Hat Wolfgang P. auf die Polizisten gewartet?

Beim Prozess gegen den mutmaßlichen "Reichsbürger" aus Georgensgmünd sagt ein Mitbewohner des Angeklagten aus

20.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:28 Uhr

Nürnberg (DK) Hat Wolfgang P. ganz gezielt auf die Polizisten geschossen, die nach Georgensgmünd (Kreis Roth) gekommen waren, um ihm die Waffen abzunehmen? Oder dachte der mutmaßliche "Reichsbürger", er wird überfallen? Beim Mordprozess am Landgericht Nürnberg hatte ein Gutachter den Angeklagten mit den Worten wiedergegeben, er habe gemeint "der dritte Weltkrieg bricht aus". Zu keinem Zeitpunkt habe er gewusst, dass es Beamte des Sondereinsatzkommandos waren, die sich in seinem Haus befanden. Die befragten Polizisten hatten ausgesagt, dass sie sich sehr wohl mit "Achtung, Polizei" zu erkennen gegeben hätten, außerdem seien Sirene und Blaulicht an gewesen.

Am Dienstag nun wurde ein Mitbewohner von Wolfgang P. zu dem tödlichen Polizeieinsatz vom 19. Oktober befragt. Seinem Auftritt nach zu schließen gehört er mutmaßlich auch der "Reichsbürger"-Bewegung an. Er berichtete, wie er morgens durch "dumpfe Schläge" geweckt worden sei und Schreie und Lärm im Haus gehört habe. Seine Lebensgefährtin sei schon wach gewesen, auch sie habe geschrien. "Und sie hat am ganzen Leib gezittert. Sie dachte, ISIS ist gekommen." Der 47-Jährige behauptete, weder das Wort "Polizei" noch eine Sirene gehört zu haben.

Nach den Schilderungen des Zeugen hätten Wolfgang P. und er am Vorabend des Vorfalls bemerkt, dass die Straßenlaternen aus waren. Bei seiner polizeilichen Vernehmung hatte er berichtet, dass Wolfgang P. daraufhin gesagt habe: "Die werden mich doch wohl nicht überfallen wollen." Die Nachfrage, wer mit "die" gemeint sei, hatte er bei seiner Vernehmung noch so beantwortet: "Die Polizei." Davon rückte er jedoch am Dienstag vor Gericht ab. "Ich weiß nicht, wen er da gemeint hat."

Nach Wolfgang P.s Festnahme ist der Zeuge mit Freunden zu einer Basis der amerikanischen Streitkräfte gefahren, um die Soldaten um Hilfe zu bitten. Was sie da wollten? "Rat." Es sind Momente wie diese beim Prozess am Landgericht Nürnberg, wo man nur noch fassungslos den Kopf schütteln kann über die seltsame Gedankenwelt dieser "Reichsbürger".