte Kraus um 12.05 Uhr in den Regionalexpress nach Ingolstadt steigen, um dort rechtzeitig den Schnellzug in die niedersächsische Landeshauptstadt zu erwischen. Soviel vorneweg: Aus der entspannten Fahrt wurde nichts, letztlich verpasste der Reichertshausener den Anschlusszug und musste den Geschäftstermin verschieben. Diese Tatsache allein ist zwar ärgerlich, hätte ihn aber noch nicht dazu gebracht, sich ernsthaft und öffentlich zu echauffieren. „Viel schlimmer war aber die Behandlung durch das angebliche Sicherheitspersonal am Bahnsteig“, kommt er zum Punkt.

Los ging das Drama bereits mit der Suche nach dem richtigen Gleis. Aufgrund der Bauarbeiten fuhr der Zug in Richtung Norden nämlich nicht wie üblich auf Gleis drei, sondern auf Gleis zwei ab – und daher musste der 75-Jährige gleich zweimal die beschwerlichen Treppen hinauf-, hinab- und dann wieder hinaufgehen. „Da gibt es kein Schild, keinen Hinweis, keine Durchsage – das kann doch nicht sein“, regt er sich auf. Noch schlimmer sei die Tatsache gewesen, dass der Zug zwar einige Minuten Verspätung hatte, am Bahnhof aber weder ein Hinweis angebracht, noch eine Durchsage zu hören gewesen sein soll. Die Bahn dementiert: „Während der Baumaßnahmen werden die Reisenden am Bahnhof über die Gleisänderungen und Behinderungen informiert“, verlautet ein Bahnsprecher. Es seien Aushänge im gesamten Bahnhofsbereich verteilt worden – etwa an Vitrinen, Wetterschutzhäuschen und im Warteraum. „Es gibt auch immer wieder Durchsagen, und in den ausgehängten Fahrplänen sind die Gleisänderungen berücksichtigt“, fügt der Sprecher an.

Kraus hat davon nichts mitbekommen. Er ging vielmehr davon aus, schon etwas in Verzug zu sein, als er an der Plastikkette, die Gleis zwei abschirmte, ankam. Der Senior wurde leicht nervös – und entschied sich dazu, unter der Kette durchzuschlüpfen, um direkt am Gleis zu warten. Den angebrachten Hinweis, dass er nicht zu den Gleisen dürfe, solange die Kette hänge, ignorierte er bewusst. „Ich dachte, sie haben sie vergessen. Es war niemand da. Und ich musste ja zum Gleis“, rechtfertigt er sich.

Die Bahn sieht das völlig anders. „Da auf diesem Gleis Züge mit bis zu 160 Stundenkilometer durchfahren, bestehen während der Baumaßnahmen gewisse Sicherungsmaßnahmen“, sagt der Bahnsprecher. Der Zugang zum Bahnsteig wurde mit einer Kette und dem Hinweisschild „Durchgang verboten“ aus Sicherheitsgründen gesperrt. „Diese Kette wird erst nach Einfahrt des Zuges durch unser Sicherheitspersonal geöffnet.“

Allerdings zeigte genau dieses Sicherheitspersonal, das wenige Minuten später bei Heinz Karl Kraus vorstellig wurde, kein Verständnis für die Sorgen des Fahrgasts. Zwei Männer untersagten Kraus, an den Gleisen zu warten. Sie forderten ihn auf, zurück zur Kette zu gehen, dort zu warten, bis diese entfernt würde, und dann wieder zum Gleis zu gehen. „Das wären nur fünf Meter gewesen. Aber sie waren so unfreundlich, dass ich mich nicht fügen wollte“, sagt der 75-Jährige. Daraus entstand der Streit, der immer weiter eskalierte. Beide Seiten alarmierten die Polizei, Kraus wurde ein künftiges Zutrittsverbot zum Bahnhof angedroht. „Außerdem wollten mich die Männer nicht mehr gehen lassen. Sie wollten mich festnehmen – dabei konnten sie mir nicht mal einen Ausweis zeigen, dass sie befugt sind.“

Die Uniform hätte also offenbar als Legitimation reichen sollen. Und das wollte Kraus nicht einsehen. In der Zwischenzeit kam nicht nur die Polizei, um die Streithähne zu schlichten. Auch der Zug war längst eingefahren, hatte gehalten, gewartet – und seine Fahrt nach Ingolstadt fortgesetzt. Heinz Karl Kraus war nicht an Bord, sondern ließ sich von einer Mitarbeiterin mit dem Auto nach Ingolstadt fahren. Schnell genug war er nicht. „Den Schnellzug nach Hannover habe ich durch den Vorfall verpasst“, fügt er an. Seinen Geschäftstermin auch.

Gefallen wollte sich der Reichertshausener die Umstände nicht lassen. Er beschwerte sich schriftlich beim Kundencenter der Bahn, das seine Anfrage nach Rosenheim weitergeleitet hat. „Die Antwort warte ich ab, und hoffe sehr auf eine deutliche Entschuldigung“, sagt er. Parallel dazu hat er einen befreundeten Anwalt eingeschaltet, mit dem er nun klären will, ob er auch mögliche Schadenersatzforderungen geltend machen kann. Die Bahn hat durch das Vorgehen der Sicherheitsleute jedenfalls einen Kunden verloren. „Das wäre nicht nötig gewesen. Etwas Fingerspitzengefühl, etwas mehr Service – das kann doch von einem Dienstleister nicht zu viel verlangt sein“, sagt Kraus.