Roth
Hilfe in die Familie bringen

09.05.2011 | Stand 03.12.2020, 2:51 Uhr

Für den sechsmonatigen Fabian hat Franz Weber (links) die Bereitschaftspflege übernommen. Der wiederum stahl beim beim "Tag der offenen Tür" allen die Schau, auch Amtsleiter Manfred Korth (rechts) konnte sich dem Charme des Kleinen nicht entziehen. - Foto: Leykamm

Roth (HK) Jugendämter stehen nicht selten in der Kritik, unabhängig davon, ob sie Familien ihre Kinder entziehen oder den Nachwuchs bei seinen Eltern belassen und es infolge dessen zur Katastrophe kommt. Das Jugendamt in Roth hat nun die Initiative ergriffen und einen "Tag der offenen Tür" abgehalten.

Damit klinkte sich die Abteilung des Landratsamtes in eine Kampagne der "Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter" ein. Sie will mit verschiedenen Aktionen dafür sorgen, dass das schiefe Bild, das sich weite Teile der Öffentlichkeit über die Institution Jugendamt gemacht haben, wieder zurecht gerückt wird.

Kein leichtes Unterfangen, zumal das schöne Wetter viele potenzielle Besucher eher davon abhielt, sich am "Tag der offenen Tür" in der Behörde in Roth einmal umzusehen. Diejenigen, die sich doch dazu entschlossen, wurden auf vielfache Weise hierfür belohnt. Zum einen mit Grillgut, dessen Düfte den Besuchern vor den Toren des Landratsamtes in die Nase stiegen. Im Inneren des Hauses wurde Margita Ostertag als Jugendamtsmitarbeiterin und Organisatorin des "Tags der offen Tür" nicht müde, Gummibärchen an die Gäste zu verteilen.

Zum anderen aber zeigten diese sich erstaunt, wie groß der Arbeitsbereich des Amtes abgesteckt ist, das zudem eine Doppelfunktion innehat. Denn zu den ureigenen Aufgaben gesellt sich eine weitere dazu: die Jugendhilfe im Landkreis zu organisieren und Hilfesuchende an die jeweiligen Stellen weiter zu vermitteln.

Und auch die fanden sich mit reichlich Informationsmaterial am "Tag der offenen Tür" ein. Diejenigen, die bereits gute Erfahrungen mit dem Jugendamt gemacht hatten, waren gekommen. Wie zum Beispiel der erprobte Pflegevater Franz Weber aus Eckersmühlen. Derzeit übernimmt er die Bereitschaftspflege für den gerade mal sechsmonatigen Fabian, der selbst die vielen Sinnesreize der Veranstaltung dankbar aufnahm und vor sich hinlächelte.

Eine Szene, die Jugendamtsleiter Manfred Korth aber auch nachdenklich werden ließ. Denn sie erinnerte ihn an ein kleines Mädchen aus Thalmässing, das heute nicht mehr lebt: Sarah. Um sie rankt sich eine Tragödie, die Mediengeschichte schrieb und die auch an Korth nicht spurlos vorbeiging. "Seitdem bin ich traumatisiert", sagte er am Rande der Veranstaltung.

Er selbst habe seinerzeit nach dem damaligen Wissensstand gehandelt. Der Tod des Mädchens treibt den leidenschaftlichen Pädagogen aber bis heute um. Heute würde er gegenüber den Eltern härter durchgreifen, sagte der Amtsleiter. Und notfalls beispielsweise die Unterbringung in einer Krippe rechtlich durchsetzen. Das sei aber erst seit jüngeren Gesetzesänderungen so richtig möglich. Korth sieht sich auf einem schmalen Grat: Auf der einen Seite gelte es unverzüglich zu handeln, wenn Gefahr für das Kind besteht. Auf der anderen Seite gehe es darum "nicht das Kind aus der Familie zu holen, sondern Hilfe in die Familie hinein zu bringen", sagt Korth. Hier die richtige Entscheidung zu treffen, sei nicht einfach. "Es ist wie ein Puzzle", so der Jugendamtschef.

Ab und zu aber seien die Zeichen auch recht eindeutig. Wenn eine Mutter etwa offen und laut darüber nachdenke, ob sie ihre Kinder wie Kätzchen ertränken solle. "Dann muss man natürlich sofort einschreiten", so der Pädagoge. In anderen Fällen könne schon eine Hauswirtschaftsmeisterin Wunder bewirken, die in der Familie für neue Strukturen sorgt. Die Vorgehensweise selbst werde in Entscheidungskonferenzen beschlossen. Man mache es sich bewusst nicht einfach. Schließlich würden durch das Wirken des Amtes "menschliche Biografien geändert", macht Korth die Verantwortung bewusst.

Und diese Biografien sollten möglichst ohne ein Jugendgerichtsverfahren auskommen. Ein solches stellten einige Landratsamt-Azubis mit ihrem selbst gedrehten Film am "Tag der offenen Tür" vor. Zu dessen Gelingen trug auch die junge Generation entscheidend mit bei: Die elfjährige Nachwuchsgeigerin Hanna Neeser aus Greding begeisterte mit ihrem Saitenspiel und die Thalmäs-Sing-Kids erfreuten die Besucher mit tollen Bewegungsliedern.