Ingolstadt
Hauskauf im Bieterverfahren

Zwangsversteigerungen können eine Chance für Interessenten sein - In Ingolstadt aber ist Günstiges rar

28.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:08 Uhr
Bekanntmachung: Wenn Häuser wie das in Mörnsheim versteigert werden, finden sich alle Details auf www.zvg-portal.de. −Foto: Richter Horst

Ingolstadt (DK) Der Immobilienmarkt im Raum Ingolstadt ist angespannt, Häuser sind kaum noch zu bezahlen. Wer hofft, über eine Zwangsversteigerung billig kaufen zu können, braucht Glück. Auch hier orientieren sich die Preise längst am Markt.

Zum Ersten, zum Zweiten zum Dritten! In Filmen sieht alles so einfach und unkompliziert aus. Im richtigen Leben erfolgt eine Versteigerung streng nach den Buchstaben des Gesetzes. "Wir hatten 2016 am Amtsgericht Ingolstadt zwischen 120 bis 130 solcher Verfahren", sagt Martin Altrichter als verantwortlicher Rechtspfleger. "Jedes dritte oder vierte regelt sich aber noch anderweitig." Am Gericht in Ingolstadt kommen auch Immobilien aus den drei umliegenden Landkreisen zur Versteigerung.

Altrichter spricht bei diesen Zahlen von einem "gemäßigten Aufkommen", denn "das richtet sich nach dem Markt. In Ingolstadt kann man selbst für eine Hundehütte horrende Preise verlangen", bringt er die Lage überspitzt auf den Punkt. Soll heißen: Solange ein Haus anderweitig zu (gutem) Geld gemacht werden kann, bleibt die Zwangsversteigerung - weil meist weniger gewinnbringend - das letzte Mittel. In abgelegenen Ortschaften der Region ist hingegen durchaus noch ein guter Kauf per Gebot zu machen.

Es ist Dienstag, 11 Uhr, Sitzungssaal 28 im Ingolstädter Amtsgerichtsgebäude an der Schrannenstraße. Rechtspflegerin Gabriele Alkofer bringt ein Wohnhaus in Mörnsheim (Kreis Eichstätt) - Gebäude und Freifläche bringen es auf 227 Quadratmeter - sowie ein unbebautes Grundstück mit 301 Quadratmetern zum Aufruf. Der Verkehrswert summiert sich auf 131 000 Euro. Sie spricht von einem "Gesamtausgebot", wie Juristen sagen, wenn die Objekte nur als Paket und nicht einzeln zu bekommen sind. Es ist bereits der vierte Anlauf, die ersten drei Male hatte sich kein Käufer gefunden. Drei Mitarbeiter einer Bank nehmen als Gläubigervertreter Platz. Die Rechtspflegerin hat das Mindestgebot auf 10 900 Euro festgesetzt. "Das richtet sich nach den Auslagen, zum Beispiel den Gerichts- und Gutachterkosten", sagt sie.

Eine halbe Stunde beträgt die Mindestbietzeit, elf Interessierte sind gekommen. Aber nicht alle spekulieren auf das Haus in Mörnsheim. "Ich möchte mir nur mal ansehen, wie so etwas abläuft", sagt eine 35-Jährige. Die junge Mutter ist in Ingolstadt aufgewachsen, lebt inzwischen auswärts, möchte aber zurück in die Schanz. Doch Mietkosten und Immobilienpreise sind hoch. "Da hat mein Mann die Idee mit der Versteigerung gehabt", erzählt sie.

Ähnlich ergeht es einem 48-Jährigen aus Ingolstadt, dem ein Haus im Ortsteil Friedrichshofen vorschwebt, es steht im Dezember zur Versteigerung. Ihn interessiert ebenfalls, wie das Bieterverfahren genau abgeht. "Ich glaube aber nicht, dass ich was Günstiges kriegen kann, da sind schon zu viele Bauträger dran. Am Ende bezahlt man hier wahrscheinlich die ortsüblichen Quadratmeterpreise."

Ein 55-Jähriger aus Weißenburg ist als reiner Zuhörer da. Mörnsheim ist für ihn zwar nicht so weit weg, "aber ich suche eigentlich kein Wohnhaus, sondern eine große Scheune", sagt er. Der Mann handelt mit Bambusprodukten. Ganz vorne im Saal hat der Mörnsheimer Bürgermeister Richard Mittl einen Platz gefunden. Sein Anliegen geht in Richtung schöneres Ortsbild: "Wenn heute jemand ernsthaft bietet, dann möchte ich ihm gleich sagen, dass es für die Außenfassadensanierung bis zu 30 Prozent Zuschuss gibt. Das kann ein Anreiz sein."

Am Ende findet sich tatsächlich ein Käufer. Ein 53-jähriger früherer Steinbrucharbeiter aus Pappenheim schlägt zu - sein Erstgebot von 35 000 Euro erhöht er nach Rücksprache mit einem der Bankvertreter noch auf 38 000 Euro - sonst hätten die Gläubiger dem Zuschlag wohl nicht zugestimmt. Gabrielle Alkofer macht das Fass zu und erstellt den Beschluss. "Sie sind jetzt Eigentümer", gratuliert die Rechtspflegerin. Noch im Gericht erhält der erfolgreiche Bieter die Schlüssel. Der Mann plant eine Sanierung der Innenräume, um das Haus zu vermieten. "Morgen schaue ich mir das gleich an."

Wer ernsthaft mitbieten will, muss übrigens eine Sicherheit mitbringen, was das Finanzielle betrifft. Aber nicht immer geht es so gemütlich ab wie gestern. Wenn in drei Wochen das erwähnte Haus in Friedrichshofen zum Aufruf kommt, wird der Saal vermutlich proppenvoll sein - und die Bieter werden sich bis zuletzt übertreffen. 80 Gebote hatte Rechtspflegerin Alkofer schon einmal, als es um eine Wohnung in Pfaffenhofen ging. Und bei Objekten in Ingolstadt geht es erfahrungsgemäß noch viel heißer her.