"Höhere Töchterschule" im Wandel der Zeit

15.02.2019 | Stand 02.12.2020, 14:37 Uhr
Schulische Ausstattung damals und heute: Historische Aufnahmen zeigen die Küche für den Hauswirtschaftsunterricht (oben) und den Turnsaal (unten) im Jahr 1906 - 2019 sieht es in der Schulküche und in der Dreifachturnhalle des modernen Realschulzentrums deutlich anders aus. −Foto: Maria-Ward-Realschule/Beck

Die Maria-Ward-Realschule in Eichstätt feiert in diesem Jahr ihr 150-jähriges Bestehen. Bei ihrer Gründung 1869 hatte die Bildungseinrichtung der "Englischen Fräulein" für Mädchen mit Widerstand des damaligen Magistrats zu kämpfen.

Eichstätt (EK) Erst nach langen zähen Verhandlungen mit dem Königlichen Staatsministerium konnte die Schule am 18. Mai 1869 auf Wunsch des damaligen Eichstätter Bischofs Franz Leopold von Leonrod im Gebäude des ehemaligen Dietrichstein-Hofes am Residenzplatz mit zunächst zehn Schülerinnen eröffnet werden. Zuletzt hatte sich in dem repräsentativen Gabrieli-Bau das "Gasthaus zu den drei Mohren" befunden, jetzt wurde von den "Englischen Fräulein", wie die Nonnen des katholischen Frauenordens der "Congregation Jesu" nach ihrer englischen Ordensgründerin Mary Ward (1585 bis 1645) genannt wurden und heute noch werden, ein provisorischer Schulbetrieb mit Mädchenpensionat aufgenommen. In den Jahren 1905 und 1906 verwandelten dann umfangreiche und tiefgreifende Baumaßnahmen den Barockbau von 1732 in ein zeitgemäßes und funktionelles Schulgebäude im Jugendstil.

Im Laufe der Jahre kam es immer wieder zu neuen Ausdifferenzierungen und Umstrukturierungen, aus der "höheren Töchterschule" wurde ein "Mädchenlyzeum", aus der "Mittelschule" die "Haustöchterschule", und die Aufgaben der Schwestern wuchsen mit der zunehmenden Anzahl der Schülerinnen und dem Erfolg der Einrichtung, die lange Zeit auch den Unterhalt einer Landwirtschaft umfasste.

1938 zog jedoch die städtische Oberschule in die Räumlichkeiten ein, die Schwestern durften fortan nicht mehr unterrichten. Lediglich die Schülerinnen der angeschlossenen Lehrerinnenbildungsanstalt konnten noch bis zum Examen geführt werden. Das Schulgebäude diente in der Folge versprengten Theologiestudenten, Flüchtlingen und Soldaten als Unterkunft, bis es 1946 als dreiklassige "Mädchenmittelschule" wiedereröffnet wurde.

Die Lehrerinnenausbildung erfolgte ab diesem Zeitpunkt an der Pädagogischen Hochschule, der späteren Katholischen Universität Eichstätt. 1962 wurde die Schule zur vierstufigen Realschule deklariert, in der Folgezeit dann sukzessive erweitert und modernisiert. Nachdem 1971 die Fachschule für Sozialpädagogik (heute: Fachakademie für Sozialpädagogik) vom oberbayerischen Haag nach Eichstätt verlegt wurde, waren weitere Umbaumaßnahmen erforderlich. Die Raumnot konnte allerdings erst mit dem Bau der neuen Fachakademie 1981 gelindert werden.

1990/91 übernahm dann die Diözese die Trägerschaft der Mädchenrealschule, weil es kaum mehr Nachwuchs an Maria-Ward-Schwestern gab. Schließlich übergaben Schwester Raingard Mayer und Schwester Lioba Wackerbauer 2002 die Schulleitung in weltliche Hände, und im Schuljahr 2009/2010 erfolgte unter Leitung von Rektorin Barbara Staudigl die Umstrukturierung der Schule nach Maßgabe des reformpädagogischen Marchtaler Plans, der im Ganztageszweig auch die Beschulung von Jungen umfasst. Seitdem ist die Einrichtung keine reine Mädchenschule mehr.

Eine räumlich völlig neue Ära begann dann ab 2014/15, als die komplette Schule in die sanierten historischen Konventräume des ehemaligen Klosters Rebdorf umzog und mit der benachbarten Knabenrealschule nun das Realschulzentrum Rebdorf bildet. Das ehemalige Schulgebäude am Residenzplatz soll nach der geplanten Sanierung von der Universität genutzt werden. Zum Jahresende müssen, wie kürzlich bekannt wurde (wir berichteten), die Maria-Ward-Schwester die Stadt verlassen. Die wechselvolle Geschichte der Schule konnte indes dem Geist Mary Wards und der langen erfolgreichen Eichstätter Tradition dieser Schule, die heute 721 Schülerinnen und Schüler zählt, wenig anhaben. Das 150-jährige Bestehen der Schule, die den Namen auch unter diözesaner Trägerschaft weiterführt, soll deshalb 2019 gebührend gewürdigt werden.

JUBILÄUMSPROGRAMM23. Februar, 19.30 Uhr: Kabarettabend mit Han‘s Klaffl; ausverkauft. 3. Mai, 9.30 Uhr: Pontifikalgottesdienst der Schulgemeinschaft mit Bischof Gregor Maria Hanke im Eichstätter Dom.  Anschließender Festakt im Alten Stadttheater. 16. Mai, 19 Uhr, und 17. Mai , 10 Uhr: Aufführung des Musicals „Maria Ward – gestern, heute und morgen“ von Werner Lecheler in der Aula des Realschulzentrums.11. Juli, 19 Uhr: Vernissage der Geschichtsausstellung im Rebdorfer Festsaal.12. Juli, ab 17 Uhr: Jubiläumsfest im Realschulzentrum Rebdorf. Oktober: Kunstausstellung 13. Dezember: Jubiläumsadventsmarkt im Realschulzentrum Rebdorf.