Kösching - Seit Bekanntwerden der Pläne für das Holzheizkraftwerk in Kösching herrschen Zweifel an der Umsetzbarkeit eines Fernwärmenetzes, von dem die Kommune profitieren könnte. Christoph Vögerl, zuständig für die Erstellung des digitalen Energienutzungsplans im Landkreis Eichstätt, hat eine klare Meinung: "Das Projekt des Fernwärmenetzes sollte man auf jeden Fall weiterverfolgen."
Für Christoph Vögerl kam der Zeitpunkt zur Prüfung der Umsetzbarkeit einer Fernwärmeleitung vom Grundstück des geplanten Holzheizkraftwerks von Prolignis zwischen TAL und Gunvor aus bis Kösching und Lenting günstig: Im Auftrag des Landkreises erstellt der Mitarbeiter des unabhängigen Instituts für Energietechnik an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Amberg-Weiden den digitalen Energienutzungsplan. "Eine umfassende Energiebilanz für alle Kommunen" nennt das der Projektleiter. Im Austausch mit den Bürgermeistern erstellt das Institut einen Maßnahmenkatalog mit konkreten Vorschlägen für jede Gemeinde, wo Energie eingespart werden oder erneuerbare Energien zum Einsatz kommen könnten. "Einzelne Maßnahmen werden detailliert betrachtet, auch das Fernwärmenetz", erläutert Vögerl seine Aufgabe.
Das Prolignis-Projekt kam erst nach dem Startschuss für den Energienutzungsplan im Oktober ins Spiel. Mit dem Holzheizkraftwerk soll vor allem Audi mit Wärme versorgt werden. Doch offenbar sind ausreichend Kapazitäten vorhanden, um Kösching und Lenting an ein Wärmenetz anschließen zu können. Der Ingolstädter Energieversorger hat dem Institut Daten zur Prüfung übermittelt. "Prolignis könnte Wärme mit 85 Grad Celsius zur Verfügung stellen", berichtet Vögerl. "Für uns sind damit die technischen Voraussetzungen schon einmal gegeben."
Die Fernwärme sei außerdem aus ökologischer Sicht nicht nur sehr hochwertig, weil sie aus Biomasse produziert werden soll ("Wer da anschließt, kann Fördermittel generieren."), sondern auch noch günstig: "Prolignis will Wärme für zehn Euro pro Megawattstunde anbieten", weiß Vögerl. "Es geht also nicht unbedingt ums Geldverdienen, das ist eher als Benefit gedacht."
Technisch umsetzbar, hochwertig, günstig - "diese Voraussetzungen sind für die Berechnungen sehr gut", betont Vögerl. Dafür betrachtet er Kösching und Lenting gemeinsam: "Die Orte hängen zusammen, deshalb macht es Sinn, das als ein Netz zu sehen." Darin stehen die kommunalen Liegenschaften an erster Stelle. "Mit ihnen kann man konkret planen, weil wir wissen, was die Bürgermeister wollen." Das sind in Lenting und Kösching zum Beispiel die Grund- und Mittelschulen sowie Rathäuser, aber auch die Atemschutzstrecke, die Realschule oder der geplante Neubau des Sonderpädagogischen Förderzentrums.
Und die Klinik. "Wegen der Rentabilität ist es wichtig, dass es große Abnehmer gibt", sagt Vögerl. Die Klinik wurde trotz der Diskussionen um ihre Zukunft berücksichtigt, bestätigt er auf Nachfrage. "Selbst, wenn das Gebäude bald anderweitig genutzt wird, bleibt der Wärmebedarf bestehen. Das wird auf unsere Berechnungen wenig Einfluss haben."
An zweiter Stelle stehen optional alle anderen 512 Liegenschaften entlang der Trasse - also Kleingewerbe und Privathaushalte. In seiner Wirtschaftlichkeitsberechnung geht Vögerl von 20 Prozent Beteiligung, also insgesamt 146 Liegenschaften, aus. "Es ist ein realistischer und konservativer Ansatz, dass jeder Fünfte mitmacht", sagt er. Das Interesse soll über einen Fragebogen eruiert werden, über den dann auch zusätzliche Trassenabschnitte ermittelt werden könnten. Klar ist: "Auf Basis der uns von Prolignis zur Verfügung gestellten Daten würde die Energie auf jeden Fall ausreichen." Vögerl rechnet mit rund 13,4 Millionen Kilowattstunden an Wärme, die im Gebäude verbraucht wird, und 2,8 Millionen Kilowattstunden an Wärme, die auf dem Weg dorthin verloren geht. "Das ist ein Verlust von 17 Prozent." Vergleichbar mit ähnlichen umgesetzten Projekten, sagt Vögerl.
In Richtung Kösching und Lenting gibt es keine Trasse, die für die geplante Fernwärmeleitung mitgenutzt werden könnte. Die Investitionskosten schätzt Vögerl auf rund 13,4 Millionen Euro netto. "Der größte Posten wäre die Trasse an sich", sagt er und veranschlagt dafür etwa 9,2 Millionen Euro. In diesem Zusammenhang kündigt Vögerl an, dass das Netz nicht unbedingt über einen Investor, sondern vielmehr über eine Bürgergenossenschaft betrieben werden könnte. "Das wäre charmant, weil sich die Bürger beteiligen könnten, was vielleicht größere Akzeptanz mit sich bringt." Ähnliche Modelle in kleinerem Maßstab gibt es bereits mehrere im Landkreis, unter anderem in Möckenlohe.
Die Quintessenz: "Die berechneten Fernwärmenetzpreise sind im Vergleich zu dezentraler Versorgung unter den Annahmen, die wir getroffen haben, konkurrenzfähig", resümiert Vögerl. Auch, weil Neubauten oder Sanierungen künftig nicht mehr um Pelletkessel oder Solarthermieanlagen herumkommen werden. "Fernwärme ist die beste Voraussetzung, um einen guten Effizienzstatus zu erreichen."
DK
Tanja Stephan
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