Ingolstadt
Haushaltssperre ade!

Referent zieht sein Notfallinstrumentarium nach Kritik der Opposition im Finanzausschuss zurück

23.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:10 Uhr
Auftakt zu einer ganzen Reihe von Schulbauprojekten: Im Oktober erfolgte der erste Spatenstich für die Emmi-Böck-Schule in Zuchering. Die Stadtspitze erinnert daran, dass die Rücklagen für solche und andere Vorhaben langfristig verplant sind. −Foto: Rössle/Stadt Ingolstadt

Ingolstadt (DK) Aus Sitzungen kommt man mitunter anders heraus, als man hineingegangen ist. Finanzreferent Franz Fleckinger kam gestern nach einstündiger Debatte im Finanzausschuss seine bis Sitzungsbeginn noch für wichtig erachtete zehnprozentige Haushaltssperre abhanden.

Schon in der jüngsten Stadtratssitzung hatte SPD-Fraktionschef Achim Werner die Jahr für Jahr beobachtete Diskrepanz zwischen erwarteten und tatsächlichen Gewerbesteuereinnahmen und Rücklagenentnahmen und die dadurch stets (zum Glück positiv) verfehlten Prognosen in der mittelfristigen Finanzplanung der Stadt angeprangert. Gestern tat er das vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltsansätze für 2018 (DK berichtete gestern ausführlich) erneut.

Der SPD-Sprecher äußerte angesichts einer absehbaren sehr komfortablen Finanzsituation Unverständnis für eine abermals vom Finanzreferenten geplante Haushaltssperre. Auch Petra Kleine (Grüne) und Christian Lange (Bürgergemeinschaft) kündigten erhebliche Bedenken gegen dieses Instrument an. Lange sprach angesichts der von der Rathausspitze verlangten Ausgabendisziplin der jüngeren Vergangenheit und dann unterm Strich doch stets guten Jahresabschlüssen von einer regelrechten "Vernebelung", die womöglich dazu gedient habe, den Stadtrat bei der Etatgestaltung über Gebühr zu gängeln.

Das forderte natürlich Gegenrede aus der Rathauskoalition heraus. CSU-Sprecher Hans Süßbauer erinnerte daran, dass die Situation der Stadt angesichts des VW-Abgas-Skaná ?dals mit erwarteten Gewinneinbrüchen im Autokonzern und deshalb befürchteten Gewerbesteuerrückgängen ernst genug gewesen sei. Die Opposition könne heute nicht so tun, als habe es da keinen Grund zur Sorge gegeben. Auch FW-Fraktionschef Peter Springl erinnerte an den ernsten Hintergrund der vorsichtigen Finanzplanung. Er glaubt, dass man angesichts aller Unwägbarkeiten finanzpolitisch doch ganz gut gefahren sei: "Wir sind nicht voll auf die Bremse getreten, aber wir werden jetzt auch nicht voll aufs Gas treten."

Auch OB Christian Lösel, der nochmals an die weitreichende Bindung der städtischen Rücklagen durch große Investitionen (vor allem auch im Schulbau, siehe Tabelle) erinnerte, sprang seinem Finanzreferenten zur Seite: Es sei gut und redlich vom Referenten, den Etat jeweils "solide und vorsichtig" zu planen. Lösel zu Fleckinger: "Da stärke ich Ihnen den Rücken!"

Dennoch zog der städtische Finanzminister seine Etatsperre, die er zwischendurch noch zur nur im Notfall und dann auch nur selektiv wirksamen "Bewirtschaftungssperre" erklärt hatte, angesichts des Gegenwinds aus der Opposition plötzlich zurück. Dass sie in der Haushaltssitzung des Stadtrates am 5. Dezember nochmals aus dem Hut gezaubert wird, ist kaum zu erwarten.

Über den 643,6 Millionen Euro umfassenden Etatentwurf für 2018 ist gestern vom Finanzausschuss noch nicht abgestimmt worden. Angesichts kurzfristig eingereichter Änderungsanträge von Freien Wählern und Grünen soll über das Planwerk nochmals in den Fraktionen beraten werden.
 

Zu wenige Stellen "hart am Bürger"?

 
Die kontinuierlich gestiegene Arbeitsbelastung in einigen Ämtern der Stadtverwaltung und eine daraus womöglich resultierende Überforderung von Mitarbeitern bereitet einigen Stadträten Sorge.
 
Man höre aus bestimmten Bereichen immer mehr Klagen, erklärte SPD-Fraktionschef Achim Werner gestern im Finanz- und Personalausschuss, als dort über den neuen Stellenplan der Verwaltung für 2018 gesprochen wurde.

Exemplarisch nannte Werner das Hochbau-, das Gesundheits- und das Ausländeramt. Man erkenne am neuen Planwerk zwar, dass es eine gewisse Stellenmehrung gebe, doch betreffe diese nach seinem Eindruck mehr Stabsbereiche als solche Ämter, die "hart am Bürger arbeiten", so der SPD-Sprecher.

OB Christian Lösel wies diese Deutung zurück. Er betonte, dass zwei Drittel der neu eingeplanten Stellen "am Bürger" entstünden, am deutlichsten wohl auf dem Sektor der Kinderbetreuung: Für die Kindertagesstätten seien 34 neue Stellen vorgesehen.

Grünen-Sprecherin Petra Kleine sieht nach wie vor großen Personalbedarf im Bauamt. Dass dort nach einem neuen Konzept Projekte nur noch an Planungsbüros vergeben und aus dem Technischen Rathaus heraus nur noch eine Projektbetreuung erfolgen solle, stimme sie nachdenklich, so Kleine. Das sei "eine neue Situation; das hatten wir bisher nicht". Auch Christian Lange, Fraktionschef der Bürgergemeinschaft, sieht nach wie vor Defizite im Bauamt. Dass er nun schon beinahe sechs Wochen auf eine Antwort von dort auf eine Anfrage warten müsse, sage wohl schon alles.

Eine Stellenmehrung im Gartenamt, wie von Thomas Thöne (ÖDP) mit Blick auf die nahende Landesgartenschau erfragt, macht nach Auffassung von Stadtbaurätin Renate Preßlein-Lehle derzeit keinen Sinn. Die Arbeit, die diesbezüglich anfalle, sei bei der Projektgesellschaft gut aufgehoben. Das Gartenamt werde wohl erst stärker gefragt sein, wenn es nach 2020 um die dauerhafte Pflege der neuen Grünanlage gehen werde.