Nürnberg
Hoffen auf Pfingsten und "NürnBärLand"

Zu symbolischer Stunde versammeln sich die Schausteller am Wochenende auf dem Nürnberg Volksfestplatz

06.04.2021 | Stand 23.09.2023, 17:49 Uhr
Einen sogenannten temporären Freizeitpark - die "Nürnberger Sommertage" - hat es in weiten Teilen der Innenstadt bereits im Sommer 2020 gegeben. −Foto: Karmann,dpa

Nürnberg - Im Terminkalender der Stadt Nürnberg hätte am Samstagnachmittag eigentlich die feierliche Eröffnung des Frühlingsfestes gestanden. Pünktlich um 17 Uhr hätte Oberbürgermeister Marcus König (CSU) im Festzelt mit ein paar zünftigen Hammerschlägen das erste Bierfass angestochen. Seit Corona ist die Party aber vorbei. Bereits im letzten Jahr ist das Frühlingsfest ins Wasser gefallen. Wegen der Pandemie ist auch die Eröffnung am Samstag geplatzt.

"Wir sind hier, weil wir sehnlichst hoffen, den Mitbürgern endlich wieder Freude bereiten zu dürfen", hat Lorenz Kalb vom Schaustellerverband gesagt und damit den versammelten Kollegen auf dem leeren Volksfestplatz sicher aus dem Herzen gesprochen. Nicht nur bei den Betreibern von Riesenrädern und Schießbuden gehe es seit Corona um die Existenz. Auch viele Zulieferer seien zum symbolischen Saisoneröffnungsakt gekommen, um gemeinsam mit den reisenden Kaufleuten auf ihre missliche Lage aufmerksam zu machen.

Während eine historische Konzertorgel melancholische Kirmesmusik leierte, hat Schaustellerchef Lorenz Kalb über seine Traurigkeit und Verzweiflung gesprochen, wenn so viele fleißige Schausteller am Ausüben ihres Berufes mit allen negativen Folgen für den eigenen Geldbeutel und das persönliche Selbstverständnis gehindert würden.

Für den Schausteller-Nachwuchs wie die 25-jährige Tayra Kunstmann sind die emotionalen Probleme "für mich um einiges schwieriger zu verkraften" als die finanziellen Einbußen. "Ich habe schon als Kind bewusst diesen Weg für mich gewählt, weil ich genau das machen wollte, was meine Eltern und so viele vor mir immer gemacht haben. Weil ich diese Geräuschkulisse, die Lichter, die vielen Menschen und das ganze drum herum so liebe", sagte die 25-jährige Tayra Kunstmann.

Über den Eingang zum Volksfest-Platzes am Dutzendteich hängten die Schausteller ein großes Transparent mit der klaren Botschaft "Wir wollen wieder Freude schenken" auf. Seit zwei Jahren würden die Schausteller abgesehen von einigen Ausnahmen beispielsweise im letzten Sommer praktisch einem Berufsverbot unterliegen. Dies ist laut Schausteller "ein einmaliger Vorgang in der Geschichte" der Nürnberger Volksfeste.

Mit großen Problemen und extremen Herausforderungen hatten freilich auch schon die Vorfahren der fränkischen Schausteller zu kämpfen. Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges ist bereits der alte Volksfest-Platz auf dem Ludwigsfeld in eine Lazarettstadt verwandelt worden. Die Glücksbuden sind laut Nürnberger Schaustellerverband damals in Materialdepots umgewandelt worden. Nach dem Krieg seien auf dem Ludwigsfeld anstatt der bekannten Flohzirkusse und Lachkabinette zahllose Notunterkünfte für entlassene Soldaten und obdachlose Nürnberger aufgebaut worden.

1923 und 1924 hätten wegen der Inflation und unerschwinglichen Preisens für Bier, Bratwurst und Zuckerwatte ebenfalls keine Volksfeste stattfinden können. Im September 1939 hätten sogar die sich bereits drehenden Karusselle nach dem deutschen Überfall auf Polen und dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges abgebaut werden müssen. Erst vier Monate nach Kriegsende im September 1945 habe mit bescheidenen Mitteln ein "Not-Volksfest" stattfinden können.

Auf eine "Not-Lösung" hoffen die Schausteller jetzt erneut. "Wir beten, dass wir im Frühsommer einen temporären Freizeitpark mit dem Namen ,NürnBärLand' in die Tat umsetzen dürfen", sagte Kalb und nannte im nächsten Atemzug auch gleich einen Zeithorizont: "Unsere Hoffnung liegt hier auf Pfingsten."

Zumindest etwas Hoffnung machte dann der Nürnberger Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU) den auf dem leeren Volksfestplatz versammelten Schaustellern am Samstag dann doch noch. Sobald Bund und Land dies erlauben würden, sei auch Nürnberg bereit, dem "NürnBärLand" grünes Licht zu erteilen.

HK

Nikolas Pelke