Schrobenhausen
Hitzige Debatte über Folien auf den Spargelfeldern

11.05.2011 | Stand 03.12.2020, 2:50 Uhr

Schrobenhausen (DK) Folie oder nicht – diese Debatte wird im Spargelland Schrobenhausen seit 20 Jahren geführt. Seit ein paar Tagen geht es allerdings um mehr: Ein Spargelbauer hatte gemutmaßt, die Folien enthielten krebserregende Weichmacher. Inzwischen rudert er zurück.

Josef Rehm ist Spargelbauer aus Leidenschaft – und einer von ganz wenigen, die heute noch ohne Folie produzieren. Im Gespräch mit unserer Zeitung hatte er angedeutet, die Plastikfolie, mit der inzwischen mehr als 90 Prozent der Spargelfelder nicht nur im Schrobenhausener Land bedeckt sind, würde Weichmacher ausdünsten. "Niemand weiß, wie viel von diesen krebserregenden Stoffen im Spargel landet", hatte er gesagt.

Seither laufen die Verbände Sturm. Immerhin: Wären an Rehms Mutmaßungen etwas dran, hätten die Spargelbauern ein Glaubwürdigkeitsproblem, gerade in Schrobenhausen, wo man so stolz darauf ist, dass ihr Spargel seit wenigen Monaten eine geschützte Herkunftsbezeichnung vorweisen kann, die die besondere Qualität betont.

Mittlerweile hat Rehm eingestanden, keinen Beleg für seine Aussage zu haben. Kunden hätten es ihm erzählt, ein Anwalt, zwei Ärzte, er habe sie lediglich zitiert – ohne den Wahrheitsgehalt selbst nachzuprüfen. "Das war ein Fehler", sagt er jetzt.

Wie groß der Druck mittlerweile ist, zeigt ein Auftritt vom Vorsitzenden des Spargelerzeugerverbands Josef Plöckl, der Dreharbeiten eines Fernsehteams sprengte. Eigentlich hatte das Team lediglich ein Hofporträt geplant. Doch während der Kameramann damit beschäftigt war, seine Kamera auszupacken und aufzubauen, sprang Spargelverbandsvorsitzender Josef Plöckl über das Feld auf Rehm zu.

"Er fuchtelte mit Fotos vor der Nase von Herrn Rehm herum und machte ihn zur Schnecke", berichtet Moderatorin Jutta Schilcher später verwunderte von einer Szene, die nicht mit der Kamera eingefangen wurde. Als es ihr zu viel wurde, sei sie auf Plöckl zugegangen und habe ihn gebeten, den Acker zu verlassen. Was den Spargelerzeugerverbandsvorsitzenden aber nicht davon abgehalten habe, Rehm weiter zu beschimpfen.

Die Irritationen um Weichmacher kommen nicht von ungefähr. Einer der großen Vertriebler in Sachen Spargelfolie, die Firma Böckenhoff aus Raesfeld wirbt im Internet für sein Produkt "Ehmo-Tec Thermoextrabreit" mit dem Hinweis: "Durch den hohen Anteil an thermischen Additiven (EVA-Weichmacher) . . . erreichen wir den maximalen Thermoeffekt". Damit konfrontiert, reagierte Firmenchef Bernhard Böckenhoff gestern regelrecht panisch. "Diese Idioten!", schimpfte er über seine Grafiker. Der Hinweis beziehe sich lediglich auf Teichfolien, nicht aber auf Spargelfolien, die ausschließlich aus lebensmittelechtem Polyethylen (PE) hergestellt würden, das habe er von seinem Lieferanten, dem griechischen Unternehmen Daios Plastics, schriftlich. Gestern Nachmittag war der Text auf der Internetseite bereits geändert.

"Diese Aussagen im Internet waren sicherlich unglücklich", sagt Peter Strobl, Fachberater für den Spargelanbau am Amt für Landwirtschaft in Pfaffenhofen. Er kennt die Diskussion nur zu gut. "Darüber haben wir schon vor 20 Jahren geredet – alle Folienhersteller versichern uns, dass sie nur lebensmittelechtes Material verwenden, wie es auch zum Verpacken von Schinken und allen möglichen anderen Lebensmitteln verwendet wird", betont er. "Ich habe in keinster Weise Bedenken, dass in den Folien etwas sein könnte, das den Spargel belastet."

Also alles in Ordnung mit dem Folienspargel? Bei den Erzeugern geht man von nichts anderem aus. Das Landwirtschaftsamt Pfaffenhofen will nun Folienproben bei Schrobenhausener Spargelbauern nehmen und untersuchen lassen. "Das wird ein paar Tage dauern", sagt Strobl. Er hofft, dass trotz der Debatte der vergangenen Tage kein Makel am Folienspargel bleibt.