Hillary, Hans und Helmut

08.02.2008 | Stand 03.12.2020, 6:09 Uhr

Wegen der phasenweise schwer überschaubaren und komplizierten politischen Situation in der Dreiburgenstadt hat sich die Redaktion des DONAUKURIER entschieden, einen Wahlbeobachter hinzuzuziehen. Christian Silvester, einst Mitglied des Riedenburger DK-Teams, beobachtet die Entwicklung mittlerweile aus sicherer Entfernung aus dem urbanen Ingolstadt. Im Folgenden schildert er seine Eindrücke vom Verhalten der etablierten Parteien im Riedenburger Wahlkampf:

Was haben Hillary Clinton und Michael Schneider gemeinsam? Mehr, als man denkt. Zumindest mehr als Barack Obama, charismatischer Hoffnungsträger, und Volker Süß. Auch fernen Betrachtern fällt sofort auf: Hillary hat jahrzehntelange Erfahrung. Wie Schneider. Hillary bürgt für Solidität. Wie Schneider. Hillary kennt alle Tricks des Establishments. Wie Schneider. Und sie symbolisiert eine gute, alte Zeit. Wie Schneider. Gut, Hillarys Anzüge sind vielleicht ein bisschen fescher.

Überhaupt erlaubt ein Vergleich zwischen den USA, wo das Volk derzeit die Präsidentschaftskandidaten wählt, und Riedenburg erstaunliche Parallelen. Jenseits des Atlantiks ringen zwar nur zwei Parteien um die Macht und nicht, wie in Riedenburg, sechs. Dafür offenbaren die Altmühltaler beim Wahlkämpfen Angriffslust und Schlitzohrigkeit wie die Amis.

Allerdings wird nicht immer alles imitiert, was toll ist. Womit wir bei den Freien Wählern wären. Die fünf Stadträte standen bisher mit absoluter Gewissheit eigentlich nur für eins: Die feste Überzeugung, niemals Opposition sein zu wollen! Zumindest fast nie. Nur vereinzelt. Mal so und mal so. Ab und an eben. Aber dann echt total konsequent!

Mit Erstaunen haben auch Außenstehende registriert, dass die Freien? Wähler unlängst Michael Schneider abgewatscht haben – "Bashing" nennt das der Amerikaner. Im Fall der FW darf man sagen: Bürgermeister-Bashing (so wie in den USA derzeit böses Herrscher-Derblecken Bush-Bashing heißt).

Kurz darauf haben die selben Freien Wähler dem Volk empfohlen, den selben Schneider zu wählen. Der Ami nennt das Flip-Flop-Syndrom: der spontane Positionswechsel überallhin. Oder wie der linksintellektuelle Arbeiterliedermacher Hannes Wader einst sang: "Heute hier, morgen dort."

Auf die Riedenburger Sozialdemokratie passen derzeit eher die Wader’schen Lieder "Reiter an der schwarzen Mauer" oder "Ade nun zur guten Nacht", denn an Tristesse ist der Ortsverein kaum mehr zu überbieten, seit der Genosse der Herzen Rudi Schneider samt seiner roten Fahne beleidigt heimgegangen ist, wo er angeblich immer noch mit der Agenda 2010 hadert. Selbst heillose Optimisten gestehen sich langsam ein: "Mit denen kommt die Revolution bestimmt nimmer."

Vermutlich sind Riedenburgs Sozis nur deshalb so unauffällig, weil sie im Verborgenen ihre Kräfte sammeln, um dann mit Wucht zurückzukehren. Oder aber ihre Strategie ist gewitzter. Immerhin haben sie keine Wahlempfehlung für Kirsten Armbruster von der Bürgerliste abgegeben. Diesen Trick hat sich die SPD vom US-Demokraten John Edwards abgeschaut, der aus dem Wahlkampfrennen ausgestiegen ist, aber partout nicht sagen will, ob seine Anhänger Hillary oder Barack wählen sollen. Motto: Wenn ich schon nix mehr reißen kann, dann sollen die anderen auch blöd schauen.

Die CWG schließlich scheint komplett aus den USA importiert worden zu sein. Niemand erinnert stärker an die Republikanische Partei, die Helden wie Ronald Reagan gebar (man denke nur an Helmut Simon). So kennt man sie: Konsequent der konservativen Erneuerung verpflichtet, Gott ergeben, auf dem Land eine Macht, und jede Siedlung, die mehr als 500 Einwohner hat, wird, wenn überhaupt, mit größtem Misstrauen beäugt.

Hoffentlich hat die CWG von den US-Republikanern nicht die Neigung übernommen, den Cowboy in sich zu entdecken, wenn’s im Wahlkampf mal ein bisschen härter wird. Man stelle sich vor: Die Freien Wähler schwenken um und empfehlen die Wahl der SPD, Rudi Schneider kehrt mit wehender roter Fahne zurück und droht, dem Vizebürgermeister die Schafkopfkarten wegzunehmen. Der Kriegerverein marschiert unter Johann Bachhubers Kommando auf. Schuld an allem sind natürlich wieder die Medien. Und am Ende gibt’s Presse-Bashing, bis Volker Süß die Feuerwehr holt.

? Christian Silvester