Ingolstadt
Happy Hour mit Pinsel und Farbe

Bilder am Abend: Hobbykünstler treffen sich in Lokalen in der Stadt zum gemeinsamen Malen

11.02.2019 | Stand 23.09.2023, 5:56 Uhr
Gesellige Runde: Brigitte Siegl (Mitte) im Kreis einiger ihrer Teilnehmerinnen bei der Artnight. Das gemeinsame Malen in einem Lokal bietet die Hobbykünstlerin jeden Dienstag an. −Foto: Brandl

Ingolstadt (DK) In einigen Ingolstädter Lokalen macht sich derzeit zur Happy Hour am frühen Abend die Hobbykünstler-Szene breit. Social Painting Party - frei übersetzt das Malen in lockerer Runde - nennt sich der Trend, der aus den USA stammt und nun auch in der Schanz sein Publikum gefunden hat.

Die kleinen Leinwände stehen schon bereit, als die Teilnehmerinnen nach und nach ihre Plätze einnehmen. Die Atmosphäre erinnert an gelöste Kaffeekränzchen-Stimmung. Einige Frauen stellen sich einen bunten Cocktail neben die Miniaturstaffelei, andere bevorzugen eine Kanne heißen Tee fürs kreative Schaffen. Gleich werden alle beginnen, ein Bild zu malen: Einen Elefanten in der afrikanischen Steppe. Ungewöhnlich an dem Setting ist, dass die Runde nicht in einem Atelier zusammenkommt, sondern in einem Lokal - an diesem Dienstagabend im TamTam. Die ersten unbeteiligten Gäste sitzen nur unweit der Künstler an ihren Tischen, lassen sich Hähnchen-Nuggets schmecken und plaudern. Ein paar Plätze weiter wird auf Flaschen mit Acrylfarbe gedrückt und mit Bleistiften skizziert. Eingeladen zu dem Workshop hat Brigitte Siegl, die das Konzept von Artnight - so heißt die Berliner Firma, die die Idee online an lokale Künstler vermarktet - für Ingolstadt übernommen hat. Mittlerweile ist sie in ihrer Heimatstadt damit nicht mehr allein, was zeigt, wie groß die Nachfrage nach dem schnellen Bild zur Feierabendstunde ist. Die Teilnehmer kommen rasch zu einem Ergebnis, worin die Hobbymalerin auch einen Grund für den Zuspruch sieht: "Andere Kurse dauern oft über mehrere Termine, das schreckt die Leute ab." Bei Artnight gehe es zudem lockerer zu, und der Spaß stehe im Vordergrund.

Siegl arbeitet als Krankenschwester, widmet sich aber seit vielen Jahren der Aquarellmalerei und ist Mitglied im Verein Kunstwerk im Klenzepark. Dass die rund zwölf Teilnehmerinnen an diesem Abend alle weiblich sind, ist nicht gewollt, liegt aber in der Natur der Sache. "Es kommen zu 90 Prozent Frauen, die Männer manchmal nur als Begleitung, alleine zum Malen aber selten", sagt sie. Die meisten sitzen auch nicht das erste Mal vor einer Leinwand, wie die Werke erahnen lassen. Wer möchte, kann sich das Motiv, das Siegl zuvor ausgesucht und online gestellt hat, aber hinter die Leinwand klemmen und es übertragen. Vorkenntnisse seien nicht erforderlich. In der Gestaltung ihrer Werke sind die Teilnehmer völlig frei. Siegl unterstützt nur, wo ihr Rat gefragt ist. Sämtliche Utensilien werden gestellt. Die fertigen Arbeiten dürfen mitgenommen werden. Das sei im Preis inbegriffen.

Gudrun Koch aus Ingolstadt nimmt mit ihrer Tochter Nicole Busch teil. "Ich male selbst gerne, aber meist mit Bleistift und Kohle. Etwas mit Farben zu machen, ist eine neue Herausforderung", sagt sie. Außerdem könne man schauen, was die anderen Teilnehmer so machen. Für ein "richtiges Bild" benötige sie jedoch mehr Zeit als zwei Stunden. "Ich bin schon das zweite Mal dabei", sagt Nicole, die das Elefantenmotiv in die rot gleißenden Farben der afrikanischen Sonne taucht. "Mein Wohnzimmer ist orange, da passt das Bild super rein", verrät sie. Den beiden wurde das Künstlergen quasi in die Wiege gelegt. "Mein Vater war Herrgottsschnitzer in Unterhaunstadt, daher kommt das Talent", so Gudrun. Teilnehmerin Maren ergreift dagegen eine andere Inspiration. Statt vor glühendem Firmament steht ihr Dickhäuter auf grünem Gras vor einem eisig blauen Nachthimmel mit weiß glänzendem Sichelmond. "Das war das erste, was mir durch den Kopf ging", sagt sie. Die Idee in einem Lokal Bilder zu malen, gefalle ihr. "Die Location ist schön, die Künstlerin gut, ich könnte das jederzeit wieder machen."

Michael Brandl