Ingolstadt - "Brödel, brödel, Aschenbrödel, ahahaha" Gleich am Anfang ist da dieser Ohrwurm, den man den ganzen Abend nicht mehr aus dem Kopf kriegt. "Aschenbrödel" vom Duo Weber-Beckmann erzählt das alte Märchen von der armen Prinzessin, die sich am Ende doch den Prinzen schnappt, neu und modern in einem wilden Mix aus frechen Reimen und witzigen musikalischen Zitaten.
Ein geistreicher Parforceritt durchs Märchenland, in dem alles drunter und drüber geht, die Knusperknäuschen-Fee in Beatlemania mit Rapunzel- und Rotkäppchenkonfetti um sich schmeißt, aber am Ende doch alles gut wird. Eben: "Yeahaehaey!"
Die Ingolstädter Chansonette Anna Janina hat das Lied vom Aschenbrödel an den Beginn ihres neuen Programmes "Ein starkes Stück" gesetzt. Im langen Rotkäppchen-Mantel und einem dicken Märchenbuch in der Hand betritt sie die kleine Bühne des Altstadttheaters, das an diesem Freitagabend nach den jüngsten Corona-Lockerungen immerhin wieder zur Hälfte gefüllt sein darf. Anna Janinas Thema: die Rolle der Frau - ihr Selbstverständnis, ihre Zweifel, ihre Träume, die Beziehung zum männlichen Geschlecht. Und: die Vermittlung des Frauenbilds durch die Gesellschaft, durch Literatur, überholte Role Models.
Jungs zum Beispiel - denen bliebe doch nur die Wahl zwischen Feuerwehrmann Sam und Bob der Baumeister, also zwischen Held und Handwerker. Wie viel mehr Perspektiven gäbe es da für Frauen, sagt Anna Janina. Und ärgert sich: "Also, ich finde es ja ein starkes Stück, dass viele Mädchen heute noch angezogen und erzogen werden, als ob Prinzessin ein solides Berufsziel sei." Sagt's, knöpft ihren Rotkäppchen-Mantel auf, unter dem sie ein eng anliegendes, hochgeschlitztes Kleid trägt und packt ihren "Koffer voller Möglichkeiten" aus.
"Ich bin ein Vamp" singt sie - mit Lulus rotem Haar und Salomes Figur. Sie ist Hexe und Schiffbrüchige, Geliebte und Abenteurerin, Jägerin und Beute, eine, die auf Konventionen pfeift, das Alleinsein nicht scheut, bisweilen dem Abgrund zu nahe kommt. Dazu passen perfekt Chansons von Georgette Dee: "Die Ballade von der 13. Fee" etwa oder "Zehn Frauen", aber auch Gitte Haennings "Ich will alles" und das unglaublich intensiv gesungene "Amsterdam" aus der Feder von Jacques Brel.
Anna Janina singt und erzählt, mit Witz, Charme und Leichtigkeit setzt sie ihr Frauenpower-Programm mit zum Teil selbst geschriebenen Liedern so schwarzhumorig wie schillernd in Szene und ist immer dann am besten, wenn sie auf das Überraschende setzt, das Versponnene, das mutig Übermütige, das berückend Tragikomische.
Der Mann am Klavier ist Jascha Nakladal, findiger Komponist und Arrangeur, Anspiel- und Gesangspartner, der aufmerksam und souverän die zauberhafte Bühnenreise begleitet. Mehr Mut zum Übermut - das gibt Anna Janina ihrem Publikum mit auf den Weg. Und legt den "Neandertaler" als höchst amüsante Zugabe oben drauf.
DK
ZUR PRODUKTION
Theater:
Altstadttheater Ingolstadt
Regie und Gesang:
Anna Janina
Am Klavier:
Jascha Nakladal
Vorstellungen:
26. März, 15. Oktober
Karten unter:
(0176) 32607265
kontakt@altstadttheater.de
Anja Witzke
