Eichstätt
Historisches Gewissen der Stadt

04.07.2011 | Stand 03.12.2020, 2:40 Uhr

Eichstätt (je) „Die Zukunftsaufgabe des Historischen Vereins liegt in der Vermittlung, Kommunikation und in der Kulturpflege, er ist eine wichtige Brücke zwischen Wissenschaft und interessierten Laien.“ Professor Dr.

Sabine Ullmann, Inhaberin des Lehrstuhls Landesgeschichte an der Universität Eichstätt, hielt den Festvortrag anlässlich des 125-jährigen Bestehens des Historischen Vereins.

Im Spiegelsaal der Residenz (Landratsamt) ging sie auf die Gründung des Vereins zum Zweck, „die letzten Spuren der ehemaligen Größe und historischen Bedeutung Eichstätts zu sichern und zu wahren“, ein. In Deutschland habe in den 1860-er Jahren eine Welle der Gründung Historischer Vereine eingesetzt, sagte Ullmann, auch in Eichstätt ließen sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts stadthistorische Initiativen und ein reges Interesse an der Geschichte beobachten.

Wie die Rednerin erläuterte, ging es den Gründern mit dem Gymnasiallehrer Dr. Bernhard Sepp an der Spitze darum, „die vorhandenen Monumente zu schützen und die in Privathänden zerstreuten Gegenstände von historischem Wert zu sammeln und aufzubewahren“. Ein weiteres zentrales Moment bildete die Vermittlung der gewonnenen Erkenntnisse.

Die Denkmalpflege, die heute zu den staatlichen Aufgaben gehöre, habe ihre Wurzeln in der Tätigkeit des Historischen Vereins. „Das Retten und Bewahren zeichnete den Verein in den ersten Jahren besonders aus.“ Zugleich habe sich der Verein dem Bildungsziel verpflichtet, durch belehrende Vorträge in der Bevölkerung Verständnis für die Geschichte zu wecken. Sie erwähnte auch das jährlich erscheinende Sammelblatt und die Herausgabe von Büchern. Bei den Vorträgen und Publikationen sei in den ersten 25 Jahren die Diözesangeschichte oben gestanden, gefolgt von Beiträgen zur Familien- und Personengeschichte. Einen großen Raum habe auch die Kunstgeschichte eingenommen, es folgten Beiträge zu den Ausgrabungen.

Die Festrednerin beleuchtete das Gebiet der Bodendenkmalpflege und erwähnte Friedrich Winkelmann, der das Kastell Pfünz erforscht habe. Er sei Streckenkommissar der Reichslimeskommission gewesen, habe Teile des einst fürstbischöflichen Schlosses Pfünz gekauft. Der HV konnte das Kastell erwerben.

„Die während der ersten Jahre gehaltenen Vorträge dokumentieren, dass neben der städtischen Geschichte das Hochstift eine zentrale Rolle spielte, weiter das Münzwesen, der Bauernkrieg, die sozialen Verhältnisse und die Tätigkeit der Gerichte“. Der Geschichtsverein sei eng mit der lokalen und regionalen Politik verbunden; die Stadt sorgte für Räume zur Unterbringung des Museums und der Bibliothek und stellte Leihgaben und Geschenke zur Verfügung. Eine große Gruppe, die Interesse an der Forschung bewies, seien einst die Geistlichen gewesen. Das Mitgliederverzeichnis nach dem ersten Vereinsjahr weist die Namen von 40 Geistlichen auf. Dazu kommen Beamte, Geschäftsleute, Ärzte und Apotheker. „Das Eichstätter Bürgertum hat sich auf die Suche nach seiner eigenen Vergangenheit gemacht“, sagte Sabine Ullmann. Der Verein sei das historische Gewissen der Stadt und der Region und sollte nicht zum Transmissionsriemen der städtischen Interessen werden, die vielfach an kommerziellen Marketingstrategien ausgerichtet sein müssten.