Mindelstetten
Heldin wider Willen

Bei einer Lesung in Mindelstetten stellt Kinderbuchautorin Franziska Gehm ihre neue Reihe "Carla Chamäleon" vor

15.10.2021 | Stand 21.10.2021, 3:35 Uhr
Ein Mädchen, das sich unsichtbar machen kann: Franziska Gehm stellte ihre neue Buchreihe "Carla Chamäleon" im Bürgersaal in Mindelstetten vor. Jedes Kind wollte ein Autogramm und ein signiertes Buch, die Autorin nahm sich dafür viel Zeit und schrieb ganz individuelle Widmungen. Manches Kind bekam sogar eine kleine Zeichnung der Autorin in sein Buch. −Foto: Kellner

Mindelstetten - Scharrende Stühle, aufgeregtes Gemurmel: Fast 40 Kinder haben im Bürgersaal des Mindelstettener Gemeidnezentrums Platz genommen.

Und nicht nur die Kinder warten voller Spannung, auch das vierköpfige Büchereiteam und die Lehrerinnen der Grundschule sind schon ganz gespannt. Die bunten Cover der neuen Buchreihe der Bestsellerautorin Franziska Gehm, die der Beamer an die Wand wirft, machen schonmal Lust auf mehr.

Um 15 Uhr ist des dann soweit: Franziska Gehm übernimmt das Mikrofon, begrüßt die Kinder und stellt gleich ein paar Fragen. Natürlich wissen die Mädchen und Buben, dass eine Autorin Bücher schreibt und nicht den ganzen Tag mit dem Auto durch die Gegend fährt. Mit viel Witz erklärt Gehm den Kindern, wie eine Autorin arbeitet. "Ich zum Beispiel gehe jeden morgen mit meiner Kaffeetasse in mein Büro unters Dach und schreibe. " Manchmal rede sie dann auch mit der Kaffeetasse, denn sie sei ja sonst ganz alleine im Büro. Aber das sei gar nicht so schlimm, erklärt sie den Kindern, denn die Kaffeetasse sei eine ganz wunderbare Zuhörerin und vor allem finde sie alle Ideen der Autorin ganz toll. Doch an Tagen wie diesem ist Franziska Gehm auf Lesereise. Da sei sie oft eine ganze Woche nicht zu Hause, dann müsse die Kaffeetasse alleine im Büro bleiben.

Eine Superheldin, die keine sein will

Über 50 Kinder- und Jugendbücher hat sie in ihren 18 Jahren als Autorin schon geschrieben. Unter anderem 13 Bände der bekannten Buchreiche "Die Vampirschwestern", aber auch die bunten Geschichten der "Vulkanos" und die wilden Regenwaldabenteuer von "Ratz und Mimi". An diesem Tag hat sie den ersten Band ihrer neuen Buchreihe "Carla Chamäleon" mit nach Mindelstetten gebracht. Carla Niemann, so heißt die neue Buchheldin, wäre jedoch lieber alles andere als eine Superheldin. Superhelden haben Superkräfte und coole Superhelden-Outfits, die auffallen, das wissen alle Kinder. Carla dagegen möchte nicht auffallen. Ihre einzige und beste Freundin Herta ist ans andere Ende der Welt gezogen und nun muss Carla den ersten Schultag nach den Ferien ganz allein überstehen. Am liebsten würde sie sich in der letzten Reihe unsichtbar machen, einfach zum Stuhl werden. Doch da kommt ein neuer Schüler in die Klasse. Jan-Ole Heinz, von seinen Freunden Jole genannt, hat sich Carla als neue Sitznachbarin ausgesucht. Jole ist ein richtiger Klassenclown, ihm ist nichts peinlich. Carla dagegen umso mehr. Als sich der Neue neben sie setzt und alle zu ihnen in die letzte Reihe starren, passiert es zum ersten Mal: Carlas Hände verschwinden auf der Tischplatte. Also eigentlich sind sie noch da, sie sehen nur jetzt genauso aus wie die Tischplatte.

Ausdrucksstark und mit verstellen Stimmen zieht die Autorin Klein und Groß in ihren Bann. Der wunderbare englische Akzent der Englischlehrerin Frau Buck und die vorwitzigen Sprüche von Jole sorgen für viele Lacher. So zischt Jole Carla in der letzten Reihe zu: "Können Lehrer schwimmen? " So verdutzt wie Carla wirken auch die Kinder samt ihren Lehrerinnen im Gemeindesaal. Die Auflösung folgt prompt: "Naja, zuerst schwimmen sie, denn sie sind ja hohl, aber am Ende gehen sie unter, denn sie sind ja nicht ganz dicht", erklärt Jole mit breitem Grinsen. Der ganze Bürgersaal lacht, selbst die Lehrerinnen. "Das ist mein ultimativer Lehrerinnen-Test", meint Gehm, "und eure haben bestanden. " Denn wenn Lehrerinnen bei dieser Textstelle noch lächeln können, dann müssen es richtig Nette sein, so die Autorin.

Natürlich wird es auch noch richtig spannend, denn nicht nur Jole beobachtet, dass Carla in unangenehmen Situationen unsichtbar wird, auch eine geheime und kriminelle Organisation wird auf die unfreiwillige Heldin aufmerksam - und beschattet sie. Carla will ihre "Chamäliose" lieber heute als morgen loswerden, so probiert sie alle Tipps des etwas merkwürdigen Dr. mäd. Haubenmacher aus, natürlich mit Unterstützung von ihrem neuen Freund Jole. Peinliche Eltern, ein Soloauftritt, nächtliche Treffen von zwielichtigen Gestalten: All das erwartet die kleinen und großen Leser in diesem lustigen und spannenden Reihenauftakt.

Autogrammstunde mit individuellen Widmungen

Im Anschluss an die gelungene Lesung gibt es noch Zeit für Fragen an die Autorin. Auf die Frage, wie lange sie braucht, um ein Buch zu schreiben, zeigt Franziska Gehm den Kindern verschiedene Bücher, die sie schon geschrieben hat, und erklärt, dass es ganz unterschiedlich sei. Ein schnelles Buch, das schreibe eine Autorin in drei bis vier Monaten, ein langes dauere ein Jahr und manche sogar drei bis vier Jahre. Auf die Idee zum Buch "Carla Chamäleon" habe sie ihr Sohn gebracht. Eines Abends hatte dieser einen Schlafanzug an, der fast das gleiche Muster wie die Bettwäsche hatte, damit schmiss er sich aufs Bett und rief: "Ich bin ein Chamäleon! " Ein Kind, dass sich unsichtbar machen kann: Daraus wollte sie eine Geschichte machen, erklärt die Autorin in Mindelstetten.

Ob sie eher für Jungen oder für Mädchen schreibe, will eine Lehrerinnen wissen. "Für alle", antwortet Gehm. Die Zielgruppen-Einteilung würde eher von den Verlagen gemacht, auch Jungen würden die Geschichten der Vampirschwestern gefallen. Und so finden sich am Schluss auch Jungen und Mädchen vor dem Tisch ein, den das Büchereiteam aufgebaut hat. Jedes Kind will ein Autogrammkarte oder eine persönliche Widmung in sein Buch. Franziska Gehm nimmt sich gerne Zeit, schreibt nette und lustige Texte in jedes Buch und das eine oder andere Kind kann sich sogar über eine kleine Zeichnung der Autorin freuen.

Bettina Batz, Katrina Forstner, Christiane Klemeyer und Nicole Miersch von der Pfarr- und Gemeindebücherei freuen sich über eine gelungene Veranstaltung. Mit einem Lebkuchenherz vom Kulturmarkt bedanken sie sich bei Franziska Gehm. Ebenso bedanken sie sich beim Sankt Michaelsbund, ohne den die Lesung nicht zustande gekommen wäre. Denn das Projekt wird gefördert im Rahmen der Initiative "Neustart Kultur" der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch den Deutschen Literaturfonds.

DK