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Herausforderung Herbergssuche

Flüchtlinge und Weihnachten: Hat das was miteinander zu tun?

23.12.2015 | Stand 02.12.2020, 20:23 Uhr

In der Schrobenhausener Krippenausstellung im Pflegschloss ist das Motiv der Herbergssuche natürlich auch aufgegriffen worden - Foto: Speiseder

In der Vorweihnachtszeit kennt man den Brauch der Herbergssuche. Ein Marienbild wird von Haus zu Haus getragen; häufig ist es der liturgische Dienst einer Pfarrei, der sich darum kümmert und meist auch die Straßenzüge festlegt, in denen die Familien jeweils für einen Abend diesen Andachtsgegenstand zur Betrachtung und zum Gebet in ihrem Haus beherbergen.

Auf diesem Weg wird ein Marienbild von Haus zu Haus gebracht, verbunden mit Gebeten und Wünschen. Man gibt der hochschwangeren Mutter Gottes Raum, dass ihr Kind glücklich zur Welt komme, dessen Friede auch ins eigene Haus und Dorf und Herz gelange.

Advent heißt ja Ankunft. Auf diese Ankunft sind wir ausgerichtet. Was in und durch Jesu Ankunft damals begann, soll endgültig überall wahr werden. Der Messias soll möglichst bald wiederkommen und endlich alles zum Guten richten. Das versteht man unter adventlicher, messianischer Erwartung. Dieses Fest feiern wir in diesen Tagen.

Als Herbergssuche wird in der christlichen Tradition die vergebliche Suche von Maria und Josef bezeichnet, die nach einer Unterkunft in Bethlehem suchen, um die Geburt ihres Kindes, Jesus, vorzubereiten. Lukas thematisiert dies im zweiten Kapitel seines Evangeliums.

Wie also soll man den Advent christlich begehen, wenn viele Migranten und Flüchtlinge hier ankommen und womöglich doch nicht wirklich hereingelassen werden. Ein amerikanischer Historiker schreibt in einem Buch darüber, wie die Deutschen vor gut einem halben Jahrhundert nach dem Krieg schon einmal eine große Flüchtlingswelle abgefangen haben. Die Deutschen haben es geschafft, mehrere Millionen Menschen aufzunehmen und zu integrieren. Da kann man eigentlich nur stolz sein auf die Leistung, die Deutschland vorzuweisen hat.

Tausende und Abertausende waren damals aus dem Osten gekommen und hatten ein neues Zuhause gefunden. Aus dem Bekanntenkreis kennt gewiss manch einer jemanden, der dieses Schicksal erlebt, überlebt, bewältigt hat. Jeder, der Wohnraum hatte, musste diesen mit Vertriebenen teilen. Begeistert waren davon die wenigsten und willkommen waren die Flüchtlinge auch nicht überall. Fremde in den eigenen vier Wänden zu beherbergen stellt man sich nicht als leichte Aufgabe vor; es ist gewiss eine Herausforderung. Und trotzdem hat man damals das Naheliegende getan: jemand ist in Not, hat kein Dach über dem Kopf und nichts zu essen – also nimmt man ihn auf. Die Folge damals war, dass sich die Menschen aneinander gewöhnt haben, gewöhnen mussten und sind so zu einer neuen Lebensgemeinschaft zusammengewachsen. Das könnte allen Mut machen in diesen Tagen. Nun kann man einwenden, dass das damals leichter war, denn die Leute haben die gleiche Sprache gesprochen, hatten die gleiche Hautfarbe und auch die Frage der Religionszugehörigkeit war da womöglich einfacher. Oder war es das auch damals nicht? Die Katholiken zum Beispiel mussten sich mit den Protestanten auseinandersetzen, wahrnehmen, dass es neben dem katholischen Glauben auch ein anderes Bekenntnis gibt. Herbergssuche wird so in diesen Tagen zu einer besonderen Herausforderung. Bleibt Herbergssuche ein Spiel ohne jegliche Verbindlichkeit, weil es schön ist, das romantische Umherirren von Maria und Josef nachzustellen, oder hat es erneut eine Aktualität gewonnen. Edmund Speiseder