Kelheim
Historischer Händedruck

Vor 25 Jahren trafen sich Kanzler Kohl und Präsident Mitterrand auf einer Pontonbrücke über die Donau

21.09.2012 | Stand 03.12.2020, 1:02 Uhr

Geleitet von einem martialisch aussehenden Soldaten gingen Bundeskanzler Helmut Kohl (Mitte) und der französische Staatspräsident François Mitterrand über die eigens errichtete Pontonbrücke. Rechts hinter Kohl erkennt man den damaligen Verteidigungsminister Manfred Wörner. Die Ludwigsbrücke war voll mit Schaulustigen - Fotos: DK-Archiv/Wolf

Kelheim (DK) Ein historischer Händedruck sollte die Versöhnung und Verbundenheit zweier ehemaliger Erbfeinde dokumentieren. Vor genau 25 Jahren trafen sich deshalb Frankreichs Staatspräsident François Mitterrand und der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) in Kelheim.

Die Bilder von dem Politgipfel während der deutsch-französischen Heeresübung „Kecker Spatz“ am 24. September 1987 unterhalb der Maximiliansbrücke gingen um die Welt. Das begleitende militärische Spektakel in der Endphase des Kalten Kriegs stieß in der Bevölkerung allerdings nicht nur auf Zustimmung.

Die Kreisstadt war im Ausnahmezustand, die Maximiliansbrücke von 8 bis 15 Uhr für den Kraftfahrzeugverkehr und von 11.15 bis 13 Uhr auch für Fußgänger komplett gesperrt. Nur Militärs, Polizei und die über 400 nationalen und internationalen Medienvertreter durften auf die Brücke. Das Umfeld kontrollierten Soldaten mit Maschinenpistolen.

Schon drei Jahre vorher, am 22. September 1984, hatten sich Kohl und Mitterrand auf dem ehemaligen Schlachtfeld von Verdun – dort waren im Ersten Weltkrieg etwa 700 000 Soldaten beider Nationen gefallen – symbolkräftig die Hände gedrückt. Während in Verdun die Geste möglicherweise spontan zustande gekommen war, war der „Goldene Handschlag“ (Planer-Jargon) in Kelheim bis ins Detail geplant. Deshalb war es sicher auch kein Zufall, dass das Medienereignis unterhalb des Nationaldenkmals Befreiungshalle inszeniert wurde, das zur Erinnerung an den Sieg der europäischen Monarchien gegen das napoleonische Frankreich errichtet worden war.

Da die Donau Niedrigwasser führte, mussten in der Nacht vor dem Zusammentreffen erst einmal donauaufwärts Wehre und Schleusen geöffnet werden, damit die von Bundeswehrpionieren unterhalb der Maximiliansbrücke errichtete Pontonbrücke überhaupt schwimmfähig war. Das Hamburger Nachrichtenmagazin „Spiegel“ sprach in diesem Zusammenhang von der „Beinahe-Pleite von Kelheim“.

Bei aller Begeisterung der Lokalpolitiker – die Kreisstadt stand immerhin für einen Tag im Mittelpunkt der europäischen Politik – gab es auch kritische Stimmen. Der Kelheimer Arzt Dr. Richard Berger etwa bemängelte in einem Leserbrief „diese verschwenderische Militärshow mit unerträglichem Lärm und Landschaftszerstörung“ und forderte: „Kein deutsch-französischer Militarismus.“

Auch Ingrid Sichler monierte in einem Leserbrief: „Wer, wie ich, den Schmerz der dreijährigen Tochter, verursacht durch den Kriegslärm im Frieden sieht, kann nicht schweigen angesichts der Feindbilder, der Hochrüstung und der Kriegsgefahr.“ Kurz darauf erhielt sie einen anonymen Anruf, vermutlich aus dem rechtsextremen Umfeld, mit der Drohung: „Wenn du den Mund nicht hältst, dann werden wir uns deine Kleine greifen.“ Sie informierte die Polizei, die sich dann doch des Gefahrenpotenzials bewusst wurde und unregelmäßige Patrouillen startete. Sichlers Fazit 25 Jahre später im Gespräch mit unserer Zeitung: „Man darf zu keiner Zeit der braunen Bedrohung, die damals wie heute besteht, nachgeben.“