Neuburg
Happy Birthday, Charly Antolini!

Der 80-jährige geniale Schlagzeuger gastierte im Neuburger Birdland-Jazzclub und begeisterte das Publikum

28.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:03 Uhr

Berstend vor Energie: Charly Antolini im Birdland. - Foto: Leitner

Neuburg (DK) Zwei Tage vor dem Konzert feierte Charly Antolini seinen 80. Geburtstag. Man sieht ihm sein Alter nicht nur nicht an, sondern man hört es ihm vor allem nicht an. Der Mann, der im Laufe seiner Karriere mit Jazzgrößen wie Sidney Bechet, Roy Eldridge und Earl Hines gespielt hat und längst selber eine Jazzgröße ist, hat nach wie vor einen Schlag am Leib, der sich wahrlich gewaschen hat. Antolini spielt mit äußerster Präzision, setzt - sein Markenzeichen - komplizierte Wirbel in Kontrast zu den Beats und tut das mit einer schier berstenden Energie. Sein Kollege Benny Bailey hat ihn mal mit Blindtest mit Buddy Rich verwechselt, diesem Kraftpaket unter den Swingdrummern. Wer Antolini an diesem Abend beim Konzert in Neuburg im ausverkauften Birdland erlebt, der weiß, warum. Dieser Mann verströmt nicht nur Energie, dieser Mann ist Energie. Auch mit 80 Jahren noch.

Bei dem Geburtstagsständchen, das er sich zusammen mit dem Bassisten Davide Petrocca, dem Pianisten Olaf Polnziehn und dem Gitarristen Helmut Kagerer selbst gibt, spielt er natürlich "seine" Musik, den Swing, und zwar - das spürt man in jeder Minute des Konzerts - mit Liebe, mit Freude, mit Hingabe und vor allem mit Witz. "Jazz muss nicht bierernst sein", sagt er, "er darf auch Humor haben." Und genau so präsentiert er all die großen Nummern des Swing, die ihn ein Leben lang begleitet haben. Thelonious Monks "Well You Needn't", Oscar Petersons "Robin's Nest", Cole Porters "What Is This Thing Called Love" und etliche Highlights aus der Feder Duke Ellingtons. Schlagzeugsoli können durchaus spektakulär sein. Manchmal freilich sind sie auch ermüdend. Antolini hat deren zwei ins Programm eingebaut, eines vor und eines nach der Pause. Und sie sind der Hammer! Dramaturgisch absolut geschickt strukturiert, technisch perfekt und - wie könnte es anders sein - ungemein kraftvoll. Der unerbittliche Puls mit der rechten Hand am Ride-Becken, die kunstvollen Wirbel, die polyrhythmischen Finessen - das ist das eine. Wenn Antolini dann aber noch die Double-Bassdrum anwirft, dann ist das quasi der zugeschaltete Turbo, der einen als Ohren- und vor allem Augenzeuge ungläubig staunen und zweimal hinschauen lässt.

"I Want To Be Happy" heißt ein Titel im zweistündigen Programm. Man könnte ihn auch als Überschrift über das ganze Konzert hernehmen, denn Antolini ist in bester Stimmung, seine Mitmusiker deutlich sichtbar auch und die Zuhörerschaft im ausverkauften Neuburger Birdland ebenso.

Es gibt ja Gegenden, da erstrecken sich Geburtstagsfeierlichkeiten über mehrere Tage. Mit dieser Band wäre das locker zu machen, und wir würden uns sofort selbst einladen. "Happy Birthday, Charly Antolini!"