Hauptschüler schwingen den Kochlöffel

26.11.2009 | Stand 03.12.2020, 4:28 Uhr

Tomaten-Mozzarella-Türmchen gefällig? Mit Ausbilder Torsten Stöckel haben die Achtklässler ein leckeres Menü gekocht. Außerdem gab es Kartoffelsuppe mit Trüffelöl, Hähnchenbrustfilet mit Kräutertagliatelle und tomatisiertem Gemüse sowie Vanillecreme mit Kirschragout. - Foto: Zell

Riedenburg (DK) Kochen statt Mathematik und Hämmern statt Deutsch – für die Achtklässler der Riedenburger Volksschule steht eine Woche lang Berufsförderung auf dem Stundenplan. Das Mobile Ausbildungscoaching soll den Jugendlichen einen Einblick in verschiedene Berufe ermöglichen.

Im Werkraum staubt’s. Dichte Schwaden steigen von dem schweren Sack mit Estrichbeton auf, den Ausbilder Christian Gabler gerade aufgeschnitten hat. "Nicht einatmen, das ist ungesund", warnt er. Und sofort treten die Schüler – Achtklässler der Riedenburger Volksschule –, die im Halbkreis neugierig jeden Handgriff des 27-Jährigen beobachten, einen Schritt zurück. Weg vom Estrich-Staub, der Gabler scheinbar wenig stört. Er nimmt einen hölzernen Kochlöffel und schöpft eine ordentliche Portion des grauen Pulvers in einen Eimer. Wieder staubt es. "Noch ein bisschen Wasser", sagt er, schüttet etwas dazu und verrührt die klumpige Masse. Ein prüfender Blick, noch ein wenig Wasser mehr und fertig ist die Mischung. "Jetzt brauchen wir noch ein paar kleine Behälter zum Schütten und dann könnt ihr das alle selbst machen", erklärt Gabler und zeigt auf die fertigen Formen aus Holz und Plastik, die die Schüler schon auf ihren Werkbänken vorbereitet haben.

"Wichtiges Projekt"

Aus den noch losen Konstruktionen soll später – nachdem die Achtklässler die Estrichbeton-Mischung eingefüllt haben, eine schmucke Vogeltränke entstehen. Wie das gehen soll, können sich die meisten Jugendlichen noch nicht vorstellen. "Das sehen sie dann schon noch", meint Christian Gabler zufrieden. Einen Tag lang soll der gelernte Schreiner aus Rohr, der derzeit Sozialpädagogik studiert, den Schülern einen kleinen Einblick ins Berufsleben verschaffen. Insgesamt fünf Berufsfelder – Hotel- und Gaststätten, Holz, Metall, Kosmetik- und Körperpflege und den heutigen Bereich Bau/Trockenbau – lernen die jungen Leute eine Woche lang kennen. Ob sie marinierte Tomaten-Mozzarella-Türmchen zubereiten, eine Rose aus Metall zuschneiden oder eben eine Vogeltränke gießen – Abwechslung ist garantiert. Mobiles Ausbildungscoaching, kurz Moba, nennt sich das Projekt, das die Volksschule zusammen mit dem Beruflichen Fortbildungszentrum der Bayerischen Wirtschaft (bfz) Straubing ihren Achtklässlern bietet.

"Ein ganz wichtiges Projekt", findet auch Konrektorin Nicola Moritz-Holzapfel. Die achte Klasse sei ein grundlegendes Jahr für die Schüler, die sich spätestens im Laufe der neunten Jahrgangsstufe um einen Ausbildungsplatz bewerben müssen. Dann schon eine Ahnung zu haben, in welche Richtung die Berufssuche gehen soll – oder in welche nicht –, kann auf dem Arbeitsmarkt Gold wert sein.

Lärm. Hammerschläge knallen. Ein Tacker klickt. Eine Holzlatte fällt auf den Boden. Schüler wuseln umher; ein Gewirr aus Stimmen füllt den Werkraum. Und mittendrin Christian Gabler und Maria Kestel vom bfz, die von einem Tisch zum anderen hetzen – immer mindestens einen fragenden Schüler im Schlepptau. "Können Sie mal schauen, ob das so passt", will Stefan wissen. "Ist die Mischung so in Ordnung", fragt Maria. Und "Langt der Kreis so" ist Rebeckas Frage.

Kampf mit den Schrauben

Bei ihr passt der Kreis aus kleinen quaderförmigen Holzteilen, mit dem die Buben und Mädchen die Plastikformen auf einer schweren Pressholzplatte fixieren. Bei einigen anderen allerdings noch nicht. "Das könnt ihr jetzt alle selbstständig machen", sagt Christian Gabler und zeigt den Schülern das fast fertige Musterbeispiel, an dem sie sich bei ihrer eigenen Tränke orientieren können.

Also wieder schrauben. Erst raus aus dem Holz und dann, ein paar Zentimeter versetzt, wieder rein ins Holz. Eine mühsame Handarbeit, die einige der Jugendlichen so gar nicht gewöhnt sind. Was sie aber nicht davon abhält, fleißig mitzumachen. Während Nadine und Maria sich schon an der Estrichbeton-Mischung versuchen, kämpfen Angelina und Ella noch mit dem Schraubenzieher. "Schau mal, du hältst den ganz anders", erklärt Gabler und zeigt den beiden Mädchen die richtige Handhaltung.

Quantität entscheidet

Wie man einen Schraubenzieher am besten hält, weiß Philipp genau. Dafür hat er die Länge der Schrauben nicht richtig eingeschätzt – und die Platte am Tisch festgeschraubt. Immerhin nicht seine eigene, sondern die von Chira. Dem Mädchen macht das aber nichts aus. Sie lacht nur – während Philipp rot anläuft – und dreht die erste Schraube schnell wieder raus.

Beim Arbeitsplatz nebenan, dem von Rebecka, ist es unterdessen richtig laut. Damit sich der Estrichbeton setzt und schließlich besser trocknet, müssen die Jugendlichen hämmern. Einige gezielte Schläge rings um die Formen. Immer wieder lässt das Mädchen den Hammer auf die Holzplatte runtersausen. "Nicht fest, aber oft", rät ihr Gabler und geht weiter zur nächsten Werkbank.

Stefans Vogeltränke ist fast fertig. Nur der letzte Schritt fehlt ihm noch. "Der magische Moment", wie Gabler grinsend meint. Damit sich Wand und Boden der Tränke verbinden, muss die innere Form etwa angehoben werden. "Nur ein kleines Stück", erklärt er dem Schüler, der nur zögerlich mit anpackt. Zwischen Daumen und Zeigefinger zieht er langsam an dem grünen Plastikteil, das zentimetertief im Estrichbeton steckt. "Vorsichtig, so dass der Beton außen höher ist als innen", sagt Gabler. Und . . . geschafft. Noch schnell den Namen draufschreiben und dann aufs Fensterbrett stellen. Zum Trocknen. Nass wird die Vogeltränke noch früh genug.