London
Hinter den Besten der Welt

Deutsche Dressurreiterinnen bleiben im Einzel seit 1952 zum ersten Mal ohne eine Medaille

09.08.2012 | Stand 03.12.2020, 1:11 Uhr

Schrammte an einer Medaille vorbei: Helen Langehanenberg wurde Vierte. - Foto: Schreiber/dapd

London (DK) Helen Langehanenberg musste nicht lange überlegen, was für sie der beeindruckenste Moment der Spiele war. Die Antwort war überraschend. „Die Akkreditierung. Als wir in das leere Stadion kamen und wussten, hier werden wir reiten. Da knisterte es.“ Wenn man das erste Mal bei Olympia ist, muss so ein Moment ein ganz besonderer sein. Sie hätte auch den Gewinn der Silbermedaille mit dem Team nehmen können. Aber sie wählte spontan das erste Kennenlernen mit der Arena. Sie wusste, dass es ihr Freude bereiten würde, hier zu reiten, das war das Wichtigste.

Gestern hatte sie hier ihren letzten Auftritt. „Mir hat es Spaß gemacht“, sagte Langehanenberg und lächelte. Wie sie mit den Punkten zufrieden war? Die Frage wollte sie nicht beantworten. 84,303 Prozent holte sie mit Damon Hill – 0,036 weniger als Bronzemedaillengewinnerin Laura Bechtolsheimer aus Großbritannien. Silber gewann die Niederländerin Adeline Cornelissen mit Parzival (88,196), Gold ging an die Britin Charlotte Dujardin und Valegro (90,089).

Dorothee Schneider (81,661) wurde Siebte, mit Diva Royal, Kristina Sprehe (81,375) aus Dinklage landete mit Desperados auf Rang acht. Alle drei mussten direkt hintereinander in den Parcous. Sprehes Heimtsrainer Jürgen Koschel (Hagen) kümmerte sich daher intensiv mit um die Vorbereitung. Danach sagte er: „Das war eine tolle Vorstellung, es war die beste Kür, die sie bisher geritten ist. Die Wertung hatten wir uns aber höher erwartet.“ Sprehe ist die Jüngste im Team. Für sie war es erst die vierte Kür überhaupt.

Die Kür ist die freieste Form des Ausdrucks, und sie ist „Geschmackssache“, wie Jonny Hilberath betonte. Der Bundestrainer, der nach London sein Amt abgibt, war daher wenig begeistert, dass nicht wie früher noch ein klassisches Element zur Einzelwertung zählte.

Aber die Klagen waren nur leise, sein Fazit fiel positiv aus. „Ich wäre ein Idiot, wenn ich sagen würde, ich will keine Einzel-Medaille. Aber wir sind hier gegen die Besten der Welt geritten“. Vor allem die Briten waren mit starken Pferden ausgestattet – wo die Tiere nach den Spielen hinkommen, ist noch ungewiss.

Unter dem Strich gab es in London zwar viel Spaß, aber seit 1964 sprang erstmals kein deutsches Dressur-Gold dabei heraus, seit 1952 gab es zum ersten Mal keine Einzelmedaille. Der Reitverband schrammte gar noch um eine Medaille an der Zielvorgabe des DOSB vorbei. Die Dressur befindet sich deswegen zwar nicht in der Krise, aber doch in einem gewaltigen Umbruch.