München
Henkel trommelt für die AfD

Der Ex-BDI-Präsident macht Europa-Wahlkampf für eurokritische Partei

06.02.2014 | Stand 02.12.2020, 23:06 Uhr

München (DK) Gerade noch stand Hans-Olaf Henkel im Flur, hat mit den Gästen geplauscht, freundlich gelächelt. Jetzt steht er vor seinem Stuhl an dem langen Besprechungstisch und schaut in die Runde. Henkel – dunkelgrauer Anzug, braun melierte Krawatte – lässt sein Smartphone auf die weiße Tischdecke klatschen. Dann nickt er ein paar Leuten zu, erkennt einen Journalisten:

„Und was macht das Bayerische Fernsehen“, fragt er mit seinem hamburgischen Akzent und grinst über den Tisch.

Der Journalist zuckt mit den Schultern: „Lebt noch.“

„Na, mit den Rundfunkgebühren wie die Made im Speck.“ Henkel presst seine Worte durch den fasst geschlossenen Mund. Dann geht es los.

Der ehemalige Industriepräsident ist zu Gast im Münchner Hotel „Bayerischer Hof“. Ein Saal mit schwerem Teppichboden, holzvertäfelten Wänden, Kronleuchtern. Ein paar Journalisten sind gekommen, vor allem aber Mitglieder und Sympathisanten der Alternative für Deutschland (AfD). Jener eurokritischen Partei, der auch Henkel seit Kurzem angehört. Neben dem Hamburger Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke dominiert er den Europa-Wahlkampf der Partei. Wenn alles so läuft wie von Meinungsforschern vorhergesagt, wird Henkel im Mai ins Europäische Parlament gewählt. Aus dem ehemaligen Industrieboss wird dann ein Politiker.

Noch ist es nicht so weit. Henkel wird in den kommenden Wochen durchs Land ziehen, mahnen, gegen die Eurorettungspolitik wettern. Er wird den Leuten zu erklären, warum ihr Steuergeld in Gefahr ist. Henkel will Deutschland die Augen öffnen – so sieht er seine Mission wohl.

Für den ehemaligen Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie ist die Mitgliedschaft in der AfD das vorläufige Ende einer politischen Selbstfindung, die schon seit Jahren vor allem um den Euro kreist. Mitglied in einer Partei war er nie, aber früher unterstützte er die FDP. Dann sprach sich die Partei aber in einer Mitgliederbefragung für die Euro-Rettungsschirme aus. „Damit war die FDP für mich erledigt“, sagt Henkel.

Dann kam sein Intermezzo mit den Freien Wählern und ihrem Chef Hubert Aiwanger, der auf der Suche nach einer Position in Sachen Euro war. Henkel drückte den Freien Wählern seine Position weitgehend auf, aber sie waren ihm nicht konsequent genug. Grundsätzlich waren sie für den Euro. Dann kam die AfD, ein längeres Gespräch mit ihrem Vorsitzenden Bernd Lucke. Im Januar wurde bekannt, dass Henkel Mitglied geworden war.

Auch ohne Henkel wäre die AfD für die Europawahl in einer guten Ausgangslage. Die Partei muss nur drei Prozent der deutschen Stimmen holen, dann ist sie im EU-Parlament. Bei der Bundestagswahl hatte sie schon 4,7 Prozent. Und nun geht es um ihr Kernthema.

Die AfD wird allerdings immer wieder als „Professorenpartei“ bezeichnet. Hochkompetente Köpfe, aber wenig rhetorische Durchschlagskraft. Da soll Henkel helfen. Als Industrieboss war er durch Talkshows getingelt. Mit schneidender Rhetorik hatte er sich eingemischt, wenn Politiker den Bürgern zu viel Gemütlichkeit versprachen, wetterte immer wieder gegen angeblich zu viel Sozialstaat. Seine Bücher gegen den Euro wurden Bestseller. Seine Kolumne im „Handelsblatt“ heißt „Henkel Trocken“.

Auch in München spitzt er zu. Die wirtschaftsstarken Nordeuropäer und die schwächeren Südeuropäer in einer Währung - das könne nicht gut gehen. Eine „wirtschaftliche Katastrophe“, zeichne sich ab. Die niedrigen Zinsen im Euroraum – nicht im Interesse der deutschen Bürger. „Die Sparer werden kalt enteignet“, mahnt er. Er spricht von einer „griechischen Tragödie“. „Und sie wissen ja, wie Tragödien enden: tragisch.“ Henkel spricht, wie er schon als BDI-Präsident gesprochen hat – nüchterner Blick, sparsame Gestik, keine Höflichkeitsfloskeln. Er stellt seine Thesen förmlich in den Raum. Schonungslos.

Funktioniert das im Wahlkampf? Diese Rigorosität? Wo den Deutschen doch gerade überall erzählt wird, wie gut sie dastehen. Mit einer Bundeskanzlerin, die seit Jahren eher versucht die Menschen in einen Wohlfühlmodus zu versetzen? Henkel scheint das nicht zu interessieren. Ihm geht es um Fakten, um Argumente. Ums Augenöffnen.

Später steht er dann wieder vor dem auf dem Gang. Es gibt Häppchen, Weißbier, Wein. AfD-Leute wollen wich mit ihm fotografieren lassen. Er lächelt. Der Auftritt ist vorbei.

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