Ingolstadt
Hochzeitsdinner mit Theaterbeilage

12.05.2010 | Stand 03.12.2020, 4:01 Uhr |

Mit Ernst bei der Sache: Saranda Dragusha und Julius Kuhn proben für das Theater-Dinner mit "Leonce und Lena". - Foto: Rössle

Ingolstadt (DK) Die Cantina international serviert demnächst ein festliches Menü – mit Georg Büchner als "Beilage". Premiere hat das Theaterdinner am 25. Juni. Gekocht wird frisch, aber geprobt wird schon eifrig für "Leonce und Lena". Die Schauspieler sind eine bunt gemischte Truppe.

Die 15-jährige Saranda Dragusha, eine Kosovo-Albanerin, ist als Erste pünktlich zur Probe im Gemeinschaftshaus an der Permoserstraße erschienen. Sie steigt in ein weißes Satinkleid mit Tüll und Schleifen, unten lugen die Füße in ausgetretenen Turnschuhe hervor. "Fangen wir an mit dem ersten Monolog", meint Ingrid Cannonier, die Regie führt.

Sie hatte auch die Idee für dieses besondere Theater-Dinner, mit dem vor allem auch die Cantina international groß herauskommen soll. Da geht es nicht nur um belegte Brote und Häppchen: Aus dem geförderten Projekt zur beruflichen Eingliederung von Migranten soll eines Tages eine Firma entstehen, die Menschen Jobs und Ausbildungsplätze bietet. Bis dahin ist es aber noch ein gutes Stück Weg, und der Erlös aus dem Theater-Dinner soll dabei helfen.

Saranda hat sich mittlerweile in Position begeben. Sie spielt die Lena mit jugendlicher Anmut und Unbedarftheit. In dieser Szene allerdings soll sie ihr Entsetzen darüber zum Ausdruck bringen, dass sie mit einem Unbekannten verheiratet wird. Sie atmet heftig und stößt hervor: "Ich habe den Kranz im Haar und höre die Glocken . . ."

Unten geht die Tür auf, jemand hastet die Treppe hoch. Es ist Julius Kuhn, der den Leonce gibt. "Endlich. Du wirst schon heiß ersehnt", meint die Regisseurin. Das junge Paar probt jetzt gemeinsam eine Szene. Lena seufzt tief: "Der Mond ist wie ein schlafendes Kind . . ." Sie stockt, sagt "uups" – ein Texthänger.

Todesengel naht

Aus Julius hingegen sprudeln die Zeilen nur so hervor: "Und lass mich dein seliger Traum sein", er tritt hinter das junge Mädchen, kommt immer näher, sein Mund fast an ihrer Wange, "so lass mich dein Todesengel sein". Saranda hält es nicht mehr aus und wendet sich prustend ab. Ingrid Cannonier muss auch lachen: "Ihr sollt beide in dieser Szene ganz ernst sein. Du küsst ihn ja nicht, es ist ja nur, als ob."

Dann hat Leonce seinen großen Auftritt und monologisiert: "Der Sonnenschein liegt so faul am Boden." Bräsig und zäh kommt jeder Satz hervor, auch jener berühmte: "Müßigkeit ist aller Laster Anfang." Als wäre es sein Stichwort erscheint Sergej Vlasov, 22 Jahre alt, auf der Probe, setzt sich flugs die güldene Krone auf und hüllt sich in den purpurroten Umhang. Fertig ist König Peter, und der schimpft mit tiefer Stimme und hartem russischen Akzent über seine Untertanen: "Sie denken nicht", sagt er und schreit dann: "Wo sind die Manschetten"

Sergej stammt aus Sibirien, lebt erst gut vier Jahre in Ingolstadt und studiert Elektro- und Informationstechnik. Der junge Mann gibt Nachhilfeunterricht im Rahmen des Projekts "Ein Euro für Bildung", das der Jugendmigrationsdienst Ingolstadt betreut. Dessen Mitarbeiterin Karoline Schwärzli-Bühler hatte dem jungen Mann vorgeschlagen, beim Theater-Dinner mitzuwirken: "Sie meinte, diese Rolle passt zu mir", erzählt Sergej. "Ich fühle mich auch schon wie ein König. Das ist interessant, und Text hab’ ich auch nicht viel."

Im Gegensatz zu Sergej hat Saranda schon Theatererfahrung gesammelt mit der Stiftung "Jugend fragt", war bei "unbedingt Antigone" dabei und macht auch heuer beim neuen Zirkusprojekt mit. "Nichts Großes: Eine Freundin und ich sind da zwei Tussis." Das Schauspielern bereitet der Hauptschülerin großen Spaß: "Da kann man was aus sich rauslassen." Macht Theater süchtig? Saranda nickt, und Julius Kuhn, der aufs Katherl geht, ist sowieso schon lang verloren: "Mit elf Jahren hab’ ich angefangen, eine Kinderrolle in Richard III. im Stadttheater. Seitdem kann ich nicht mehr aufhören. Es macht einfach Spaß, in verschiedene Rollen zu schlüpfen."

Wie eine Familie

Vor allem gefällt Julius, dass Theater verbindet. "Mehr als alles andere. Das ist wie eine Familie." Auch darum geht es bei dem Projekt, denn es wirken Menschen aller Altersgruppen mit, aller Schichten und aus aller Herren Länder. Das Theater-Dinner ist aufgezogen wie ein großes Hochzeitsfest, passend zu "Leonce und Lena", und das Stück wird häppchenweise zwischen den vier Gängen serviert. Das alles im Refektorium des Franziskanerklosters.

Karten für die drei Vorstellungen am 25. und 26. Juni sowie am 2. Juli gibt es in der Geschäftsstelle des DONAUKURIER in der Mauthstraße. Im Preis von 39 Euro ist alles inbegriffen – Theater, Menü und Getränke. Es handelt sich um eine Produktion des Vereins Netzwerk für Arbeit und Soziales in Kooperation mit dem Jugendmigrationsdienst.

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