Hemdsärmelig durchs Seehofer-Land

25.05.2007 | Stand 03.12.2020, 6:43 Uhr

Ingolstadt (DK) Der bayerische Wirtschaftsminister Erwin Huber war am Freitag in Ingolstadt zu Gast. Nach einem Gespräch mit OB Alfred Lehmann traf der CSU-Politiker Vertreter der einstigen Kontrahenten IN-City und FOC. Bei einem Rundgang stellte Huber klar: Am Sonntag bleiben in Bayern die Läden zu.

Er gilt zwar eher als macht-, denn modebewusst, aber Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber versteht es, sich auch in einem leeren Fachgeschäft für Herrenoberbekleidung in Pose zu werfen wie in einem vollen Bierzelt. Breitbeinig, die Hände lässig in die Seite gestützt, wie man den Niederbayern kennt, schlenderte er am Freitagnach?mittag durchs sommerlich entvölkerte Fa?brikver?kaufs?zent?rum (FOC), wo ihn OB Alfred Lehmann sofort dezent in das Domizil eines Ingolstädter Tra?ditionsschneiders lotste. Dort hielten sich die Angestellten ehrfurchtsvoll im Hintergrund, drei Kleiderständer vom Minister entfernt. Aber nicht mit Erwin Huber. "Was is, Bäumler!", tönte er in den Laden. "Wollt’s ihr nix verkaufen?"

Wollten sie schon, aber Huber war ja mehr zum Repräsentieren da. Während seine zwei Leibwächter mit wachem Blick Krawatten musterten und IFG-Chef Werner Richler ein Stück abseits fast unbemerkt in Sakkos schlüpfte, posierte Huber b etont hemdsärmelig in einer Jacke aus der vorigen Saison.

Davon gingen zumindest alle aus, schließlich versichert die FOC- Chefetage beflissen, sich an die Auflagen zu halten. Doch das Gezanke zwischen den Händlern in Ingolstadt Village und In?golstadt-Altstadt ist inzwischen ohnehin von einem Friedensschluss abgelöst worden. Jetzt mag man sich. Keine Vorwürfe mehr, dass im FOC angeblich aktuelle Kollektionen feilgeboten werden. Diese neue Harmonie verstand der Minister, der sich zuvor mit IN-City-Chef Franz Mayr getroffen hatte, im FOC demonstrativ zu würdigen: "IN-City ist eine sehr bemerkenswerte Initiative."

Überhaupt wusste Huber nur Gutes über Ingolstadt zu berichten. Ein "Motor der wirtschaftlichen Entwicklung Bayerns" sei die Stadt, und auch sonst gereiche Ingolstadt vielfach zum Vorbild. Etwa bei Hu?bers Ansinnen, Gegner und Befürworter einer Aufhebung des Ladenschlusses in Versöhnung zu?sammenzuführen. "Ich halte das Ingolstädter Modell, eine festgelegte Zahl von Event-Abenden zu veranstalten, für einen guten Kompromiss."

Harmonie allenthalben. Keinerlei Anspielungen auf seinen Konkurrenten um das Amt des CSU-Vorsitzenden, so wie noch bei seinem Besuch im März, als Huber kaum eine Gelegenheit ausließ, gegen Horst Seehofer zu sticheln. Und vor allem kein Wort mehr über die "natürliche Ordnung" im Reich der Autos, wonach BMW immer vor Audi komme. Auch dafür hatte Huber da?mals in Ingolstadt eher mäßigen Zuspruch erhalten.

Obgleich er sich diesmal zurückhielt: Huber genoss seine Exkursion ins Seehofer-Land. Entspannt spazierte er mit seiner Entourage durch das amerikanisierte Ambiente des Village, derweil ihn Steven Cunningham vom Betreiber Value Retail zur Linken und die Tourismusmanagerin Constanze Hil?ger zur Rechten auf Schritt und Tritt in die Feinheiten des neubayerischen Bu?siness einführten. Nach deren ausführlichen Referaten über "Shoppingtourismus", "Jobmotoren", Marketing und Life??style focht Huber am Ende bei Champagner und Muffins für die Tradition. "Am Sonntag bleiben die Läden zu!" Das wiederholte der Wirtschaftsminister, bis das Ge?sicht des FOC-Managers an Sonnigkeit verlor. Huber setzte eins drauf: "Dieser Tag ist uns heilig! Da is nix zu machen."

Cunningham hielt tapfer dagegen. Vor 20 Jahren hätte ja auch noch keiner gedacht, dass man mal samstags nach 14 Uhr einkaufen könne, sagte er. "Wir müssen nur geduldig sein!"

Ja, ja, murmelte Erwin Huber mit Siegerlächeln. "Des wer ma dann scho sehn." Anschließend bekamen alle ein Eis.