Hilpoltstein
Hilfe gibt es nur, wenn es brennt

19.01.2011 | Stand 03.12.2020, 3:15 Uhr

 

Hilpoltstein (HK) Jetzt haben die Azubis die Macht: Sieben Auszubildende bei Aldi führen bis 5. Februar probeweise alleine die Hilpoltsteiner Filiale. Sie sind die Besten, die der Lebensmittelkonzern in Mittelfranken zu bieten hat, arbeiten im dritten Lehrjahr und haben alle ein Ziel: eine eigene Filiale leiten.

Die Anweisung für die Azubis zu Beginn der vier Wochen klang einfach: "Leitet eigenständig eine Filiale." Doch das ist leichter gesagt als getan. Da der Filialleiter aus Hilpoltstein in den Urlaub geschickt und das Mitarbeiterteam in den Nachbarfilialen untergebracht wurde, war der Nachwuchs ganz auf sich selbst gestellt. Zuerst teilten die Lehrlinge zwei Gruppen ein: das Büro- und das Filialteam. Nun müssen die Aldi-Azubis das Tagesgeschäft managen.
 

Wer bei der Aldi-Filiale in der Siemensstraße einkauft, merkt sofort, dass sich etwas verändert hat. Wo man hinsieht nur junge Mitarbeiter: an der Kasse, an der Kühltheke und zwischen den Regalen. Auf ihren Kragen steht "Azubi" und einer von ihnen hat das Telefon des Filialleiters an seinem Gürtel. Ein Schild am Eingang klärt die Kunden auf: "Diese Filiale wird zur Zeit von Azubis geführt."

Maximilian Tomala ist einer der sieben Auszubildenden zum Kaufmann im Einzelhandel. Eigentlich arbeitet er in der Aldi-Filiale in Hersbruck, doch jetzt ist er einer der vorübergehenden Filialleiter in Hilpoltstein. Der 18-Jährige geht ganz gelassen an seine neue Aufgabe: "In der Früh besprechen wir, wer der Filialleiter unter uns Azubis ist und am Nachmittag wird dann gewechselt." Tagsüber gehören Buchhaltung, Einkauf, Warenpräsentation, Kundenberatung und Kassenführung zu den Pflichten des Azubi-Teams. Dabei trägt jeder von ihnen nicht nur die Verantwortung für sein eigenes Handeln, sondern auch für die Filiale. Sie sind ganz auf sich gestellt. Nur wenn es brennt, bekommen sie Hilfe. "Es ist ein Ausbilder da", erklärt Tomala, "doch bisher war seine Hilfe nicht nötig."

Darauf ist auch Regionalverkaufsleiter Erik Döbele stolz. Die Ziele des Projekts hat er genau vor Augen: "Es geht bei dem Projekt darum, Verantwortung zu übernehmen und das Gelernte in die Praxis umzusetzen." Welche Azubis nach Hilpoltstein reisen durften, war nicht nur von deren Schulnoten abhängig. Wichtiger für die Auswahl der Kandidaten war, wie sie sich bei ihrer täglichen Arbeit schlagen. Alle sieben "Filialleiter" stammen aus Aldi-Filialen der Regionalgesellschaft Roth, jedoch kannten sie sich vorher kaum. Jetzt wohnen sie jeweils zu zweit oder zu dritt in Ferienwohnungen und lernen sich besser kennen. "Jeder weiß, dass wir unser Projekt nur als Team meistern können, deshalb gibt es auch keine Streitigkeiten", berichtet Melanie Göbel aus Freystadt. Die 17-Jährige ist stolz darauf, eine der Auserwählten zu sein. Angst hat sie vor ihrer Aufgabe nicht. "Manchmal bin ich schon etwas vorsichtiger, aber die Kunden sind freundlich und es macht wirklich Spaß."

"Was soll schon schiefgehen", sagt Döbele voller Vertrauen in das Team. "Sie sind motiviert und haben alle das gleiche Ziel: eines Tages eine eigene Filiale zu leiten." Dafür haben die sieben Azubis bereits an einer Einführungsschulung teilgenommen. Nach ihrer Ausbildung können sie sich dann zum Filialleiter hocharbeiten.

Die zwei Männer und fünf Frauen sind jedoch nicht die Ersten, die für vier Wochen eine Filiale leiten. Schon seit mehreren Jahren läuft das Projekt bei Aldi. "Es ist sogar schon der eine oder andere Teilnehmer heute Filialeiter", sagt Döbele.

Bei den Kunden in Hilpoltstein kommt das Projekt jedenfalls gut an. "Es hat sich noch keiner beschwert, eher im Gegenteil: ein paar Leute haben sich sogar gefreut", berichtet Göbel, "außerdem fällt es vielen Käufern nicht einmal auf, dass hier Azubis am Werk sind."

Döbele ist begeistert von dem Azubiteam: "Die Gruppe hält zusammen wie Pech und Schwefel und das, obwohl sie sich kaum kennen."