Harmonie-Show

Kommentar

17.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:03 Uhr

Die Parteitagsregie in Nürnberg hat ziemlich gut funktioniert. Eines jedoch konnte sie nicht verhindern: Horst Seehofer ist mit einem Ergebnis als Parteichef bestätigt worden, das für CSU-Verhältnisse nicht gerade ein strahlender Sieg ist. 83,7 Prozent: Das ist eine Watschn, da gibt es nichts zu beschönigen.

Dabei kann der Ingolstädter noch froh sein, dass er über den 81,9 Prozent gelegen hat, die SPD-Chef Martin Schulz neulich in Berlin bekommen hat. Die vergleichsweise dürftige Zustimmung zum Vorsitzenden war vielleicht das Ehrlichste auf dem ganzen Parteitag. Alles andere als glaubwürdig war jedenfalls die große Harmonie-Show, die Seehofer und sein designierter Nachfolger als Regierungschef, Markus Söder, inszeniert haben.

Natürlich, man kann Konflikte begraben und sagen: Wir haben eingesehen, dass unser Machtkampf und unser Gezänk der Partei schaden, darum wollen wir uns bemühen, künftig an einem Strang zu ziehen. Aber so zu tun, als seien die ganzen Intrigen und Demütigungen nichts als "Knallerbsen" gewesen, ist ebenso wenig überzeugend wie Seehofers Lobhudelei auf seinen langjährigen Rivalen, dem er vor noch gar nicht so langer Zeit "Schmutzeleien" unterstellt und die charakterliche Eignung für ein hohes Staatsamt abgesprochen hat. Dass die Christsozialen dieses durchsichtige Schauspiel über sich ergehen ließen, liegt wahrscheinlich vor allem daran, dass sie sich tatsächlich nach Frieden und Harmonie sehnen.

"A Ruah is" - das ist die Botschaft von Nürnberg. Doch man fragt sich: Wie lange? Wird es Seehofer als Parteichef und Söder als Ministerpräsident wirklich gelingen, das große Ganze im Blick zu haben? Die Landtagswahl im kommenden Jahr sollte disziplinierende Wirkung haben. Was aber ist, wenn Söder mit dem, was Seehofer in Berlin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und Schulz aushandelt, nicht einverstanden ist? Oder wenn die CSU bei der Wahl unter der von Seehofer festgelegten Zielmarke von 40 Prozent plus X bleibt? Dann wird sich zeigen, wie dick die neue Freundschaft zwischen den bisherigen Feinden Söder und Seehofer wirklich ist.