Ingolstadt
Herr Schröder und sein Steckenpferd

"World of Lehrkraft" mit Höhen und Tiefen: Lehrer-Comedy im Ingolstädter Kulturzentrum neun

22.09.2019 | Stand 23.09.2023, 8:41 Uhr
Beamter mit Frustrationshintergrund: Johannes Schröder. −Foto: Knobloch

Ingolstadt (DK) "World of Lehrkraft - ein Trauma geht in Erfüllung" - dieser Programmtitel klingt vielversprechend und auch die Inhaltsangabe der Veranstaltungsankündigung lässt auf viel sprachlichen Esprit und humorvolle Einblicke ins Pädagogen-Dasein hoffen.

Doch diese Erwartung wird leider nur ansatzweise erfüllt. Johannes Schröder ist ehemaliger Gymnasiallehrer, nennt sich nun schlicht "Herr Schröder" und hat 2017 sein erstes Comedy-Soloprogramm gestartet. Mit diesem war er am Samstagabend in Ingolstadt zu Gast.

Mittlerweile gibt es ja einige Lehrer, die auf Deutschlands Bühnen stehen - und natürlich ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich viele Lehrer unter den Zuschauern befinden, relativ hoch. Daher wäre eine kreative Aufbereitung des Schulalltags für die Zuhörer sicherlich wesentlich attraktiver als eine Aufzählung von platten 08/15-Themen und -Witzen aus dem schulischen Leben. Eines muss man Herrn Schröder jedoch lassen: Er hat von der ersten Minute an einen guten Draht zum Publikum, bietet viel Interaktion und verwandelt die, wie eine Schulturnhalle aus den 1980er-Jahren anmutende Halle neun in ein Klassenzimmer mit Problemschülern, Strebern und Lehrer-Komplizen. Durch deren wiederholte namentliche Erwähnung im Laufe des Abends bildet Herr Schröder durchaus Schnittmengen zwischen sich und dem Publikum. Dazu kommen seine imaginären Kollegen wie "Trillerpfeifen-Theo", "Laminier-Lara", "Folien-Frauke" oder "Raclette-Rita" sowie Schülerin Anastasia, aus deren Tagebuch er vorliest. Diese Idee bringt Schröders kreatives Talent ans Tageslicht: Hier beweist er sowohl Sprachwitz als auch zynischen Humor - das sollte er definitiv mehr ausbauen! Genauso wie die herrlich umgesetzte imaginäre Pausenhof-Gesprächs-Belausch-Situation oder den Lehrer-Rap: Diese Momente lassen erkennen, dass Johannes Schröder mehr kann, als nur Schulalltags-Floskeln runterzurattern.

Natürlich reitet er als Deutschlehrer das Steckenpferd der Wortspielereien, darunter Highlights wie "am Korrekturrand des Lebens", "Cosi-Nuss-Allergie mit Logarhythmus-Störungen" oder "Helene-Fischer-Gesamtschule: atemlos durchs G8". Sobald diese jedoch in einem Programm inflationär verwendet werden, wirken sie irgendwann nicht mehr lustig und cool. Auch bei sachlichen Fachausdrucks-Themen wie Metaphern, Euphemismen oder Oxymora gerät Herr Schröder ab und an inhaltlich ins Straucheln und lässt keinen richtigen roten Faden erkennen. Wenn er jedoch künftig anstelle der Aneinanderreihung schulischer Allgemeinplätze noch mehr von seinen witzigen Geistesblitzen herausarbeitet, kann Johannes Schröder seine Beurlaubung als Lehrer wohl noch länger genießen!

Sandra-Isabel Knobloch